UBS: Experte findet Ermottis Millionen-Lohn «niemals gerechtfertigt»
Der CEO der UBS, Sergio Ermotti, verdiente 2024 knapp 15 Millionen Franken. Ist das gerechtfertigt oder übertrieben? Experten ordnen ein.

Das Wichtigste in Kürze
- UBS-CEO Sergio Ermotti erhielt 2024 insgesamt 14,9 Millionen Franken Gehalt.
- Im Vergleich zu CEO in den USA ist sein Lohn moderat.
- Der Markt für Banker-Jobs schrumpft zunehmend.
Am Montag wurde bekannt: Der CEO der UBS, Sergio Ermotti, hat im vergangenen Jahr 14,9 Millionen Franken verdient.
Zum Vergleich: 2023 erhielt der Tessiner Banker 14,4 Millionen Franken. Allerdings trat er sein Amt erst am 1. April an, um die Integration der Credit Suisse zu leiten. Auf ein Jahr hochgerechnet hätte sein Lohn bei 19,2 Millionen gelegen.

Die Vergütung von Ermotti lag 2024 zwar unter den Erwartungen. Dennoch verdiente er knapp 15 Millionen Franken und damit deutlich mehr als ein Durchschnittsschweizer während seines ganzen Berufslebens.
«Absolut gesehen sehr hoher Betrag»
Doch wie ist ein solcher Lohn in der Banken-Welt einzuordnen – sind 15 Millionen für einen Top-Manager viel oder wenig?
«Eine schwierige Frage», sagt Vergütungsexperte Sacha Cahn. «Absolut gesehen ist dies ein sehr hoher Betrag, sogar wenn ein substanzieller Teil an mittel- bis langfristige Leistungsziele geknüpft ist. Relativ im Vergleich mit CEOs anderer globalen Banken mit internationalem Geschäft liegt diese Vergütung im Rahmen.»
Der Berner Wirtschaftsrechtsprofessor Peter V. Kunz sagt dazu: «Die Antworten ‹viel› oder ‹wenig› sind bei Löhnen und Boni von Top-Managern so unzutreffend wie die Begriffe ‹richtig› oder ‹falsch›. In einer Marktwirtschaft gibt es keine ‹Lohngerechtigkeit›.»
Vielmehr würden allein die Eigentümer einer Unternehmung, also die Aktionäre, entscheiden, nicht die Medien oder die Bevölkerung.
«Der Staat sollte sich, rechtlich gesprochen, angesichts der Wirtschaftsfreiheit im Grundsatz ebenfalls nicht einmischen», so Kunz. Juristisch sei eine solche Entschädigung in Millionenhöhe also nicht zu beanstanden, zumindest zum heutigen Zeitpunkt.
Vergütung wäre in den USA «viel höher»
«Doch nicht alles, was legal ist, ist auch legitim», hält der Wirtschaftsrechtsprofessor fest.
Mit seinem Millionen-Lohn steht der CEO der UBS nicht allein da. «Die Chefs von Novartis und von Sunrise verdienen für 2024 sogar noch mehr als Herr Ermotti», sagt Kunz.
Aber sind solche Vergütungen berechtigt in Anbetracht der Leistung eines Top-Managers?
Kunz stellt klar: «In den USA wäre die Vergütung noch viel höher. Doch wir sind in der Schweiz.»
Es gelte daher, auf politische und gesellschaftliche Überlegungen oder Gefühle auch Rücksicht zu nehmen.
Keine finanziellen Risiken, dafür Mega-Lohn
«Ich kenne Herrn Ermotti zwar nicht, aber eine solche Entschädigung ist, für mich als Staatsbürger, niemals gerechtfertigt», sagt Kunz.
«Bei einem Unternehmer könnte ich es eher verstehen, trägt er ja auch unternehmerische Risiken. Aber Manager wie Herr Ermotti haben keine unternehmerischen finanziellen Risiken und profitieren von einer Kollektivleistung von zehntausenden von Angestellten.»

Cahn, der 15 Jahre im Consulting und seit November 2023 beim Migros Genossenschafts-Bund als Leiter Group Compensation tätig ist, sagt: «Es muss hervorgehoben werden, dass diese Position nicht nur ausserordentliche Leistung benötigt. Sondern gleichzeitig auch Wissen und internationale Erfahrung in einem schwierigen Umfeld.»
Der Rekrutierungsmarkt für solche Positionen sei klein. «Wenn es dafür sogar einen Schweizer gibt, der mit unserem System und Behörden vertraut ist, gibt es sonst niemanden mehr.»
Tieferer Ermotti-Lohn «bewusster politischer Entscheid» der UBS
Doch woran liegt es, dass der Chef der UBS aufs Jahr hochgerechnet 2024 weniger verdient hat als 2023?
«Ich denke, es war in erster Linie ein bewusster politischer Entscheid des Verwaltungsrats der UBS», sagt Banken-Experte Kunz.
Auch Cahn erklärt: Dass der variable Anteil der Vergütung 2024 tiefer als 2023 war, sei aufgrund der finanziellen Resultate der Bank «nicht nachvollziehbar».
«Allenfalls könnte der Verwaltungsrat hier aus politischen Gründen interveniert haben, unabhängig von der Motion des Ständerats», so Cahn.
Vor zwei Wochen hat der Ständerat überraschend einen Vorstoss angenommen, der verlangt, dass die Vergütungen bei Banken limitiert werden. Und zwar auf höchstens drei bis fünf Millionen Franken pro Jahr.
Wirtschaftsrechtler Kunz erklärt jedoch: «Die Motion von SVP-Ständerat Jakob Stark betreffend künftige Lohndeckel für Banker dürfte heute noch kaum eine Rolle gespielt haben.»
Sofern die Motion überhaupt vom Nationalrat angenommen wird, würde die Umsetzung noch mehrere Jahre dauern. «Dann sind Herr Ermotti und die heutigen Verwaltungsräte bei der UBS längst weg», sagt der Wirtschaftsrechtsprofessor.
Er hält fest: «Solange die UBS auf den politischen Goodwill des Parlaments und des Volks angewiesen ist, werden vermutlich keine amerikanischen Verhältnisse eingeführt. Da ist man clever genug.»
Stellenmarkt für Banker ist geschrumpft
Vergütungsexperte Cahn erklärt: «Tendenziell verdient man heute im Banking eher weniger und das Risiko, den Job zu verlieren, ist höher als früher.»
Dabei komme es jedoch darauf an, ob man in einer Position tätig sei, wo es nur wenige Spezialisten gibt. Und ob der Rekrutierungsmarkt national oder international ist.
Cahn hält fest: «Mit dem Wegfall der Credit Suisse ist der Stellenmarkt für Banker generell stark geschrumpft. Und mit dem Aufkommen von künstlicher Intelligenz wird dies noch akzentuiert.»
Die Verantwortung, die mit einer CEO-Position einhergeht, sei jedoch weiterhin «sehr attraktiv».
Aber: «Ich würde heute meinen Kindern nicht empfehlen, ins Banking einzusteigen», so Cahn. «Eine gute wirtschaftliche Grundlage ist aber wichtig, um die Zusammenhänge zu verstehen.»