Vor Abstimmung: Greenpeace greift Lafarge Holcim an
Bis zur Abstimmung am 29. November geht es noch etwa vier Wochen. Beide Lager läuten die letzte Phase ein: Greenpeace greift Zement-Fabrikant Lafarge Holcim an.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Konzern-Initiative nimmt Grosskonzerne ins Visier, beispielsweise Lafarge Holcim.
- Der Zementhersteller ist ein Riese in seiner Branche, mit zahlreichen Töchtern im Ausland.
- Diese sollen Gesetze gebrochen und Standards missachtet haben, so Greenpeace.
Lafarge Holcim ist ein Riese der Zementbranche, mit Umsätzen in der Höhe von mehreren Milliarden jedes Jahr. Der Konzern hat seinen Sitz in Rapperswil-Jona SG, besitzt aber zahlreiche Tochtergesellschaften in über 90 Ländern.
Diese sollen laut Untersuchungen von Greenpeace Schweiz 122 Fälle von Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen verursacht haben. Und zwar in 34 Ländern weltweit. Wäre der Initiativtext der Konzern-Initiative in Kraft, könnte Lafarge Holcim von Betroffenen im Ausland für diese Verletzungen verklagt werden.
Für die Umweltorganisation Greenpeace, welche die Initiative unterstützt, ist klar: «Es braucht dringend bessere und verbindliche Regeln zur Unternehmensverantwortung und Schadenshaftung von global operierenden Konzernen.»
Greenpeace fand krebserregende Staubabfälle
Nach «vertieften Feldrecherchen» in Kamerun, Indien und Brasilien habe Greenpeace ein klares Bild der angeblichen Vergehen. In einer Mitteilung werden diese geschildert: Beispielsweise verursache ein Lafarge Holcim-Werk in Kamerun wegen eines technischen Defekts im Kaminfiltersystem grosse Mengen Staubabfälle.
«Laboranalysen von Greenpeace Schweiz weisen in den Staubabfällen aus dem Zementofen tatsächlich sehr hohe pH-Werte und hochgiftiges, krebserregendes Chrom(VI) nach», heisst es. Das widerspreche internationalen Standards und dem schweizerischen Umweltrecht.
Auch in Indien und Brasilien sorge die Schadstoff-Emission von Lafarge Holcim-Werken für gesundheitliche Probleme bei der umliegenden Bevölkerung. In Brasilien habe sich sogar die Staatsanwaltschaft darüber beklagt.
Experten-Einschätzung: «Schweinerei»
Josef Waltisberg war früher Ingenieur bei Holcim, als diese noch nicht mit Lafarge fusioniert war. Seit 2010 ist er selbstständiger Berater für Energie- und Umweltfragen des Zementprozesses. Waltisberg schätzt die Befunde von Greenpeace als brisant ein.
In der Mitteilung der Umweltorganisation lässt er sich wie folgt zitieren: «Die gezeigten Staubemissionen sind schlichtweg eine Schweinerei. Tatsächlich muss ich feststellen, dass sich die Standards des Konzerns seit der Fusion in vielen Bereichen verschlechtert haben.»
Zu den vielen Vorwürfen gegen Lafarge Holcim äusserte sich Verwaltungsratspräsident Beat Hess mehrmals: «Wir sind in teilweise schwierigen Ländern tätig. Ich kann nicht naiv behaupten, man habe immer zu jeder Tag- und Nachtzeit jeden Mitarbeiter unter Kontrolle.»
Die Konzern-Initiative lehne er jedoch ab. Sie sei «ist eine gigantische Absurdität, die unseren Wirtschaftsstandort enorm schwächen wird», so Hess im «Blick».
Die Konzern-Initiative liegt laut Umfrage-Trends in der Gunst des Stimmvolks. Aktuell würden laut Tamedia 57 Prozent der Stimmbevölkerung Ja oder eher Ja stimmen.