Wirtschaft steht wegen Omikron vor Fragezeichen
Die Schweizer Wirtschaft hat sich nach dem Lockdown 2020 besser erholt als gedacht. Sorge macht jedoch die neue Omikron-Variante.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Ökonomen sind trotz Omikron für das neue Jahr relativ positiv eingestellt.
- Für 2022 wird ein BIP-Wachstum von knapp 2,5 bis gut 3 Prozent erwartet.
Die Schweizer Wirtschaft dürfte sich im nächsten Jahr vom Pandemie-Schock weiter erholen – doch die Erholung ist mit Fragezeichen versehen. Vor allem die neue Omikron-Variante des Coronavirus sorgt aktuell für grosse Unsicherheit und entsprechend wacklige Prognosen.
Die hiesige Konjunktur hat sich bekanntlich schneller vom ersten Corona-Schock erholt, als die meisten Beobachter erwartet hatten.
Bereits im dritten Quartal 2021 erreichte das Bruttoinlandprodukt (BIP) wieder den Stand von Ende 2019 also von vor Beginn der Pandemie. Das sind zwar wachstumsmässig fast zwei verlorene Jahre, trotzdem ist es deutlich mehr als man nach dem ersten Lockdown im Frühling 2020 erwarten – und erhoffen – durfte.
Ökonomen positiv gestimmt
Die meisten Ökonominnen und Ökonomen sind – trotz Omikron – auch für das neue Jahr grundsätzlich noch immer relativ positiv eingestellt. Sie versehen ihre Prognosen aber unisono mit einem (kleineren oder grösseren) Pandemie-Vorbehalt. Gemäss den aktuellen Schätzungen, die AWP zusammengestellt hat, wird für 2022 ein BIP-Wachstum von knapp 2,5 bis gut 3 Prozent erwartet, dies nach rund 3,5 Prozent im laufenden Jahr 2021.
Doch in den letzten Tagen, seit Publikation der meisten Prognosen, ist die Sorge rund um die Virus-Mutation Omikron nochmals erheblich gestiegen: Zahlreiche Länder haben inzwischen ihre Schutzmassnahmen verschärft und das wirtschaftliche Leben teils erheblich eingeschränkt, so vor einigen Tagen auch die Schweiz. Das dürfte Spuren hinterlassen in der Wirtschaft. Dass sich die Erholung zumindest für eine gewisse Zeit verlangsamt, scheint unvermeidlich.
Wachstumsprognose gesenkt
Die Ökonomen der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich haben letzte Woche ihre Wachstumsprognose für 2022 wegen Omikron zwar gesenkt, bleiben aber insgesamt doch recht optimistisch. In einem Negativszenario wegen Omikron komme es zu einem Rückgang der Produktion im ersten und zweiten Quartal 2022 im Vergleich zum Basisszenario, meinten sie in ihrer letzte Woche aktualisierten Prognose. Ein allfälliger Wertschöpfungsrückgang im Frühjahr 2022 dürfte aber nur vorübergehender Natur sein.
Auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) zeichnete letzte Woche anlässlich ihrer geldpolitischen Lagebeurteilung ein relativ optimistisches Bild. Sie geht davon aus, dass sich die Konjunkturerholung in der Schweiz nächstes Jahr fortsetzen wird - allerdings mit dem Vorbehalt, dass die Pandemie keine neuen und weitreichenden Eindämmungsmassnahmen erforderlich mache. Das Basisszenario mit einem Wachstum von rund 3 Prozent in der Schweiz unterliege somit grosser Unsicherheit - Tendenz zuletzt steigend.
Lieferkettenproblematik und Inflation
Noch vorsichtiger gaben sich zuvor die Ökonomen des Bundes in ihrer neuesten Prognose. Die Unsicherheit sei aktuell sehr hoch, und die Risiken seien abwärtsgerichtet, hiess es dort. Stark einschränkende gesundheitspolitische Massnahmen würden die Erholung massiv belasten, so das Seco.
Andere Unsicherheitsfaktoren für die Konjunktur wie Lieferkettenproblematik, Rohstoffpreis-Entwicklung und Inflation sind wegen Omikron derweil etwas in den Hintergrund getreten. Aber auch hier geben die meisten Ökonomen Entwarnung. Es sei davon auszugehen, dass sich die Liefersituation im kommenden Jahr neuerlich entspanne, meinen etwa die Ökonomen der Credit Suisse. Bei der Inflation wird bei vielen Ökonomen darauf hingewiesen, dass sie temporär sein werde und in der Schweiz selber kaum ein Problem werden dürfte.
Trotz allem: Auch wenn die Schweizer Wirtschaft schon mehrfach positiv überrascht hat in der Pandemie, könnten sich die aktuellen BIP-Prognosen als etwas gar optimistisch entpuppen.