Jonathan Kobel, Rubigen: «Ein Rind ist mehr als nur Filet und Huft»

In Kleinhöchstetten bei Rubigen produziert die Familie Kobel Galloway Rindfleisch. Im Vordergrund steht eine nachhaltige und komplette Verwertung der Tiere.

Kobelhof Rubigen
Jonathan Kobel mit seinen Galloway-Rindern. - Sebastian Kobel

Jonathan Kobel und seine Frau Michèle führen den Hof bereits in der vierten Generation. Dass er den elterlichen Betrieb einst übernehmen würde, war für den jungen Landwirte stets klar. «Die Arbeit auf dem Hof macht meiner ganzen Familie grossen Spass», erzählt er.

Seine Eltern entschieden sich 1994 zur Anschaffung von Galloway Rindern. Dies, weil die Milchwirtschaft immer unrentabler wurde und weil die Rasse sehr widerstandsfähig und genügsam ist. Gerade für das Terrain im Emmental, wo die Familie einen zweiten Hof bewirtschaftet, eignen sich die kleinen und leichten Rinder ausgezeichnet.

Kobelhof Rubigen
Galloways sind eine genügsame Rasse. - Sebastian Kobel

«Die Rinder können eigentlich das ganze Jahr über draussen auf der Weide sein», erklärt Jonathan Kobel. Galloways sind eine Mutterkuhrasse und müssen daher nicht gemolken werden, dies macht die Tiere um einiges weniger arbeitsintensiv. «Und sie sind einfach etwas Besonderes und sehr schöne Tiere», fügt Kobel an.

Alles vom Tier wird verwerten

Das Fleisch der Galloways kann in unterschiedlich grossen Mischpaketen bei Kobels bestellt werden. Auch die lokale Gastronomie beliefert die Familie, dies jedoch mit einer klaren Auflage: «Wir verkaufen nur ganze oder teilweise auch halbe Tiere», betont Jonathan Kobel.

Restaurants, die Fleisch vom Kobel Hof kaufen, folgen dem sogenannten «Nose to Tail»-Prinzip. Dabei wird jedes Stück eines Tieres verwertet. «Ein Rind besteht aus mehr als nur Filet und Huft», gibt Kobel zu bedenken.

Kobelhof Rubigen
Von den Galloways wird jedes Stück verwertet. - Sebastian Kobel

Aus der gleichen Überlegung werden auch die Felle und das Leder der Tiere verkauft. Die Produkte vom Hof sind sehr regional geprägt: Die Tiere leben in der Region und werden auch dort geschlachtet, die Felle werden in Steffisburg gegerbt. «Genau das wollen unsere Kunden, sie wollen wissen, woher ein Stück Fleisch oder ein Lederprodukt stammt.»

Nachhaltigkeit heisst Regionalität

Für Jonathan Kobel und seine Familie ist Nachhaltigkeit eine Selbstverständlichkeit. Er habe sich nicht aktiv für einen solchen Lebensstil entschieden, dieser habe sich einfach natürlich ergeben.

«Gerade als Landwirt sollte man Nachhaltigkeit leben», ist Kobel überzeugt. «Wir nutzen unser Land und unseren Boden. Wenn wir zu dieser Ressource nicht Sorge tragen, zerstören wir sie irgendwann.»

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Auch die Felle der Rinder werden verkauft. - Sebastian Kobel

Zwar wäre der Kobel Hof durchaus biokonform, doch wird bewusst auf dieses Label verzichtet. «Wir würden zwar mehr Beiträge erhalten», sagt Jonathan Kobel. «Doch würde sich vieles auch verteuern und wir müssten das schlussendlich auf unsere Kunden abwälzen. Das ist es uns nicht wert.»

Jonathan Kobel findet Bio grundsätzlich gut, ist jedoch überzeugt, dass wahre Nachhaltigkeit in der Regionalität liegt. «Dann kann der Kunde beurteilen, woher ein Produkt kommt», erklärt er. «Man kennt die Region, vielleicht sogar den Produzenten. Vor allem aber versteht man die Distanzen, die ein Produkt zurückgelegt hat.»

Ein natürlicher Rasenmäher

Ein weiteres Einsatzgebiet der vielseitigen Rinder ist in verschiedenen Naturschutzgebieten in der Region. Dort weiden sie Grasflächen, ohne das Ökosystem zu stören. So müssen keine Mähmaschinen eingesetzt werden und die Wiesenpflege bleibt nachhaltig.

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Die Galloways sind anspruchslos, wenn es um die Ernährung geht, sie fressen am liebsten Heu und Gras. - Sebastian Kobel

Gerade bei der Bekämpfung von Neophyten sind die Rinder sehr effektiv. «Sie fressen die unerwünschten Pflanzen und verhindern so, dass diese versamen können», erzählt Jonathan Kobel. Die Galloways sind sehr anspruchslos was ihr Futter anbelangt, sie fressen nur Gras oder Heu.

Die Aktion kommt auch bei der Bevölkerung gut an. Durch Infotafeln bei den mobilen Herden versprechen sich Kobels auch den einen oder anderen Neukunden. «Es ist eine Marktlücke, das macht sonst in der Region niemand.»

Gut durch den Lockdown

Die Frage nach den Auswirkungen der Corona-Krise hat Jonathan Kobel bereits erwartet. «Wir haben die Krise massiv zu spüren bekommen, jedoch im Positiven», zeigt er sich erleichtert.

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Die Galloways kommen oft nur für Futter in den Stall und verbringen die meiste Zeit auf der Weide. - Sebastian Kobel

Unmittelbar nach Inkrafttreten des Lockdowns zogen zwar alle Restaurants ihre Bestellungen zurück. Doch wurden diese sofort durch Käufe von Privathaushalten ersetzt. «Das Bedürfnis, sich regional zu ernähren, war eine Art Nebeneffekt der Krise», bilanziert Jonathan Kobel.

Für die Zukunft ist er jedoch etwas weniger optimistisch. «Ich befürchte, dass dieser regionale Gedanke ziemlich schnell wieder vergessen gehen wird», seufzt er. Dennoch hofft er, dass der eine oder andere, der Hofläden für sich entdeckt hat, diese Art des Einkaufens beibehalten wird.

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