Tante Emma Münsingen: «Wir wollen den Kunden auch Zeit schenken»
Bei «Tante Emma» in Münsingen kann nachhaltig und mit gutem Gewissen eingekauft werden. Ganz nach dem Motto «so lokal wie möglich, so global wie nötig».
Die Idee, einen Unverpackt Laden zu eröffnen, kam für Johanna Knutti Rutishauser und This Rutishauser aus einem persönlichen Bedürfnis. Sie reisten oft nach Bern, um in der «Palette» unverpackt einzukaufen. Dies wurde jedoch je länger je mehr ein Distanz- und Gewichtsproblem.
«Wir haben irgendwann gemerkt, dass diese Art einzukaufen nicht nur für uns ein Anliegen ist. Wir haben von vielen Leuten gehört, dass sie ein solches Angebot nutzen würden», erzählt Johanna.
Durch eine erfolgreiche «wemakeit»-Kampagne im letzten Jahr konnten 30'000 Franken für das Projekt gesammelt werden. «So waren wir in der Lage, schuldenfrei zu starten», erzählt This. Ende Februar ist «Tante Emma» im ehemaligen Blumenladen der Gärtnerei Maurer eingezogen und bietet nun unverpacktes Einkaufen an.
«Tante Emma» ist genossenschaftlich aufgebaut. «Der Genossenschaftsgedanke macht uns auch zu etwas Besonderem», sagt This. Mittlerweile hat der Laden um die 60 Leute, die ihn mittragen.
Nachhaltiges, lokales Einkaufen
Das Sortiment des Ladens umfasst neben Lebensmitteln auch Alltags- und Hygieneprodukte. Diese werden so weit als möglich verpackungsfrei oder in wiederverwertbaren Gebinden verkauft. Alle Produkte bei Tante Emma stammen aus nachhaltiger und fairer Produktion.
Dank der vielen Partner in der Region ist das Angebot bei Tante Emma sehr lokal. Früchte, Gemüse und Trockenwaren stammen aus der näheren Umgebung und können mit kurzen Anfahrtswegen und hoher Qualität punkten.
Das Einkaufen ohne Verpackung hat mehrere Vorteile. Zum einen wird so weniger unnötiger Abfall produziert. Zum anderen kann genau so viel eingekauft werden, wie benötigt wird und Resten können vermieden werden.
«Tante Emma» will das Persönliche fördern
«Es ist eine andere Art einzukaufen», gibt Johanna zu. «Man muss sich vorher überlegen, wie viele Gefässe man mitnehmen muss und was man wirklich braucht», sagt die Betriebsleiterin.
Sie hat auch beobachtet, dass viele Kunden eine Art Wochenrhythmus haben und immer am gleichen Tag in den Laden kommen. Auch aus dem Grund arbeiten meist die gleichen Teammitglieder am gleichen Tag und sehen so oft dieselben Kunden. «Wir können die Leute dann fragen, wie ihre Linsen waren, die sie letzte Woche gekauft haben», schmunzelt Johanna.
Allgemein sind dem Team von «Tante Emma» der enge Kontakt und gute Kundenbeziehungen wichtig. «Wir wollen nicht nur Produkte verkaufen, sondern unseren Kunden auch Zeit schenken», erklärt Johanna. Kunden können gerne in den Laden kommen, um etwas zu plaudern und ohne etwas zu kaufen, sagt sie.
Gute Erfahrungen in schwierigen Zeiten
Auch an «Tante Emma» ging der Lockdown nicht spurlos vorbei. «Manche unserer Lieferanten mussten schliessen», berichtet Johanna. «Andere erlebten Hamsterkäufe und konnten uns nicht sagen, wie viel sie uns würden liefern können.»
Das «Tante Emma»-Team hat aber in der schwierigen Zeit auch durchaus gute Erfahrungen gemacht. Die Kunden waren alle verständnisvoll und kooperativ, freut sich Johanna. «Die Leute haben geschätzt, dass wir bemüht waren, den Laden offen zu halten und möglichst persönlich zu führen.»
Die echte Emma
Tante Emma, die Namensgeberin des Ladens, gab es wirklich. «Sie war die Grosstante meines Schwagers», erzählt Johanna. Im Laden hängt ein Bild aus dem Jahr 1952 von Emma mit Johannas Schwager, damals noch ein Baby.
Emma war eine alleinstehende Frau, die ihr Leben lang als Haushaltshelferin gedient hat. Sie hat zu Dingen Sorge getragen und jeden Rappen zweimal umgedreht. «Ihre Geschichte passt sehr gut zu unserem Laden und zum Konzept», erklärt This.
Auch heute lebt Emma im Lokal weiter, nicht nur in Form des Bildes an der Wand. Corina, die Tochter von Johannas Schwager, arbeitet heute im Laden mit. «Tante Emma ist also ihre Urgrosstante», lächelt Johanna.
Ein Erfolgskonzept
Das Konzept der Unverpackt Läden boomt in der ganzen Schweiz. Johanna denkt, dass momentan ein guter Zeitpunkt für diesen Trend ist. «Die ganze Klimabewegung und die Streiks haben für uns eine Bühne geschaffen.»
Blickt sie in die Zukunft, könnte sich Johanna auch vorstellen, dass es Läden wie ihren vielleicht nicht immer geben wird. Wenn bei Grossverteilern und bei der breiten Bevölkerung ein Umdenken stattfindet, könnte das Angebot irgendwann überflüssig sein. «Das wäre allenfalls sogar unser Ziel», sagt sie mit einem Lächeln und fügt an: «Aber niemals wird die regionale Herkunft unserer Waren ihren grossen Wert verlieren.»