Auch ohne Festakt: Universität Basel ehrt herausragende Forschende
Die Universität Basel musste den feierlichen Anlass ihres 560. Dies academicus absagen.
Vieles ist grundlegend anders in diesem Pandemiejahr. So entfallen auch die Feierlichkeiten in der Basler Martinskirche mitsamt der Verleihung der Ehrendoktortitel, zu der die Universität Basel traditionell im Rahmen ihres Dies academicus einlädt. Aber auch ohne Festakt würdigt die Universität bedeutende Forschungsbeiträge ihrer Angehörigen.
Den von der Universität selbst gestifteten Amerbach-Preis zur Förderung und Auszeichnung des wissenschaftlichen Nachwuchses erhält Dr. Renato Frey von der Fakultät für Psychologie. Der Ambizione Fellow des Schweizerischen Nationalfonds erforscht die individuellen Unterschiede, wie Menschen Entscheidungen fällen, wenn sie sich der Konsequenzen nicht hundertprozentig sicher sein können.
Mit der Auszeichnung in Form einer Medaille und einem Preisgeld von 5000 Franken ehrt die Universität Freys wichtigen theoretischen und methodologischen Beiträge zu den Entscheidungswissenschaften.
Romantische Beziehungen und Arbeit 4.0
Ebenfalls an der Fakultät für Psychologie promovierte eine der diesjährigen Preisträgerinnen des Emilie-Louise-Frey-Preises zur Förderung junger Wissenschaftlerinnen. Dr. Janina Bühler erhält die vom Schweizerischen Verband der Akademikerinnen Basel gestiftete Auszeichnung für ihre hervorragende Doktorarbeit über das Zusammenspiel von Persönlichkeit und romantischen Beziehungen über die Lebensspanne.
Ihre Arbeit beleuchtete dieses Zusammenspiel aus drei Perspektiven: anhand autobiografischer Erzählungen, mit Blick auf die Dynamik von Persönlichkeitseigenschaften über den gesamten Lebenslauf und anhand des Beziehungsalltags und der darin erlebten Gedanken-, Gefühls- und Verhaltensprozesse.
Neben Dr. Janina Bühler wird auch Elisa Gerten mit dem Emilie-Louise-Frey-Preis ausgezeichnet. Sie erhält die Ehrung für ihre Masterarbeit über die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitsplatzorganisation.
Kirche und Staat in Kenia
Die Theologische Fakultät ehrt Dr. Stephen Achola Asol Kapinde für seine Dissertation im Fach Aussereuropäisches Christentum. Kapinde beschreibt darin die Entwicklung des Verhältnisses der Anglikanischen Kirche zum Staat am Fallbeispiel des postkolonialen Kenia.
Seine Dissertation attestiert der Kirche auf der einen Seite eine wichtige Rolle im Prozess der Demokratisierung sowie als Versöhnerin und Verfechterin der Rechte der verletzlichsten Mitglieder der Gesellschaft. Auf der anderen Seite verschweigt Kapinde auch nicht die Verwicklungen der Kirche in Korruption und Ethnizität sowie ihren fehlenden Zusammenhalt in Menschenrechtsfragen.
Der Preis der Juristischen Fakultät, gestiftet von der Anwaltskanzlei Vischer, geht dieses Jahr an Dr. Kevin MacCabe für seine Dissertation über das Wesen und die Funktionen von digitalen Werteinheiten, die auf einer Blockchain übertragen werden, sowie die damit verbundenen Rechtsfragen. Damit habe er einen wichtigen Beitrag zum schweizerischen Sachen- und Obligationsrecht geleistet und wichtige Impulse für die Rechtspraxis geliefert, so die Laudatio.
Den Preis der Medizinischen Fakultät für die beste Dissertation im Bereich Kardiologie, gestiftet durch die Goldschmidt Jacobson Stiftung, erhält Dr. Jeanne du Fay de Lavallaz. Mit ihren Forschungsarbeiten hat sie massgeblich zur Verbesserung der Frühdiagnose und des Managements von Patientinnen und Patienten mit Synkope, einer kurz andauernden Ohnmacht, beigetragen.
Mit dem Preis für die beste Dissertation zur Erlangung des medizinischen Doktortitels über ein Thema aus der Klinik für Plastische- und Handchirurgie würdigt die Medizinische Fakultät Dr. Christian Epple. Er erhält die Auszeichnung für seine Beiträge zu einem Projekt, mit Blutgefässen durchzogenes Knochenersatzgewebe in spezifischen dreidimensionalen Formen herzustellen.
Hintergrund des Projekts ist, dass der Verlust von Knochen nach einem Unfall, einer Krebserkrankung oder Infektion oft durch die Transplantation von körpereigenem Knochenmaterial ersetzt wird. Da sich jedoch nur begrenzte Mengen des gesunden Knochens entnehmen lassen, könnte gezüchtetes Knochenersatzgewebe diesen Mangel überwinden.
Literarisches Wirken im Hintergrund
Den Preis der Philosophisch-Historischen Fakultät, gestiftet durch die L. & Th. La Roche Stiftung, erhält Dr. Ines Barner für ihre Dissertation in den Medienwissenschaften. Darin untersucht sie die oft unscheinbare aber wirkmächtige Rolle der Lektorin oder des Lektors im literarischen Schaffensprozess. Dabei spannt sie anhand von Fallstudien der Autoren Robert Walser, Rainer Maria Rilke, Peter Handke und Marcel Beyer sowie ihrer jeweiligen Lektoren den Bogen von der klassischen Moderne bis zur Gegenwartsliteratur.
Die Philosophisch-Naturwissenschaftliche Fakultät vergibt zwei Auszeichnungen, gestiftet von der Adobe Research (Schweiz) AG, an Dr. Lucas Thiel und an Dr. Lisa Karina Traunmüller. Thiel erhält den Preis für seine Dissertation in Physik. Im Rahmen seiner Arbeit konnte Thiel erstmals ein sogenanntes Raster-NV-Magnetometer (NV für «nitrogen vacancy») aufbauen, ein neues Instrument, das durch die Möglichkeit hochauflösender Messungen ein ganzes Universum von neuen magnetischen, supraleitenden und halbleitenden Materialien erschliesst.
Traunmüller erhält die Auszeichnung für ihre Dissertation in Neurobiologie, in der sie bahnbrechende Befunde darüber liefert, wie die funktionelle Vielfalt von Neuronen und Synapsen im Säugetiergehirn entsteht. Ihr Fokus lag dabei auf der Verarbeitung von RNA-Molekülen (Spleissen genannt), wodurch verschiedene Varianten dieser «Arbeitsabschriften» des Erbguts als Anleitung für den Bau von Proteinen entstehen. Hochselektive Spleiss-Programme stellen demnach die Weichen für spezifische synaptische Funktionen im Säugergehirn.
Staatliche Massnahmen und ihre individuelle Wirkung
Der Preis der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, gestiftet durch die Stiftung Basler Kantonalbank zur Förderung von Forschung und Unterricht der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Basel, geht an Dr. Dragan Filimonovic. Damit würdigt die Fakultät seine Dissertation über kausale Zusammenhänge zwischen staatlichen Massnahmen und individuellem Verhalten. Ins Zentrum rückte er dabei die drei Bereiche Konsumverhalten, das Arbeitskräfteangebot, sowie die Durchsetzung von Regeln und Gesetzen.
Die Fakultät für Psychologie ehrt Jenna Wünsche mit dem Steven-Karger-Preis, gestiftet durch den Karger Verlag für Medizin und Naturwissenschaften. Wünsche erhält die Auszeichnung für eine Publikation im Fachblatt «Journal of Personality and Social Psychology».
In dieser Analyse einer Langzeitstudie untersuchte sie die Veränderung der Lebenszufriedenheit von Menschen in langjährigen Partnerschaften, fokussierte aber insbesondere auf Paare, bei denen der oder die eine während des Studienzeitraums verstarb. Sie konnte dabei zeigen, wie der bevorstehende Tod eines Partners verschiedentlich Effekte auf den Verlauf der Lebenszufriedenheit beider Partner haben kann.
Nicht vergeben wurden dieses Jahr die Ehrendoktorate der Fakultäten, der Sportpreis der Universität Basel, der Alumni-Preis sowie der Schwizerhüsli-Preis.