Explosive Artbildung bei Buntbarschen im Tanganjikasee

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Basel,

Der afrikanische Tanganjikasee ist ein Schauplatz, an dem die Evolution Beeindruckendes geleistet hat.

Ophthalmotilapia ventralis, ein Buntbarsch aus dem Tanganjikasee. - Universität Basel

Die Erdgeschichte ist geprägt von Phasen des Massensterbens, aber auch von Episoden mit schlagartiger Entstehung einer Vielzahl neuer Arten. Diese in Fachkreisen als «adaptive Radiation» bezeichnete schnelle Artbildung ist für einen massgeblichen Teil der Vielfalt des Lebens auf unserem Planeten verantwortlich. Im Verlauf der kambrischen Radiation vor etwa 540 Millionen Jahren (auch kambrische Explosion genannt) entstanden beispielsweise die meisten der heute existierenden Tierstämme.

Ein eindrückliches Beispiel für das Ergebnis von «adaptiven Radiationen» sind die Buntbarsche der grossen afrikanischen Seen Viktoria, Malawi und Tanganjika. Diese auch «Cichliden» genannten tropischen Süsswasserfische sind wegen ihrer Farbmuster bei Aquarianern sehr beliebt und gehören zu den artenreichsten Wirbeltiergruppen überhaupt. Was diese massiven adaptiven Radiationen auslöste, und wie der Prozess der explosiven Artbildung im Detail verläuft, war bisher weitgehend unbekannt.

Die Phasen einer adaptiven Radiation

Am Beispiel der Buntbarsche hat ein Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Dr. Walter Salzburger von der Universität Basel den Verlauf der adaptiven Radiation im afrikanischen Tanganjikasee untersucht. Auf ausgedehnten Forschungsreisen nach Burundi, Tansania und Sambia sammelte das Team Belegexemplare von allen etwa 240 im Tanganjikasee vorkommenden Buntbarsch-Arten. Zurück in Basel wurden diese Proben dann eingehend untersucht.

Die Forschenden vermassen beispielsweise den Körperbau und die Kieferform eines jeden Fisches mittels hochauflösender computer-tomographischer Verfahren. Insbesondere interessierten sich die Forschenden für die dreidimensionale Struktur des sogenannten Pharyngealkiefers. Dieser zusätzliche Kieferapparat im Rachen der Buntbarsche dient dem Zermahlen der Nahrung und erlaubt ihnen, sich auf eine ganz bestimmte Ernährungsweise zu spezialisieren.

Um die Ökologie der verschiedenen Arten zu bestimmen, analysierten die Zoologinnen und Zoologen – in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Botanik der Universität Basel – die Zusammensetzung von stabilen Kohlenstoff- und Stickstoff-Isotopen im Muskelgewebe der Fische. Die Isotopenanalyse gibt Aufschluss über den Lebensraum der Arten sowie ihre Ernährungsweise.

Ausserdem sequenzierte das Forschungsteam für jede Art das komplette Erbgut zweier Individuen. So liess sich unter anderem der komplette Stammbaum der Buntbarsche im Tanganjikasee rekonstruieren.

Auf Basis ihrer umfangreichen Analysen konnten die Forschenden zeigen, dass die Evolution der Buntbarsche im Tanganjikasee seit der Entstehung des Sees vor etwa 10 Millionen Jahre nicht kontinuierlich verlief, sondern dass es drei zeitlich scharf abgegrenzte Intervalle schneller morphologischer Veränderung gab.

«In jeder dieser aufeinanderfolgenden Phasen der adaptiven Radiation stand die Spezialisierung auf einen anderen Aspekt des Lebensraumes im Vordergrund», beschreibt Erstautorin Fabrizia Ronco die Ergebnisse der Studie. Vor allem der Pharyngealkiefer spielte hier eine zentrale Rolle, ging dessen schnelle Veränderung doch mit der Entstehung von einer Vielzahl von neuen Arten einher.

Neue Einblicke in die Entstehung biologischer Vielfalt

Durch die Untersuchung der rund 600 neu sequenzierten Buntbarsch-Genome konnten die Basler Forschenden zeigen, dass besonders arten- und formenreiche Abstammungslinien von Buntbarschen auch genetisch vielfältiger sind. «Ob eine erhöhte genetische Vielfalt ein generelles Merkmal von artenreichen Gruppen ist, oder ob das nur für Buntbarsche zutrifft, ist noch unklar», so Salzburger.

Für Evolutionsbiologen bieten artenreiche Radiationen wie die der Buntbarsche im Tanganjikasee die spannende Möglichkeit, diejenigen Faktoren zu identifizieren, die zu einer erhöhten biologischen Vielfalt führen. Die Erkenntnisse der Basler Zoologinnen und Zoologen bieten hierfür neue Anhaltspunkte.

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