Maya Graf

Maya Graf will die Ständerätin von allen sein

Jan Amsler
Jan Amsler

Basel,

Isaac Reber, Thomi Jourdan und Daniel Jositsch haben es bereits getan. Auch Maya Graf setzt auf eine Strategie mit wenig Parteisymbolik. Ist das fair?

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Auf Distanz zur Partei: Wahlflyer und Inserate aus beiden Basel. - Foto by Jan Amsler, OnlineReports.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Immer mehr Politikerinnen und Politiker verzichten bei ihrer Kampagne auf ein Parteilogo.
  • Die Konkurrenz, aber auch manche Wählende, finden dies unfair und intransparent.
  • Maya Graf (Grüne) hält von solchen Vorwürfen nichts und nennt das Problem «gesucht».

Im aktuellen Wahlkampf um die National- und Ständeratssitze gelten neue Regeln der Transparenz: Grössere Budgets und Spenden müssen offengelegt werden. Das finden die meisten gut, denn je informierter die Wählerinnen und Wähler sind, desto qualifizierter ist ihr Entscheid.

Vor diesem Hintergrund wirkt es paradox, dass andernorts Informationen bewusst vorenthalten werden – auch von Personen, die sich sonst für Transparenz stark machen.

Im Baselbiet wirbt Ständerätin Maya Graf um ihre Wiederwahl. Auf ihren Plakaten, Inseraten und Flyern ist jedoch meist nicht ersichtlich, dass sie den Grünen angehört. In Basel-Stadt tritt Ständerats-Kandidat Balz Herter ebenfalls oft ohne Mitte-Logo auf. Amtsinhaberin Eva Herzog hat zwar ein SP-Emblem auf dem Plakat, doch nur ganz klein, und sonst erinnert nichts an das Corporate Design der Partei, das typische Erscheinungsbild mit Wiedererkennungswert.

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Auf dem Plakat von Maya Graf kann man keine Parteizugehörigkeit erkennen. - Foto by Jan Amsler, OnlineReports.ch

Sven Inäbnit wiederum, der freisinnige Herausforderer von Maya Graf, hat auf dem Plakat alle drei Signete der bürgerlichen Parteien FDP, Mitte und SVP abgebildet, die ihn unterstützen. Auch Herzogs Widersacher Pascal Messerli steht klar zu seiner SVP.

«Überparteilichkeit demonstrieren»

Die Strategie einer Kampagne ohne Logo ist nicht neu und hat schon zu manchen Wahl-Erfolgen beigetragen. Erst im Februar schaffte es Thomi Jourdan in die Baselbieter Regierung. Dieser Überraschung war eine massive Plakat-Aktion vorausgegangen, in der Jourdan davon absah, seine Zugehörigkeit zur EVP zu deklarieren.

Jourdan kopierte das Vorgehen des Amtskollegen Isaac Reber von den Grünen, dem eine vergleichbare Sensation im Jahr 2011 gelungen war. Seither verzichtet der Baudirektor bei Wahlen konsequent auf das Parteilogo.

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Der in die Regierung des Kantons Basel-Landschaft gewählte Thomi Jourdan (EVP, neu) an einem Point de Presse nach den Gesamterneuerungswahlen in Liestal, am Sonntag, 12. Februar 2023. - keystone

Auch auf anderen politischen Ebenen versucht man es: SVP-Landrätin Nicole Roth aus Sissach verschickte vor den Wahlen im Februar Flyer ohne Parteibezeichnung – mit Erfolg. Parteikollegin Anita Biedert wollte im August in Muttenz ohne Partei-Ballast in den Gemeinderat gewählt werden; doch hier misslang die Taktik, der Sitz ging an Salome Lüdi von der SP.

Das Phänomen kennt man auch in anderen Kantonen, so warb etwa der Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch 2019 ohne SP-Design um seine Wiederwahl. Das komme bei Ständerats-Kandidierenden hin und wieder vor, sagt Mark Balsiger auf Anfrage von «OnlineReports».

Der Polit-Analyst und Campaigner beobachtet, dass sehr oft «ein ultra-kleines Logo» der eigenen Partei verwendet werde. Zudem werde eine Schrift gewählt, die nicht dem Auftritt der Partei entspreche. «Es geht darum, Überparteilichkeit zu demonstrieren», sagt Balsiger.

Bei anderen ist es etwas Anderes

Der Verzicht auf die Partei-Deklaration sorgt bei der politischen Konkurrenz, aber auch auf der Strasse bei den Leuten für Diskussionen. Darf man das, soll man das, nützt das überhaupt?

Bei Anita Biedert wurde SP-Präsidentin Miriam Locher damals deutlich: «Es ist fehlende Transparenz gegenüber den Wählenden, wenn man nicht zu seiner Parteizugehörigkeit steht, denn diese haben ein Recht darauf zu wissen, welche Werte man als Parteimitglied mit vertritt», liess sie sich in der «BaZ» zitieren. Weiter: «Frau Biedert will mit dieser Verschleierungstaktik natürlich ihre Wahlchancen erhöhen.»

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Miriam Locher ist die Präsidentin der SP Baselland. - keystone

Und was sagt Locher heute zu Grafs Strategie? «Grundsätzlich finde ich es sinnvoll, wenn die Parteien deklariert werden. Bei den Ständeratswahlen ist das nun insofern anders, als dass man Maya als langjährige National- und Ständerätin gut kennt und genau weiss, wo sie zu verorten ist. Auf der Rückseite des Flyers sind zudem alle Parteien ersichtlich.»

Als Ständerätin müsse Graf den ganzen Kanton vertreten, in einem Gemeinderat spiele die Partei eine grössere Rolle, sagt Locher. Allerdings sei sie nicht in Grafs Kampagne involviert gewesen.

Die Argumentation mit dem Einfluss der Partei ist fraglich. In einer Exekutive wie dem Gemeinderat geht es primär um Sachpolitik, und es gilt das Kollegialitätsprinzip. Wer von der Parteimeinung abweicht, wird geschützt, und ihre oder seine Position dringt in der Regel nicht nach aussen. Im Ständerat hingegen politisieren die Mitglieder als Teil ihrer Fraktionen, sind also klar parteipolitisch aktiv.

Komitee soll zugänglich sein

Bei Vergleichen wie mit den Wahlen in Muttenz wird gerne ins Feld geführt, dass die Ausgangslage doch eine ganz andere sei. Das sagt auch Maya Graf: «Wenn man zum ersten Mal für ein Amt kandidiert wie Anita Biedert, soll die Partei ersichtlich sein.» War das Vorgehen von Parteifreund Isaac Reber damals also auch nicht in Ordnung? «Isaac hat so entschieden, es ging auch um eine kantonale Wahl und seine Kampagne war gut.»

Sollten Kandidierende ihre Parteizugehörigkeit auf Plakaten etc. klar deklarieren?

Graf rechtfertigt ihr Vorgehen so: «Ich werde offiziell von vier Parteien unterstützt und damit ganz klar überparteilich portiert.» Wenn, dann hätte sie also alle vier Parteisignete zeigen müssen. Man habe sich aber dagegen entschieden. Dies auch, um es Politikerinnen und Politikern aus anderen Parteien einfacher zu machen, dem Unterstützungskomitee beizutreten.

Maya Graf wirbt etwa mit dem Support der früheren CVP-Nationalrätin Kathrin Amacker – offiziell spricht sich die heutige Mitte für Inäbnit aus. «Die Leute können mich unabhängig von ihrer Partei unterstützen, Ständeratswahlen sind Persönlichkeitswahlen», sagt Graf. «Ich bin die Ständerätin von allen und trete zur Wiederwahl an.»

Graf: «Die Leute kennen mich bestens.»

Überparteilichkeit und Unabhängigkeit werden im Wahlkampf gerne angegeben, aber im Alltag sind die Verbindlichkeiten dann wieder da. Graf ist wie alle Mandatsträgerinnen und -träger stark mit der Partei verbandelt. Die Grünen profitieren etwa von Grafs Mandatsabgaben, umgekehrt kann Graf im Alltagsgeschäft auf die Unterstützung ihrer Partei zählen.

Ist es fair, die eigene Partei im Wahlkampf zu verschleiern? «Diesen Vorwurf lasse ich nicht gelten», sagt Graf. «Ich mache seit fast 30 Jahren im Baselbiet grüne Politik, die Leute kennen mich bestens. Ich bin im Wahlprospekt mit der Liste 7 der Grünen, welcher in jedem Haushalt ist, und wir sind im ganzen Kanton auf Wahlkampftour gemeinsam unterwegs.»

Sie sagt, sie sehe «das Problem überhaupt nicht», das sei «gesucht». Gesucht – wie das Logo ihrer Partei?

Hinweis: Dieser Artikel wurde zuerst im Basler Newsportal OnlineReports.ch publiziert. Per 1. Juli haben Alessandra Paone und Jan Amsler übernommen.

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