Roche kündigt Sven Inäbnit und stellt ihn frei
Der Baselbieter FDP-Ständeratskandidat und Herausforderer von Maya Graf will sich ganz dem Wahlkampf widmen. Und die Chance nutzen, um unabhängig aufzutreten.
Das Wichtigste in Kürze
- Roche hat Sven Inäbnit entlassen, der sich nun ganz auf den Wahlkampf konzentrieren kann.
- Der 59-Jährige kandidiert für den Ständeratssitz des Kanton Basel-Landschaft.
- Inäbnit sieht seine Situation als Chance, unabhängigen Wahlkampf zu bestreiten.
Bisher ist Sven Inäbnit als Herausforderer der amtierenden Ständerätin Maya Graf noch wenig in Erscheinung getreten. Seine Website ist erst seit wenigen Tagen online. «Die heisse Phase des Wahlkampfs beginnt erst nach den Sommerferien», sagt er. Dabei hätte der Baselbieter FDP-Landrat jetzt schon Zeit, um sich voll und ganz in den Wahlkampf zu stürzen: Der 59-jährige promovierte Apotheker befindet sich seit Februar in einem gekündigten Arbeitsverhältnis und ist freigestellt.
Inäbnit war in der Geschäftsleitung der Roche Schweiz tätig. Der Pharmakonzern hat ihn von seinen Aufgaben entbunden, der Vertrag gilt noch bis Ende Januar des kommenden Jahres.
Grund sei eine interne Reorganisation, die auch seine Abteilung betreffe, bestätigt Inäbnit im Gespräch mit OnlineReports. Wie sehr diese Umstrukturierung mit der Krise zu tun hat, in der sich Roche derzeit befindet, ist unklar. Das Unternehmen kämpft jedenfalls mit sinkendem Umsatz und Flops in der Medikamentenforschung, wie die «Basler Zeitung» am Donnerstag schreibt. Zudem finde der neue Konzernchef Thomas Schinecker «kaum Beachtung».
Trägt «Pharma-DNA» in sich
Inäbnit sieht seine aktuelle Situation als Chance, um einen von Roche und der Pharmabranche unabhängigen Wahlkampf bestreiten zu können. «Selbst wenn ich als Apotheker auch die Pharma-DNA in mir trage», sagt der FDP-Politiker.
Wenn auch nicht ganz vergleichbar, erinnert die Situation doch an Thomi Jourdan. Der neue EVP-Regierungsrat ging im Wahlkampf aufs Ganze. Er beendete seine Tätigkeit als Geschäftsführer eines Immobilienunternehmens mit rund dreissig Mitarbeitenden – und zwar unabhängig vom Wahlausgang. Sein Plan ging auf.
Jourdan hatte «Vertrauen ins Leben», wie er es in einem früheren Interview mit OnlineReports formulierte: «Ich sagte mir: Wenn es nicht das ist, dann kommt etwas anderes. Ich wusste, es wird so oder so gut.» Auch Inäbnit möchte sich im Moment keine Gedanken über seine berufliche Zukunft machen. Ihm sind die Hände gebunden – als Ständeratskandidat kann er sich schlecht um eine neue Stelle bemühen. Und ausserdem findet er, dass das Ständeratsmandat fast ein Vollzeitjob ist. Inäbnit sagt denn auch klar: «Wäre mir nicht gekündigt worden, hätte ich nicht kandidieren können. Ich hätte dem Job den Vorrang gegeben.»
Graf: Keine Zeit für Beruf
Maya Graf teilt die Meinung, dass als Ständeratsmitglied nicht mehr viel Platz für eine berufliche Tätigkeit bleibt. Das Pensum in Bundesbern betrage «mehr als 100 Prozent».
Die Grüne hat Einsitz in fünf Kommissionen. Zudem gehört sie der Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) an, die die Notfusion zwischen der Credit Suisse und der UBS durchleuchtet. «Wenn man dieses Amt seriös ausüben will, muss man es hauptberuflich tun», fasst Graf zusammen.
Die Juristinnen und Juristen im Ständerat seien noch am ehesten berufstätig, weil sie ihre Arbeitslast oft flexibel bestimmen könnten, sagt Graf. Ansonsten beschränkten sich die Ratskolleginnen und -kollegen vor allem auf Mandate in strategischen Gremien. So macht es auch Graf: Sie engagiert sich nebenamtlich in Stiftungsräten und Vorständen von Nichtregierungsorganisationen.
Regierungsamt als Plan B?
Trotz der hohen zeitlichen Belastung in der Parlamentsarbeit sprechen sich sowohl Graf als auch Inäbnit für das Milizsystem aus und stellen dieses nicht grundsätzlich infrage. Beide betonen, wie wichtig eine enge Beziehung zur Gesellschaft sei.
Inäbnit will sich im Fall einer Wahl ebenfalls eine Nebenbeschäftigung suchen. Er könne sich etwa vorstellen, in einem kleinen Pensum als Berater tätig zu sein und seine Industrie-Erfahrung einzubringen.
Entscheidet sich die Baselbieter Stimmbevölkerung am 22. Oktober erneut für Maya Graf, bleibt Inäbnit immerhin das Landratsamt. Oder er bewirbt sich für die Nachfolge von Parteikollegin Monica Gschwind im Baselbieter Regierungsrat. In Politkreisen kursiert die Spekulation, die Bildungsdirektorin könnte vorzeitig zurücktreten. «Die Frage stellt sich dann, wenn es so weit ist», sagt Inäbnit bloss. Er lasse die Dinge auf sich zukommen – jetzt sei die Ständeratskandidatur sein Fokus und Streben.
Zu den Autoren: Dieser Artikel wurde zuerst im Basler Newsportal OnlineReports.ch publiziert. Per 1. Juli haben Alessandra Paone und Jan Amsler übernommen.