Berner Zentrum für Künstliche Intelligenz in der Medizin
Die Universität Bern und das Inselspital, Universitätsspital Bern, gründen ein Zentrum für Künstliche Intelligenz in der Medizin.
Schon heute generiert das Gesundheitswesen mehr digitale Daten, als medizinische Fachpersonen auswerten können. Dank Künstlicher Intelligenz (KI) können aus unzähligen Daten in sehr kurzer Zeit Schlüsselmerkmale ermittelt werden, die Ärztinnen und Ärzte, Pflegende und weiteres medizinisches Personal benötigen, um genauere Diagnosen zu stellen und bessere Behandlungsentscheidungen treffen zu können.
Dies spart Ressourcen bei den Fachpersonen und ermöglicht es ihnen, sich mehr den Patientinnen und Patienten zu widmen. Dank KI werden Behandlungen präziser – unnötige Interventionen lassen sich vermeiden und Behandlungserfolge verbessern.
So könnten bei der Krebstherapie Behandlungspläne mittels Künstlicher Intelligenz patientenspezifisch konzipiert werden, um die Strahlenbelastung auf ein Minimum zu reduzieren und die Behandlung möglichst schonend durchzuführen. Um den Medizinalstandort Bern für die digitalisierte Medizin der Zukunft zu rüsten, gründen die Universität Bern und das Inselspital das «Center for Artificial Intelligence in Medicine» (CAIM).
Das CAIM ist eine neue Plattform für Forschung, Lehre und Translation, also der Überführung von Forschungsergebnissen in klinische Abläufe, Dienstleistungen und Produkte, im Bereich Künstliche Intelligenz in der Medizin. Gemeinsam mit den Partnern sitem-insel und UPD wird das CAIM im Januar 2021 den Betrieb aufnehmen. Es ist als virtuelles Forschungszentrum organisiert und wird der Medizinischen Fakultät der Universität Bern angegliedert.
Einzigartige Konstellation
Das neue Zentrum profitiert vom starken Berner Netzwerk von Klinik, Forschung und Industrie. Der Medizinalstandort Bern verfügt über grosse Expertise in der Medizinaltechnik und blickt auf eine langjährige Translationserfahrung zurück.
Eine weitere Stärke des CAIM ist die Verbindung von medizinischer Spitzenforschung und Ingenieurswesen, wie am ARTORG Center for Biomedical Engineering Research der Universität Bern, mit dem Inselspital, dem grössten und führend digitalisierten Universitätsspital der Schweiz.
«Dank dieser einzigartigen Konstellation kann das CAIM das Wissen, das in enger Zusammenarbeit mit den Kliniken und der Industrie gewachsen ist, mit dem Potenzial der KI verbinden – so wird CAIM zu einem Inkubationszentrum für Medizinaltechnik», sagt Raphael Sznitman, Direktor des ARTORG Center und Projektleiter des CAIM. Das neue Zentrum soll die KI für den Patientennutzen einsetzen und die Arbeit von Ärztinnen und Ärzten und Pflegenden erleichtern.
Die Patientinnen und Patienten profitieren somit schnell und direkt von den Forschungsergebnissen und erhalten Therapien, die spezifisch auf sie zugeschnitten sind.
Ausbildung für eine neue Generation von Medizinerinnen und Medizinern
An der Universität Bern bündelt das CAIM die bereits laufenden Digitalisierungs-Initiativen in der Medizinischen Fakultät: Fünf Professuren im Bereich KI und Digitalisierung in der Medizin wurden geschaffen und sollen im Laufe des kommenden Jahres Spitzenforschende auf diesen Gebieten nach Bern holen. Diese werden zusammen mit den über 80 Forschenden, die sich bereits an der Universität Bern mit KI und Medizin befassen, eng in das CAIM eingebunden.
Christian Leumann, Rektor der Universität Bern: «Die Universität Bern investiert mit dem CAIM in einen Forschungs- und Lehrbereich, der das Gesundheitswesen entscheidend prägen wird. Mit der Vernetzung der Forschung im Bereich KI in der Medizin wird die Wirkung dieser Forschung potenziert. Zudem bauen wir die Ausbildung aus und werden an vorderster Stelle eine neue Generation von Medizinerinnen und Forschern mit digital skills ausstatten.»
So werden Klinikerinnen und Kliniker künftig die Ingenieursperspektive sehen, und Medizinstudierende werden die Möglichkeiten neuer Technologien nutzen und mitgestalten können. Bereits gestartet ist das Weiterbildungsprogramm «Artificial Intelligence in Medical Imaging» der sitem-insel school für medizinisches Fachpersonal, zudem gibt es für Studierende der Humanmedizin die Möglichkeit einer Einführung und Vertiefung zum Thema «Digitalisierung und KI». Ein Master-Studiengang für KI in der Medizin wird folgen.
KI-Technologien für das digitale Krankenhaus
Die Gründung des CAIM knüpft direkt an die Digitalisierungsstrategie der Insel Gruppe an: basierend auf einem neuen digitalen Klinik-Informations- und Steuerungssystem (KISS) plant die Insel Gruppe bis 2023 eine umfassende Digitalisierung in allen Bereichen wie Forschung, Diagnose, Patientenmanagement, Therapie und Finanzen.
Das CAIM wird die grosse, qualitativ hochwertige klinische Datenmenge des neuen Systems nutzen, um klinisch relevante Werkzeuge des maschinellen Lernens zu entwickeln, die Ärztinnen und Ärzte, Pflegende, und andere medizinische Fachpersonen in ihren täglichen klinischen Entscheidungen unterstützen. Dabei wird Datenschutz grossgeschrieben: Das neue System entspricht den höchsten Ansprüchen zur Verarbeitung sensibler Gesundheitsdaten.
Uwe E. Jocham, Direktionspräsident der Insel Gruppe: «Die Spitäler der Insel Gruppe sind in Zukunft digital. So wird auch das neue Hauptgebäude des Inselspitals, das 2023 fertiggestellt sein wird, vollständig auf die digitale Welt ausgerichtet sein. Das CAIM wird helfen, die grossen Datenmengen, die anfallen werden, für die Forschung und Entwicklung neuer Instrumente nutzbar zu machen.»
Interdisziplinär und offen für die Industrie
Der Industrie wird das CAIM die erarbeitete KI-Expertise auf verschiedene Arten zugänglich machen: Zum einen wird es die neuesten Forschungsentwicklungen in der KI-Technologie teilen und hochqualifierte Absolventinnen und Absolventen als Arbeitskräfte hervorbringen, zum anderen ermöglicht es Kooperationen bei Projekten – vom Pilotprojekt bis zu Multi-Partner Grossprojekten. So können Industriekooperationen mit dem CAIM auch durch das Schweizer Innovationsförderungsprogramm «Innosuisse» unterstützt werden, um erfolgreich Lösungen für Industriepartner zu entwickeln.
Dabei haben die Mitglieder des CAIM langjährige Erfahrung in der Zusammenarbeit mit der Industrie und der Gründung von Start-ups. CAIM-Forschende erhalten Zugang zu strukturierten Daten, Rechnerkapazität und Projektfinanzierung sowie Unterstützung bei der Markteinführung von Produkten: «sitem-insel als Innovations-Hub trägt dazu bei, Erkenntnisse aus der KI-Forschung möglichst rasch in Produkte und neue Therapien zu überführen. Wir schaffen ein dynamisches Umfeld, das alle Teams fördert, um vertrauenswürdige KI-gesteuerte medizintechnische Lösungen auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse zu entwickeln», sagt Simon Rothen, CEO von sitem-insel.
Michael Kaess, Direktor der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie an der UPD, ergänzt: «Methoden der künstlichen Intelligenz spielen jetzt und in Zukunft in der translationalen Forschung an den UPD eine wichtige Rolle, etwa bei der Verarbeitung und Analyse grosser Datenmengen zur Vorhersage von Krankheitsverläufen oder assoziierten Risiken. Zukünftig sollen diese technologischen Möglichkeiten zunehmend die Diagnostik und Therapie psychisch kranker Menschen an den UPD unterstützen.»
Dafür hat die UPD dieses Jahr eigens ein «Digital Board» gegründet. «Die enge, interdisziplinäre Zusammenarbeit im CAIM ermöglicht der UPD einerseits, von der gebündelten Expertise zu profitieren, andererseits können wir als Experten für Kognition und Emotion inhaltlich wesentlich zum Thema «künstliche Intelligenz» beitragen», sagt Kaess.
Ein weiteres starkes Standbein für den Medizinstandort Bern
Das CAIM wird der Präzisionsmedizin, die mit dem Bern Center for Precision Medicine (BCPM) bereits federführend ist, und der Translation, die durch sitem-insel gefördert wird, zusätzlichen Schub verleihen. Regierungsrat und Wirtschafts-, Energie- und Umweltdirektor des Kantons Bern Christoph Ammann: «Der Medizinalstandort Bern basiert auf einer starken Universität und einem innovativen Universitätsspital. Bern übernimmt nun auch im Bereich Künstliche Intelligenz eine führende Position. Das wird den Wirtschaftsstandort Kanton Bern stärken und Mehrwerte schaffen.»