Ein Jahr nach dem verheerenden Brand, der 110 Hektar Wald in den Gemeinden Bitsch und Riederalp zerstörte, spriessen nun die ersten Baumschösslinge.
Bitsch
Erste Baumschösslinge spriessen aus dem Boden. (Archivbild) - keystone
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Vor einem Jahr haben 110 Hektar Wald in den Gemeinden Bitsch und Riederalp im Oberwallis gebrannt. Heute spriessen dort erste Baumschösslinge aus dem Boden. Doch es dauert noch etwa 50 Jahre, bis diese auf die Grösse eines Menschen angewachsen sein werden. Die Nachrichtenagentur Keystone-SDA begleitete den Betriebsleiter und Revierförster des Forsts Aletsch, Peter Aschilier, auf einem Rundgang durch den Wald.

Noch sind sie unauffällig, die kleinen Neulinge, aber mit ihrer zartgrünen Farbe heben sie sich vom Grauschwarz der umliegenden Baumstrünke ab. «Hier haben wir viele Triebe der Fichte, dort eine Birke, eine Weide oder auch einen Holunder», erklärt Peter Aschilier, während er mit den Fingern die verschiedenen Baumarten ertastet, die den Platz ihrer Artgenossen einnehmen sollen.

«Alles sieht schon ein bisschen weniger schlimm aus als vor zwei Monaten. Da war wirklich noch alles schwarz und jetzt wächst überall etwas Grünes», stellt er fest, während er an Königskerzen – einer Pflanze mit gelbem Blütenschaft und weichen Blättern – und einem Brennnesselfeld vorbeigeht. «Das Vorhandensein der Brennnessel ist eine gute Nachricht. Die Pflanze liebt Stickstoff und wächst in reichen Böden», führt der Förster aus.

Erinnerungen an das verheerende Feuer

Während Aschilier mit sicheren Schritten einen Pfad entlang schreitet, der zwischen verkohlten Baumstämmen verläuft, erzählt er von seinen Erinnerungen an den verheerenden Brand. «Das Feuer brach am 17. Juli 2023 um 17 Uhr aus und wir haben 19 Tage lang am Stück gekämpft, um es zu löschen. In den ersten zwei oder drei Tagen brannten nur die Baumkronen», berichtet er.

«Die Helfer arbeiteten zunächst mit Helikoptern, bevor sie sich daran machten, die Glutnester im Boden zu löschen, die manchmal 30 oder 40 Zentimeter tief ins Erdreich eindrangen – eine lange und mühsame Arbeit».

Von den 110 Hektaren Wald, die verbrannt sind, ist die Hälfte «völlig tot», hält Aschilier fest, der sich seit über 30 Jahren um die Wälder des Aletschgebiets kümmert. «Es dauert ein bis drei Jahre, bis sich der Boden von dem Schock erholt hat. An manchen Stellen wächst zurzeit noch nichts», fügt er hinzu.

Auswirkungen des Feuers auf das Gestein

Aschilier dreht sich um und zeigt auf eine Bruchstelle in einem Felsen. «Ein 320 Millionen Jahre alter Glimmerschiefer», erklärt er. Das Feuer hat sich nicht nur auf die Vegetation, sondern auch auf die Steine ausgewirkt: Überall, wo die Hitze sehr stark war, gibt es Risse, auch in den Felswänden des Waldes. Alle Wanderwege sind seither gesperrt.

Im Wald liegen einige Bäume am Boden. «Es gibt keine Wurzeln mehr, die sie halten, denn an manchen Stellen stieg die Bodentemperatur auf 5000 oder 6000 Grad an», sagt Aschilier.

Andere Riesen, die unbeweglich und aufrecht stehen, scheinen das Feuer überlebt zu haben. «Doch davon sollte man sich nicht täuschen lassen, denn diejenigen, deren Rinde vollständig verbrannt ist, sind tot», betont der Förster. Sein Team wird sie jedoch nicht fällen, da es aus mehreren Gründen üblich ist, sie stehenzulassen.

Selbst wenn die Wurzeln abgestorben seien, könnten sie noch etwa 15 Jahre lang den Boden zusammenhalten, hält der Förster fest. Die Anwesenheit dieser Bäume bremst auch Erdrutsche und Lawinen, und ihr noch vorhandenes Geäst spendet den Trieben im Sommer etwas Schatten und schützt sie im Winter vor einer zu dicken Schneedecke.

Langsamer, aber stetiger Nachwuchs

Die Bäume werden langsam durch die Nachkommen ersetzt, die 50 Jahre brauchen werden, um die Grösse eines Menschen zu erreichen, und weitere 50, um ihre Schutzfunktion zu erfüllen. «Und dies gilt nur für den Fall, dass sie nicht vorher von Wildtieren wie Gämsen, Rehen, Hirschen und Steinböcken abgeweidet werden», sagt der Förster, dem die schwierige Verjüngung der Wälder, insbesondere bei Laubbäumen, Sorge bereitet.

«Damit ein Wald wieder in ein gutes Gleichgewicht kommt, ist es auch wichtig, dass verschiedene Baumarten wachsen, also eine Mischung aus Nadelbäumen, Laubbäumen und Vogelbeerbäumen, die 65 verschiedene Vogelarten ernähren», erklärt Aschilier. «Je heterogener ein Wald ist, desto widerstandsfähiger ist er und desto besser ist seine Biodiversität».

Derzeit sei nicht geplant, aktiv junge Bäume zu pflanzen, da die bereits vorhandenen Arten sich von selbst fortpflanzen. Stattdessen wird Aschiliers Team im Herbst Eicheln der Traubeneiche in den tiefer gelegenen Gebieten unterhalb von 1600 Metern pflanzen. «Eine Investition in das Klima der Zukunft», sagt Aschilier, der sich wünscht, dass diese Eichenart irgendwann einmal 5 Prozent des Waldes ausmachen wird.

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