SP: «Stadtrat-Vorschlag ändert nichts am Dietiker Wohnraumproblem»
Am 6. Oktober 2022 diskutiert der Gemeinderat in Dietikon das Traktandum «Bezahlbares Wohnen in Dietikon». Silvan Fischbacher (SP) ist nicht zufrieden.
Am 6. Oktober steht an der Gemeinderatssitzung in Dietikon unter anderen das Traktandum Kommunale Volksinitiative «Bezahlbares Wohnen in Dietikon» zur Debatte.
Die Volksinitiative verlangt, dass sich bis 2050 mindestens ein Viertel aller Mietwohnungen im Eigentum von gemeinnützigen Wohnbauträgern befindet.
Davon ausgenommen sind Wohnungen und Einfamilienhäuser im selbst genutzten Eigentum.
Der Stadtrat hat bereits einen Gegenvorschlag zur Initiative präsentiert. Im Interview mit Nau.ch spricht Silvan Fischbacher (SP) Kritikpunkte an und zeigt Verbesserungspotenzial auf.
Nau.ch: Die Volksinitiative verlangt, dass bis 2050 sich mindestens ein Viertel aller Mietwohnungen im Eigentum von gemeinnützigen Wohnbauträgern befinden.
Diese Zielvorgabe wurde vom Stadtrat als unrealistisches Unterfangen bezeichnet, die Stossrichtung der Initiative solle aufgenommen, aber in «realitätsnahe Bahnen» gelenkt und «ganzheitlich» angegangen werden. Was heisst das für Sie konkret?
Silvan Fischbacher: Grundsätzlich würden wir uns natürlich freuen, wenn die Stossrichtung der Initiative vom Stadtrat aufgenommen würde.
Leider ist das mit dem Gegenvorschlag des Stadtrats nicht der Fall. Der lautet so: «Die Gemeinde fördert qualitativ hochwertigen, preisgünstigen Wohnraum. Der Stadtrat erstattet alle vier Jahre Bericht.»
Es ist letztlich ein Satz ohne konkretes Ziel, der nicht dazu beitragen wird, das Problem der steigenden Mieten in Dietikon zu lösen. Es ist immer einfach, etwas als unrealistisch zu bezeichnen, damit man weiterhin nichts tun kann.
Wir müssen jetzt aber handeln, bevor es zu spät ist und viele Dietikerinnen und Dietiker es sich nicht mehr leisten können, in Dietikon zu leben.
Ein ganzheitliches Vorgehen würden wir dabei explizit begrüssen.
Es gibt viele Massnahmen, um den Anteil bezahlbarer Wohnungen zu erhöhen.
Ich gebe Ihnen zwei Beispiele: In den nächsten Jahren werden grosse Teile der Stadt neu überbaut. Wir werden an vielen Stellen städtebauliche Verträge mit den Investoren abschliessen.
Anders als bei bisherigen Gestaltungsplänen, wie zum Beispiel der Lägernstrasse, müssen aber in Zukunft Wohnungen in Kostenmiete ein fixer Bestandteil solcher Verträge sein.
Kurz gesagt: Wenn man ein Stockwerk höher bauen darf, soll ein Teil der zusätzlichen Wohnungen in Kostenmiete angeboten werden.
Ausserdem sollen städtische Grundstücke, wenn immer möglich, an gemeinnützige Wohnbauträger im Baurecht abgegeben werden.
Nau.ch: Der Stadtrat erklärt, dass im Zusammenhang mit einer Zielformulierung auch geprüft werden soll, welche «flankierenden Massnahmen gegebenenfalls ergriffen werden sollen».
Was versteht Ihre Fraktion unter solchen Massnahmen und welche solcher Massnahmen wären für Ihre Fraktion relevant?
Silvan Fischbacher: Diese Prüfung des Stadtrates hat unterdessen ja stattgefunden.
Und der Stadtrat hat sich nach seiner Prüfung dagegen entschlossen, flankierende Massnahmen in seinem Gegenvorschlag festzuschreiben.
Wir bedauern das ausserordentlich.
Bei einem guten Gegenvorschlag mit klaren Zielsetzungen und funktionierenden flankierenden Massnahmen hätten wir vom Initiativkomitee uns sogar vorstellen können, die Initiative zurückzuziehen.
Der Vorschlag des Stadtrats wird aber nichts am Problem ändern.
Nau.ch: Der Stadtrat anerkennt, dass mit Blick auf eine zukünftige Wohnentwicklung der Stadt unter anderen Themen wie sozialpolitische Stabilität, Durchmischung und Lebensqualität diskutiert werden sollten.
Was ist Ihrer Fraktion mit Blick auf einen Gegenvorschlag besonders wichtig – aus diesem Themenbereich oder einem, der bisher nicht erwähnt wurde?
Silvan Fischbacher: Wichtig ist vor allem, dass der Gegenvorschlag zu griffigen Massnahmen für mehr bezahlbaren Wohnraum führt und eine konkrete Zielvorgabe hat.
Der Stadtrat vermeidet das Wort «gemeinnützig» und spricht von «kostengünstigem» Wohnraum.
Das hat keine rechtliche Verbindlichkeit, der Stadtrat kann also kostengünstigen Wohnraum definieren, wie er will.
Wenn wir aber wollen, dass Wohnen in Dietikon bezahlbar bleibt, brauchen wir klare, messbare Ziele. Ziele, wie sie im Initiativtext stehen: Ein Viertel aller Mietwohnungen bis 2050.
Zur Person
Silvan Fischbacher (26, SP) ist seit 2020 im Dietiker Gemeinderat und im Initiativkomitee der Initiative «Bezahlbares Wohnen in Dietikon».
Er arbeitet als Astrophysiker an der ETH Zürich und spielt in seiner Freizeit Klarinette.