Lena Fischer, Gurtenfestival: «Wir rechneten mit der Absage»
Am Mittwoch hätte das Gurtenfestival beginnen sollen. MarKom-Leiterin Lena Fischer erzählt, wie es nun weitergeht und gibt Tipps für «Güsche»-Alternativen.
Nau.ch: Wann war für euch klar, dass es dieses Jahr kein Gurtenfestival geben würde?
Lena Fischer: Offiziell war es Ende April, als das Veranstaltungsverbot über den Sommer durch den Bundesrat ausgesprochen wurde. Für uns war aber schon länger klar, dass dieses Verbot und somit die Absage kommen würden. Wir wussten bald, dass es nicht realistisch wäre, über vier Tage hinweg 80'000 Gäste hier oben zu versammeln.
Bereits im Verlauf vom März haben wir angefangen, alle nicht dringenden Arbeiten einzustellen. Somit wollten wir bei einer allfälligen Absage unnötige Leerläufe und Kosten verhindern. Von Woche zu Woche wurde es dann immer wahrscheinlicher, dass das Festival unter den gegebenen Bedingungen nicht durchführbar ist.
Nau.ch: Sind im Moment alle Arbeiten auf Eis gelegt, oder arbeitet ihr im Hintergrund noch weiter?
Momentan gehen noch Arbeiten vonstatten, aber im Vergleich zu normalen Jahren sind diese auf ein Minimum beschränkt. Die Bauabteilung hatte beispielsweise plötzlich nichts mehr zu tun. Doch zum Beispiel die Rückerstattung der Tickets hat uns sicherlich beschäftigt.
Auch in der Kommunikation haben wir immer noch relativ viel zu tun. Es ist weiterhin wichtig, mit allen betroffenen Parteien in Kontakt zu bleiben.
Nau.ch: Wie viele Leute arbeiten normalerweise an einer Ausgabe des Gurtenfestivals mit?
Im Gurtenfestival-AG-Team, welches das ganze Jahr für das Festival arbeitet, sind wir 15 Leute. Auf das Festival hin steigt dann die Zahl der Mitarbeiter*innen. Im Juni, wenn der Aufbau beginnt, kommen immer mehr Crews dazu.
Es ist wunderschön hier oben, aber es ist nicht ganz einfach, das ganze Festival aufzubauen. Es gibt zum Beispiel eine einzige Zufahrtsstrasse, für die man eine Fahrbewilligung braucht. Es braucht im Vorfeld viele Leute, die das Festival überhaupt erst möglich machen.
Während dem eigentlichen Festival sind dann täglich zwischen 1500 und 2000 Leute im Einsatz. Diese Zahl beinhaltet alle Helfer, Bands, Bar-Mitarbeitenden, Technik/Produktion, Ticketkontrolle, Sicherheit, Sanität, Finanzen, Logistik, Bau und viele mehr.
Nau.ch: Wie geht es bei euch in den nächsten Wochen weiter?
Normalerweise heisst es für uns: Nach dem Festival ist vor dem Festival. Das Booking-Team fängt beispielsweise gleich nach dem Anlass an, für das nächste Jahr zu arbeiten. Wir sind also bereits in der Planung für 2021.
In ein paar Wochen werden wir dann mehr zum Programm sagen können. Es wird mehrheitlich bekannte Namen vom diesjährigen Line-up geben, aber wir haben auch die eine oder andere Überraschungen parat.
Nau.ch: Denkst du, dass das Gurtenfestival nächstes Jahr normal stattfinden kann?
Ich denke, die Frage ist eher, was «normal» sein wird. Wir können keine Prognosen abgeben, da wir keine Expert*innen sind. Wir gehen nun mal davon aus, dass das Festival 2021 stattfindet. Die Möglichkeit steht natürlich im Raum, dass nächstes Jahr bei einem solchen Grossanlass Masken und Desinfektionsmittel ein Thema sind.
Vielleicht gibt es bis dahin auch Schnelltests, die jeder am Eingang machen muss. Über solche Szenarien denken wir bereits nach.
Nau.ch: Wie hart trifft euch der diesjährige Ausfall finanziell?
Unsere Einnahmen setzen sich aus Ticketverkäufen, Sponsoringbeiträgen und dem Umsatz in den 92 Stunden des Festivalbetriebs zusammen. Letzterer fällt dieses Jahr weg. Tickets haben wir verkauft, diese werden aber rückerstattet.
Beim Sponsoring haben wir das Glück, dass uns beispielsweise die Migros, M Electronics, EWB und Schweizer Fleisch trotz des Ausfalls auch dieses Jahr monetär unterstützen. Das ist keine Selbstverständlichkeit.
Nichtsdestotrotz werden wir Reserven und Gewinne aus vergangenen Jahren brauchen müssen, um den Schaden zu decken. Das genaue Loch, das der Ausfall in unsere Kasse reissen wird, können wir noch nicht abschätzen. Bis wir dieses wiederaufgearbeitet haben, wird es sicherlich zwei, drei Jahre dauern.
Nau.ch: Was empfiehlst du Leuten, die jetzt eigentlich auf dem Gurten wären?
Wir haben ein Alternativprogramm für die nächsten vier Tage zusammengestellt, das zur Inspiration dienen soll. Zum Beispiel kann man einen Aareschwum unternehmen, eine Glace essen gehen oder auf den Gurten spazieren und ein Apéro nehmen.
Partys kann man zu Hause oder an offiziellen Veranstaltungen in der Stadt feiern. Wer ein privates Fest zu Hause mit Freund*innen bevorzugt, findet passende Mixes von Melisa Su (Cosmodrome), Larataqué (Soundgarden) oder den Mashup Monsters (Super Super Super Mercado) u.a. auf unserer Homepage.
Zur Person
Lena Fischer hat 2018 im Booking-Team des Gurtenfestivals angefangen und ist seither für das Booking der Waldbühne zuständig. Letzten November hat sie zudem die Leitung Marketing und Kommunikation übernommen. «Das heisst aber nicht, dass ich das letzte Jahr das erste Mal auf dem Gurten war!», lacht sie. Das erste Mal kam sie mit 14 für das Festival auf den Berner Hausberg und war seither x-mal dabei.