Christina Bachmann-Roth, CVP: Mütter gehören in die Politik
Die Lenzburger CVP-Politikerin Christina Bachmann-Roth (36) schreibt in ihrem Gastbeitrag über eine bewegende Erfahrung mit einem Herren an einer Standaktion.

Dieses Wochenende war ich bei einer CVP-Standaktion, als ein älterer Mann mich anzuherrschen begann, was ich als Mutter in der Politik wolle. Dass ich nach Hause zu meinen Kindern gehöre und ich in so einem Wahlkampf nichts verloren hätte. Meine anwesende Tochter bezeichnete er in aller Öffentlichkeit als vernachlässigtes Kind.
Als Politikerin habe ich eine dicke Haut. Trotzdem hat mich dieses Erlebnis bewegt. Viele Frauen, die sich politisch oder beruflich exponieren, teilen solche Erfahrungen. Aber auch solche, die daheimbleiben, sind Kritik ausgesetzt, weil sie nicht extern arbeiten.
Ich habe genug davon, dass wir uns als Frauen permanent rechtfertigen müssen. Dass sich andere ermächtigen, unsere Lebensführung zu beurteilen.
Dieser Herr steht für viele, die nicht tolerant genug sind, ein anderes Familienmodell, als jenes, dass sie selber gelebt haben, zu respektieren. Sie haben nicht bemerkt, dass Frauen die gleichen Chancen wie Männer einfordern und dafür sogar zum Streik greifen. Sie haben noch nicht verstanden, dass viele Väter ihre Kinder nicht nur am Wochenende sehen wollen.

«Wir brauchen dringend Reformen»
Dieses Erlebnis steht aber auch für unser System und unsere Strukturen in der Schweiz, welche Frauen immer noch in eine Rolle drängen. Wir brauchen dringend Reformen! Wir brauchen Tagesschulen, damit die Kinder den ganzen Tag gut betreut sind.
Der Koordinationsabzug bei den Pensionskassen muss abgeschafft werden, damit es sich lohnt, für eine gewisse Zeit Teilzeit zu arbeiten. Es braucht flexible Arbeitsmodelle, damit Frau und Mann sich daheim um die Familie sorgen können, ohne ihre Karriere gleich an den Nagel zu hängen.
Es braucht ein neues Steuersystem und ich sage euch: diese Massnahmen werden sich lohnen. Wenn nämlich beide Elternteile im Beruf bleiben (wenn auch für eine Weile mit reduziertem Pensum), werden sie nach der intensiven Kleinkinderphase beide wieder beruflich durchstarten. Das ergibt dann 200 % Leistung anstatt nur 100 bis 120 %, wie wir das heute kennen.
Erlebnis hat bestärkt
Ich bin es manchmal so leid, mich immer wieder zu erklären, warum ich nur 60 % arbeite. Oder warum ich so viel arbeite, anstatt bei den Kindern zu sein. Oder warum ich so viele Kinder haben wollte. Oder warum ich mich denn jetzt auch noch in der Politik engagiere.
Aber wisst ihr was? Ich werde es trotzdem und gerade deswegen jedem Einzelnen weiterhin erklären. Auch denen im Grossen Rat.
Dieses Erlebnis hat mich in meinem politischen Tun bestärkt. Ich will mich so lange engagieren, bis Frauen, genau wie Männer, Beruf (oder Politik) und Familie selbstverständlich verbinden können. Bis keiner mehr fragt, oder sich empört, sondern auch der Letzte verstanden hat, worum es geht.
Lasst euch nicht entmutigen Frauen und bewahrt euch die Freude im Herzen. Ich schaffe es auch.