Stadt Luzern

Zoé Stehlin (Juso): Wieso ein Mindestlohn kein Luxus ist

Zoé Stehlin
Zoé Stehlin

Luzern,

Zoé Stehlin, Co-Präsidentin und Regierungs- und Kantonsratskandidatin der Juso Luzern, erklärt in diesem Gastbeitrag, warum Luzern einen Mindestlohn braucht.

Zoé Stehlin
Zoé Stehlin ist Co-Präsidentin der JUSO Luzern - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Juso Luzern plant die Initiative «Existenzsichernde Löhne jetzt!»
  • Zoé Stehlin der Juso LU geht in diesem Gastbeitrag auf diese Mindestlohn-Forderung ein.
  • In der Rubrik «Stimmen der Schweiz» verfassen Schweizer Politikerinnen Gastbeiträge.

Das Leben wird für uns alle immer teurer. Die Kosten für Miete, Energie und Krankenkassenprämien steigen jährlich, sodass für viele Menschen der Lohn nicht mehr zum Leben reicht.

Stellen Sie sich alleinerziehende Eltern vor, welche Rechnungen nicht mehr bezahlen können, nicht in die Ferien reisen können und für deren Kinder ein Kinobesuch oder Sportverein aus finanziellen Gründen kein Thema ist. Das darf und soll nicht sein!

Umso mehr freue ich mich deshalb über die geplante Einreichung der Initiative «Existenzsichernde Löhne jetzt!» der JUSO Luzern. Bereits jetzt sind mehr als die geforderten 800 Unterschriften für die Initiative gesammelt worden, welche in der Stadt Luzern einen Mindestlohn von 22 Franken pro Stunde fordert.

Mindestlohn
Immer wieder ist der Mindestlohn Thema von politischen Debatten. - dpa

Schon in fünf Kantonen in der Schweiz gibt es einen Mindestlohn, unter anderem auch im Kanton Neuenburg. Eines ist klar: Die Behauptung, dass der 2017 eingeführte Mindestlohn der Wirtschaft schaden würde und Arbeitsplätze vernichtet, hat sich nicht bewahrheitet. Tatsächlich ist im Kanton Neuenburg seit der Einführung die Arbeitslosigkeit bis ins Jahr 2019 von 5.6 Prozent auf 3.5 Prozent gesunken. Ein Argument der Bürgerlichen also, das absolut nicht haltbar ist.

Trotzdem versuchen nun die bürgerlichen Parteien, diese kantonalen Mindestlöhne mittels der Motion «Sozialpartnerschaft vor umstrittenen Eingriffen schützen» auf nationaler Ebene auszuhebeln. Die bürgerliche Mehrheit im Parlament hat diese Motion durchgewunken. Der Titel der Motion klingt im ersten Moment zwar gut, erweist sich aber schnell als Mogelpackung.

Existenzsichernde Löhne

Man kann nur rätseln, warum auf Bundesebene demokratische Volksentscheide, notabene entgegen der verfassungsmässigen Kompetenzenordnung, ausgehebelt werden sollen. Ersetzt werden sollen sie durch allgemeinverbindlich erklärte Gesamtarbeitsverträge, welche häufig tiefere Mindestlöhne vorsehen und nicht die gleiche demokratische Legitimation besitzen. Diese Motion ist eine pure Verhöhnung der Arbeitnehmenden in der Schweiz und macht mich wütend. Wenn jemand 100 Prozent arbeitet und trotzdem zu wenig verdient, um über die Runden zu kommen, muss die Politik einschreiten.

Mindestlohn
Von tiefen Löhnen betroffen sind überdurchschnittlich oft Frauen und Personen ohne Schweizer Pass. - keystone

Die Existenz von Working Poor, also Personen, die arbeiten, aber trotzdem von Armut betroffen sind, ist inakzeptabel. Der von der JUSO geforderte Mindestlohn sorgt nicht nur für existenzsichernde Löhne, sondern stärkt zusätzlich die Kaufkraft mit Geld, welches vor Ort ausgegeben wird und so die lokale Wirtschaft ankurbelt. Damit würden insbesondere Unternehmen profitieren, welche faire und regionale Produkte anbieten.

Betroffene in Tieflohnbranchen sind überdurchschnittlich oft Frauen und Personen ohne Schweizer Pass. Eine festgelegte Lohnuntergrenze ist der beste Schutz gegen Lohndumping, auch weil diese Grenze für alle Geschlechter gleichermassen gilt.

Was halten sie von gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlöhnen?

Nein, 22 Franken sind immer noch nicht extravagant viel, der Betrag soll «nur» die persönliche Existenz sichern. Wir debattieren hier über 4'000 Franken pro Monat fürs «Chrampfe», während gleichzeitig die Schweizerische Nationalbank mit Milliarden die anscheinend so wichtige und «systemrelevante» Credit Suisse rettet.

Unglaublich: Unfähige Verantwortliche, die jahrelang Millionenboni abkassiert haben, ohne nun für ihr Fehlverhalten die Konsequenzen tragen zu müssen. Gleichzeitig wird aber mit dem bürgerlichen Kampf gegen Mindestlöhne das Mindestmass an Würde und Respekt versenkt. Dagegen müssen wir uns wehren. In welchem kranken System können inkompetente Banken wichtiger sein als die Menschen, die das System schlussendlich tragen?

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