Bedingte Geldstrafen nach tödlichem Unfall am Bielersee gefordert
Wegen einer defekten Elektroinstallation kam es 2017 zu einer Tragödie am Bielersee, bei der zwei Frauen und ein Hund starben. Nun begann der Prozess.
Im Prozess wegen fahrlässiger Tötung zweier Frauen am Bielersee hat die Staatsanwaltschaft am Donnerstag bedingte Geldstrafen von 120 bis 300 Tagessätzen gefordert. Sieben der acht Angeklagten seien schuldig zu sprechen. Vor Gericht stehen acht mutmassliche Verantwortliche an einem Unglück im Hafen von La Neuveville im Jahr 2017. Auf der Anklagebank am Regionalgericht in Moutier sitzen Elektriker und Elektromonteure sowie seinerzeitige Mitarbeiter der Gemeinde.
Nachlässigkeit bei Montage führte zu Tragödie
Ein Rohr mit einem Stromkabel war im Hafen nicht richtig befestigt und drehte sich. Durch die Bewegung wurde die Ummantelung zerfressen, bis das Kabel freigelegt war. Der Strom kam mit dem Metall einer Absperrung in Kontakt und gelangte über einen Steg ins Wasser.
Am Unglückstag war eine 24-jährige Frau mit ihrer Hündin am Seeufer unterwegs. Nachdem die Hündin die Absperrung touchiert hatte, fiel sie reglos ins Wasser. Ihre Halterin sprang in den See, um das Tier zu retten. Auch eine 53-jährige niederländische Touristin, die die Szene beobachtet hatte, ging ins Wasser, um zu helfen. Wie der Hund, wurden auch die beiden Frauen durch einen Stromschlag getötet.
Staatsanwaltschaft zeigt Verständnis für beide Seiten
«Erwarten Sie nicht, dass die Staatsanwaltschaft auf die Angeklagten einprügelt, denn keiner von ihnen hat gewollt, was passiert ist, jeder leidet», erklärte Raphaël Arn gleich zu Beginn seines Plädoyers.
Einige der Angeklagten seien der Ansicht gewesen, dass es nicht ihre Aufgabe sei, Kontrollen durchzuführen oder die Einhaltung der Sicherheitsstandards der Anlage zur überprüfen, führte Arn aus. Andere wiederum hätten es nicht in der Weise getan, dass ein Unfall habe verhindert werden können.
Klar sei, dass die Vorsichtsregeln für eine Installation in der Nähe des Wassers nicht eingehalten worden seien. Arn verwies auf eine ganze Reihe von Fehleinschätzungen, die schliesslich zum tragischen Unglück geführt hätten. Auch die seinerzeitige Funktionsweise der Gemeinde habe zum Vorfall beigetragen. Man habe einfach «schnell gemacht – zu schnell».
Eltern fordern Gerechtigkeit durch die Justiz
Emotional aufgewühlt, aber würdevoll ergriffen die Eltern der jungen Hundehalterin das Wort. Sie verzichteten auf die Unterstützung eines Rechtsvertreters. Die Mutter sprach über das Leben ihrer Tochter und ihrer Hündin Makani: «Ich habe im Wohnzimmer geschrien, als mein Mann mir vom Tod meiner Tochter erzählt hat», fügte die 66-jährige Krankenschwester hinzu und erklärte, dass das Paar in La Neuveville geblieben sei, um Gerechtigkeit zu erfahren.
Der Vater berichtete seinerseits von den Tagen nach dem Drama: «Wir sind von einer Welt des totalen Glücks in ein schwarzes Loch gestürzt und waren dem Wahnsinn nahe, das ist sicher». Er ist überzeugt, dass seine Tochter noch am Leben wäre, wenn die Installation vorschriftsmässig durchgeführt worden wäre.
An die Angeklagten gerichtet beschuldigte er sie, bei der Installation der Elektroinstallation «alles» versäumt zu haben. «Sie, die Angeklagten, sind der fahrlässigen Tötung schuldig. Wir fordern die Justiz dieses Landes auf, Sie zu bestrafen», appellierte der Vater.