Nachwehen zum Fall Amcor im St. Galler Kantonsrat
Im Dezember 2020 und im Januar 2021 ist vom Gelände der Firma Amcor in Goldach giftiger Löschschaum in den Bodensee gelangt.
Die Höhe der danach verhängten Busse sowie die Forderung nach einer Spezialisierung der Staatsanwaltschaft auf Umweltdelikte sind nun Themen in der Septembersession. «Die tiefe Busse für eine gravierende Umweltverschmutzung hat in der Politik und in der Bevölkerung für grossen Unmut gesorgt», schrieb die Fraktion der Grünen im St. Galler Kantonsrat zu ihrem Standesbegehren, in dem sie höhere Bussen für Umweltdelikte beim Bund forderte.
Im März war bekanntgeworden, dass aus dem Gelände der Amcor Flexibles Rorschach AG Löschschaum in den Bodensee gelangt war, der Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) enthielt. Der Stoff ist seit 2011 verboten, die Übergangsfrist lief 2019 aus. Das Unternehmen erhielt eine Busse von 5000 Franken.
Der Vorfall löste zahlreiche Medienberichte, aber auch Vorstösse im St. Galler Kantonsrat aus. Im Juni kündigten dann drei Mitglieder der St. Galler Regierung an einer Pressekonferenz diverse Massnahmen an, mit denen der Schutz der Gewässer vor Chemikalien verstärkt werden soll. Angekündigt wurde ein umfassender Projektauftrag mit einem Zeitplan.
«Nicht mehr zeitgemässe» Höchststrafe für Umweltdelikte
In der Septembersession werden nun zwei Vorstösse behandelt, in denen es ebenfalls um die Aufarbeitung des Falls geht. Dazu gehört das Standesbegehren der Grünen, das von der Regierung unterstützt wird. Die im Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht vorgesehene Höchststrafe für Umweltdelikte sei «nicht mehr zeitgemäss und entsprechend an die heutigen Verhältnisse anzupassen», hiess es in der Stellungnahme.
Konkret wird im Vorstoss verlangt, das heutige Strafmass, das eine Busse von höchstens 5000 Franken vorsieht, so zu ändern, dass künftig die Androhung einer Geldstrafe sowie eine Busse in der Höhe von mindestens 50'000 Franken möglich wird. Ob das Standesbegehren überwiesen wird, entscheidet der Kantonsrat übernächste Woche.
Weniger konkret ist die Haltung der Regierung zu einem Vorstoss von Daniel Bosshard, Kantonsrat der Grünen, in dem eine Spezialisierung der Strafverfolgungsbehörden auf Umweltdelikte gefordert wird.
Staatsanwältinnen und Staatsanwälte müssten in der Lage sein, bei Umweltdelikten mit besonders komplexen Rechtsfragen ein entsprechendes Fachwissen aufweisen, führte der Kantonsrat aus. Dies sei im Kanton St. Gallen nicht gewährleistet. Es gebe aktuell keine spezialisierte Staatsanwaltschaft für Umweltdelikte.
Ausreichendes Fachwissen bei der Staatsanwaltschaft
Die Regierung verweist in ihrer Stellungnahme auf den im Juni angekündigten Projektauftrag. Dort werde abgeklärt, ob die Umweltdelikte durch die Schaffung einer spezialisierten Stelle ebenso intensiv wie Tierschutzdelikte verfolgt werden sollen. Allerdings erachte sie das Fachwissen bei der Staatsanwaltschaft grundsätzlich als ausreichend, um auch im Bereich der Umweltgesetzgebung Strafverfahren zu führen.
In der Stellungnahme hat es auch Angaben zur Anzahl Fälle. Danach übermittelt die Staatsanwaltschaft dem Bau- und Umweltdepartement durchschnittlich 60 bis 80 Umweltstrafverfahren jährlich und gibt damit dem Amt für Umwelt als Partei die Möglichkeit, Stellung zu nehmen.
An der Medienorientierung im Juni hatte Regierungsrat Fredy Fässler (SP) bestätigt, dass in der Strafverfolgung zunehmend Spezialwissen verlangt werde. Eine Lösung könne auch eine weitere Spezialisierung bei der Kantonspolizei oder die Zusammenarbeit mit der Umweltverwaltung sein, sagte er damals.