St.Gallen: Lernende leiden unter emotionalen Belastungen
In St.Gallen startet eine Studie zur psychischen Gesundheit von Jugendlichen während der Ausbildung im Bereich Soziales und Gesundheit.
Wie die Ostschweizer Fachhochschule mitteilt, stellen die Berufslehre, der erfolgreiche Abschluss und die ersten Weiterbildungen grosse Herausforderungen für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen dar.
14 Prozent der Ausbildungen verlaufen «nicht regulär»; es kommt zu einer Repetition, einer Lehrvertragsumwandlung, zu einem Lehrabbruch oder zur Beendigung der Weiterbildungsveranstaltung.
Zu den «schwierigen Situationen» werden zwischenmenschliche Beziehungen zu Vorgesetzten oder Mitarbeitenden genannt, arbeitsbezogene Schwierigkeiten oder Überforderung.
Auswirkungen der Corona-Pandemie und aktuelle Personalengpässe in der Branche verschärfen die Problematik.
Besondere psychische Belastungen bei Ausbildungen im Gesundheits- und Sozialbereich
«Ausbildungszentren im Gesundheits- und Sozialwesen sind mit zusätzlichen Anforderungen an die Erhaltung der psychischen Gesundheit der Auszubildenen konfrontiert», sagt Andrea Zimmermann Müller, Fachbereichsleiterin FAGE am Berufs- und Weiterbildungszentrum für Gesundheits- und Sozialberufe St.Gallen (BZGS).
Jugendliche, die sich für eine Ausbildung im Gesundheitswesen entscheiden, seien motiviert, andere Menschen zu unterstützen:
«Die sozialen Aspekte und die Wirkung der Tätigkeit auf andere Menschen sind oft die Hauptmotivatoren für eine Ausbildung im Gesundheitsbereich.
In der Ausbildung werden sie, während sie sich noch in ihrer eigenen Entwicklung befinden, bereits mit Themen wie Sterben, Krankheit oder schweren Schicksalsschlägen konfrontiert.
2800 Lernende werden zu ihrer psychischen Gesundheit befragt
Gemeinsam mit Forschenden der OST – Ostschweizer Fachhochschule wollen nun Experten des BZGS herausfinden, wie es um die psychische Gesundheit von Jugendlichen und jungen Erwachsenen während der Ausbildung und später während Weiterbildungen steht.
Im Fokus der Studie stehen die Berufe im Gesundheitswesen und jene der sozialen Fachberufe.
Dafür werden rund 2800 Lernende und Studierende sowie 200 Lehrpersonen befragt.
Psychische Erkrankungen rechtzeitig erkennen
«Berufsfachschule und Weiterbildung sind ein wichtiger Teil der Lebenswelt von Jugendlichen.
Daher müssen in diesem Bereich prioritär Ressourcen verstärkt werden.
Insbesondere im Setting des Berufs- und Weiterbildungszentrums muss es Möglichkeiten geben, psychischen Erkrankungen durch Prävention, Früherkennung und Frühintervention zu begegnen», so Andrea Zimmermann Müller.
Geringes Selbstwertgefühl und Depression keine Seltenheit bei Jugendlichen
«Psychische Erkrankungen im Erwachsenenalter beginnen häufig schon in der Kindheit; sie wurden dort aber nicht erkannt.
Daher ist die psychische Gesundheit von Jugendlichen aus der Public Health Perspektive von grosser Relevanz», erklärt Manuel P. Stadtmann, Leiter des Kompetenzzentrums Psychische Gesundheit an der OST – Ostschweizer Fachhochschule.
So gaben sieben von zehn Jugendlichen in einer Studie der Universität Lausanne an, dass sie während der Jugendzeit negative Erfahrungen machen mussten, Mobbing und Belästigung erlebten.
45 Prozent der Befragten gaben ein «geringes emotionales Wohlbefinden» an, jeweils ein Drittel äusserte depressive Empfindungen und ein geringes Selbstwertgefühl.
45 Prozent der Jugendlichen hatten bereits Suizidgedanken
Ein Viertel der Jugendlichen sagten in der gross angelegten Studie, an mässigen bis schweren Ängsten zu leiden, und 45 Prozent hatten sogar schon einmal Suizidgedanken.
Für OST-Professor Manuel P. Stadtmann sind dies Zeichen, die man ernst nehmen muss:
«Die psychische Gesundheit bildet die Grundlage für das Wohlbefinden und die Grundlage für psychosoziale Teilhabe.»
Erste Resultate werden Mitte 2023 vorliegen
Mit der Studie wolle man die Grundlage schaffen, um die psychische Gesundheit von Auszubildenden zu erhalten und Schwierigkeiten frühzeitig zu erkennen.
Erste Resultate der Untersuchung sollen Mitte 2023 vorliegen.
Bis Ende 2025 sollen aus den Forschungsergebnissen mit einem im Schweizer Gesundheitssystem innovativen Co-Creation-Ansatz konkrete Massnahmen zur Förderung und Erhaltung der psychischen Gesundheit abgeleitet werden und im Ausbildungsalltag der Berufsfachschule Anwendung finden.