72-jähriger Kesb-Beistand aus Zürich zweigt über 300'000 Franken ab
Das Bezirksgericht Zürich hat am Freitagnachmittag einen 72-jährigen Buchhalter zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, bei einer Probezeit von vier Jahren. Der Schweizer hatte als Kesb-Beistand über 300'000 Franken für eigene Zwecke abgezweigt.
«Ein Beistand sollte einer hilflosen Person eigentlich beistehen», sagte die Richterin bei der Urteilseröffnung. Der Verurteilte sah dies während mehr als drei Jahren anders.
Von 2016 bis 2019 war er für die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) als Beistand eines betagten Mannes eingesetzt und sollte in dieser Funktion dessen finanzielle Angelegenheiten regeln. Stattdessen zweigte der Buchhalter insgesamt 316'000 Franken auf sein eigenes Konto ab.
Diese Zahlungen begann er, als sein Klient noch lebte. Aber auch nach dessen Tod floss noch Geld auf das Konto des Beistandes. Um einen legalen Verwendungszweck vorzutäuschen, gestaltete er zuhause an seinem PC insgesamt 23 falsche Rechnungen, mit Vermerken wie «Räumung», «Reinigung» und «Bestattung». Daraus erstellte er eine Buchhaltung, die er dann der Kesb vorlegte.
Auch bei einem anderen ehrenamtlichen Posten bediente sich der Verurteilte: Als Kassier eines Zürcher Quartiervereins zweigte er weitere 22'000 Franken ab. Weshalb der Rentner zum Kriminellen wurde, kann sich dieser selber nicht erklären.
Er habe gegen jegliche ethischen Grundsätze verstossen, die ihm vorher immer heilig gewesen seien, sagte er während des Prozesses. Zugleich versprach er, dass er nie mehr ein Amt annehmen oder ein Vermögen verwalten werde. Deshalb gebe es keine Rückfallgefahr.
Das Bezirksgericht nahm ihm seine Reue ab. Auch dass er bereits bei der dritten Einvernahme alles zugab, wertete das Gericht als positiv. Es verurteilte ihn wegen mehrfacher Veruntreuung und wegen mehrfacher Urkundenfälschung zu zwei Jahren bedingter Freiheitsstrafe, bei einer Probezeit von vier Jahren.
Das gestohlene Geld wird er vollständig zurückzahlen. Wegen eines Hausverkaufs ist ihm dies nun möglich. So erhalten die Schwester des Verstorbenen und der Quartierverein alles zurück. Für das Gericht ein «seltener Fall von konkreter Wiedergutmachung».
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, keine Seite dürfte aber ein Interesse daran haben, das Urteil noch vor Obergericht zu ziehen.