Michèle Dünki-Bättig (SP Zürich) über den Frauenstreik
Das Wichtigste in Kürze
- Das Patriarchat liefert Frauen weiterhin unzählige Gründe, um zu streiken.
- Frauen verdienen immer noch 18 Prozent weniger als Männer, wie dieser Gastbeitrag zeigt.
- Der feministische Streik fordert echte Veränderungen in unserer Gesellschaft.
- Michèle Dünki-Bättig ist Zürcher Kantonsrätin.
Es gibt tausend gute Gründe, am 14. Juni am feministischen Streik teilzunehmen. Ich beschränke mich in der Kolumne auf fünf Kernanliegen:
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit
Seit Jahren fordern wir „gleichen Lohn für gleiche Arbeit“ und „sichere Renten – vor allem für Frauen“. Leider ist in den vergangenen Jahren nicht viel passiert. Bei der Lohngleichheit hat sich kaum etwas bewegt. Im Durchschnitt verdienen Frauen noch immer rund 18% weniger als Männer. Und auch im öffentlichen Dienst beträgt die Lohndifferenz weiterhin 15%. Der unerklärte Anteil der Lohndifferenz hat sogar zugenommen.
Wir fordern die Umsetzung der Lohngleichheit mit Nulltoleranz gegenüber Lohndiskriminierung, staatliche Kontrollen und Sanktionen. Mit Lohngleichheit alleine ist es nicht getan: wir müssen die gläserne Decke aus Vorurteilen und ungleich verteilter Care-Arbeit durchbrechen, damit Frauen überhaupt die Möglichkeit auf eine Karriere haben!
Mindestlöhne nutzen allen – vor allem aber Frauen
Zwei Drittel der Tieflohnbeschäftigten sind Frauen. Ein zentraler Grund für die tiefen Einkommen von Frauen ist die schlechte Entlöhnung von Berufen mit hohem Frauenanteil. Kleinkinderbetreuer:innen, Reinigungskräfte oder Pfleger:innen verdienen nach der Berufslehre in Vollzeit nur zwischen 3’500 und 5’000 Franken, deutlich weniger als in Branchen mit hohem Männeranteil.
Wir fordern deshalb gezielte Lohnerhöhungen in Branchen mit tiefen und mittleren Löhnen und hohem Frauenanteil. Bei abgeschlossener Berufslehre sollen flächendeckende Mindestlöhne von 4’500 CHF bis 5’000 CHF eingeführt werden.
Teilzeitarbeit und ihre Folgen treffen überdurchschnittlich die Frauen
58% der erwerbstätigen Frauen arbeiten Teilzeit, weil sie den Grossteil der unbezahlten Arbeit verrichten. Teilzeitarbeit bedeutet für viele Frauen massive Einkommensausfälle während des gesamten Erwerbslebens und deutlich tiefere Renten nach der Pensionierung und damit die Gefahr von Altersarmut.
Dagegen helfen nur echte Veränderungen in unserer Gesellschaft und wie wir uns die unbezahlte Care-Arbeit aufteilen.
Nehmen Sie am diesjährigen Feministischen Streik teil?
Patriarchale Gewalt tötet!
Wir streiken auch, weil in der Schweiz allein dieses Jahr schon 11 Feminizide verübt worden sind. Frauen sind um ein Vielfaches mehr von häuslicher Gewalt betroffen als Männer. Es braucht deshalb gesamtschweizerisch systematische Massnahmen zur Bekämpfung von geschlechtsspezifischer, sexualisierter und häuslicher Gewalt mit einem intersektionalen Ansatz.
Wir brauchen griffige Instrumente, wie 24-Stunden-Telefonhotlines, Beratungsstellen, ein stabiles Angebot an Frauenhäusern mit einer guten Finanzierung und ausreichenden Kapazitäten sowie die uneingeschränkte und vorbehaltlose Umsetzung der Istanbul-Konvention.
Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt – unabhängig vom Aufenthaltsstatus!
Geflüchtete Frauen und queere Personen erleben in ihrem Heimatland, auf der Flucht oder in der Schweiz oftmals geschlechtsspezifische und sexualisierte Gewalt. Doch je nach Aufenthaltsstatus erhalten sie keinen oder nur ungenügenden Zugang zu den notwendigen Hilfe- und Unterstützungsleistungen, wie etwa psychologischer Unterstützung.
Dieser Zustand ist unhaltbar – wir fordern den uneingeschränkten Zugang für alle Betroffenen zu spezialisierten Unterstützungsstrukturen. Weiter braucht es Massnahmen zum Schutz von geflüchteten FLINTA*-Personen, darunter eine sichere Unterkunft in Wohnungen statt in Kollektivunterkünften.
Und jetzt Sie! Nehmen Sie selbst am feministischen Streik teil – oder zeigen Sie sich mit den Streikenden solidarisch und berücksichtigen Sie ihre Anliegen in ihrem Alltag. Der feministische Streik am Mittwoch wird gross. Und er wird unüberhörbar sein.
Denn wir haben genug: Genug von Sexismus, Geringschätzung von Care-Arbeit, Lohndiskriminierung und patriarchaler Gewalt. Und um diese Probleme anzugehen, braucht es Taten statt nur leerer Versprechungen: Es ist höchste Zeit für einen feministischen Aufbruch!
Zur Autorin: Michèle Dünki-Bättig ist Zürcher Kantonsrätin und Nationalratskandidatin.