Experte warnt Nemo nach Interview-Fail: «Risiko für Glaubwürdigkeit»

Nemo Mettler (25) aus Biel BE sorgte kürzlich für Wirbel. Das non-binäre Gesangstalent brach ein Interview mit dem «Bieler Tagblatt» ab.

Es sollten keine politischen Fragen gestellt werden, so Nemos Management. Weil die Zeitung aber am Presserecht festhielt, erhielt sie dann doch die Erlaubnis dazu. Doch als die Journalistin Fragen zum «politisch aufgeladenen ESC» stellte, brach Nemo das Interview ab.

Begründung: Die Fragen würden sich «wie ein Angriff anfühlen». Dabei hatte sich Nemo in Vergangenheit immer wieder politisch geäussert.

Nemo traf sich mit Bundesrat Beat Jans (60), um über die Rechte von non-binären Personen in der Schweiz zu sprechen. Die Forderung: Es braucht einen dritten Geschlechtereintrag.

Dass sich Nemo plötzlich nicht mehr politisch äussern, sondern nur über Musik sprechen will, stösst einigen deshalb sauer auf.

Ist Nemo schlecht beraten oder einfach mit dem plötzlichen Interesse überfordert? Nau.ch hat zwei Image-Experten angefragt, die Situation einzuordnen.

Bernhard Bauhofer von «Bauhofer Reputation Management» sieht zwei Punkte, die Nemos Medienauftritt beeinflussen könnten: «Erstens wäre da der kometenhafte Aufstieg, der überwältigend sein kann.» Zudem vermutet der PR-Experte eine «mangelnde professionelle Medienberatung» in Nemos Team.

Er kann sich aber auch vorstellen, dass Nemo «beratungsresistent» ist.

Ähnlich sieht es PR-Experte Ferris Bühler: «Durch den Gewinn des ESC ist Nemo sozusagen über Nacht in das internationale Scheinwerferlicht gerückt: Plötzlich haben Nemos Meinungen, Handlungen und Äusserungen eine viel stärkere Strahlkraft und Gewichtung in der breiten Öffentlichkeit.»

Nemo sei jung und im Umgang mit Medien und politischen Themen «relativ unerfahren», glaubt Experte Bühler. «Hier sollte Nemo seitens Musiklabel und Management zusätzlich Unterstützung erhalten, indem man beispielsweise auf heikle Interviewsituationen vorbereitet und trainiert wird.»

Dass sich Nemo jetzt bewusst aus politisch aufgeladenen Themen zurückzieht, würde das Risiko weiterer Kontroversen minimieren.

Ferris Bühler warnt aber: «Ich sehe in dieser Kehrtwende aber auch ein Risiko für Nemos eigene Glaubwürdigkeit.»

Denn nachdem Nemo bereits starke politische Statements abgegeben hat, könnte ein plötzlicher Rückzug als «Wankelmütigkeit oder fehlende Konsequenz» wahrgenommen werden, so Bühler. «Es besteht die Gefahr, dass Nemos Engagement als opportunistisch betrachtet wird.»

Bei politischen Äusserungen müsse man aufpassen, stimmt Bernhard Bauhofer zu. Als Beispiel nennt er Greta Thunberg (21): Das Gesicht der Klimabewegung setzt sich auch für palästinensische Anliegen ein. «Dadurch können die ursprünglichen Anliegen unglaubwürdig werden.»

Darum rät Bernhard Bauhofer Nemo, politische Forderungen über die Musik zu machen: «Musikschaffende können sich über die Lyrics äussern.» Bauhofer sieht Nemo nämlich als «grosses Talent».

Ferris Bühler findet es wichtig, dass sich Nemo in Zukunft klar positioniert: «Wenn Nemo entscheidet, sich bewusst von politischen Themen fernzuhalten, sollte Nemo diese Linie konsequent beibehalten.»

Das Ausnahmetalent müsse künftig «klar kommunizieren». Dies könnte «in einem offiziellen Statement oder auch in einem Interview erfolgen».

Bühler weiter: «Nemo könnte sich auf universelle, positive Botschaften konzentrieren, die weniger kontrovers sind, aber dennoch eine starke Wirkung haben – wie Frieden, Liebe, Toleranz und Inklusion.» Die könne Nemo in die Musik einfliessen lassen.