Netflix wird von den Derry Girls aufgemischt
Das Wichtigste in Kürze
- Netflix zeigt die britische Sitcom «Derry Girls».
- Das Geschehen dreht sich um das Leben von vier Schulmädchen und eines britischen Jungen.
In den Jahren 1969 bis 1998 ist Nordirland ein Schauplatz blutiger Konflikte mit politischen Motiven.
Die katholischen Befürworter der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) stehen im Zwist mit den protestantischen Briten. Man ist sich uneinig darüber, ob Nordirland ein Teil des Vereinigten Königreichs bleiben oder sich mit Irland wiedervereinigen soll.
Infolge von Attentaten und Auseinandersetzungen sterben über 3500 Personen. Zum Waffenstillstand kommt es erst 1998. Der Konflikt prägt die Bevölkerung bis heute. Die Autorin Lisa McGee, geboren im nordirischen Städtchen Derry, hat aus diesem ernsten Thema eine komödiantische Fernsehserie gemacht.
In «Derry Girls» sind die Dispute zwar präsent, geraten aber nicht zum Hauptthema. Stattdessen rücken die Schulmädchen Erin (Saoirse-Monica Jackson), Clare (Nicola Coughlan), Orla (Louisa Harland) und Michelle (Jamie-Lee O'Donnell) in den Fokus. Ergänzt werden sie mit dem britischen Jungen James, der von allen wegen seines Akzents aufgezogen wird.
Von Channel 4 auf Netflix
Die erste Staffel lief 2018 auf dem Fernsehsender Channel 4. Die Einschaltquoten gingen durch die Decke. Schnell wurde Netflix darauf aufmerksam und kaufte die internationalen Vertriebsrechte. So fanden die «Derry Girls» ein weltweites Zuhause.
Mit dem Import hat Netflix ein gutes Händchen bewiesen. Die Sendung ragt aus dem üblichen Sitcom-Einheitsbrei heraus.
Kein Lachen auf Kommando
In vielen Situationskomödien wird bei vermeintlich witzigen Stellen ein Gelächter abgespielt. Das erfolgt oft vom Band oder ist während einer Aufführung mit Publikum entstanden.
Dem Zuschauer am Bildschirm wird somit suggeriert, dass selbst Rohrkrepierer zum Schiessen sind. «Derry Girls» verzichtet gänzlich darauf. Der Humor ist vielseitig und scharfzüngig, es braucht kein Lachen auf Kommando.
Vielseitige Charaktere
Die Figuren unterscheiden sich in ihren Charakterzügen massgeblich voneinander. Da gibt es die verträumte Orla, welche sich manchmal auf einem anderen Planeten aufzuhalten scheint.
Michelle ist geradeaus und verheddert sich des Öfteren wegen ihres zu grossen Selbstbewusstseins. Erin und Clare sind eher besonnen. James erduldet alle Spötteleien und findet sogar Gefallen an seiner Rolle. Das Quintett bildet zusammen eine Gemeinschaft.
Die Nebenfiguren bringen ebenfalls Dynamik ins Spiel. Speziell die schlagfertige Schwester Michael (Siobhan McSweeney) sorgt mit ihren trockenen Sprüchen für Unterhaltung. Dazu kommen Erins Familienmitglieder, welche sich untereinander so manchen verbalen Schlagabtausch liefern.
Kaum Längen
Beide Staffeln bestehen aus jeweils sechs Episoden mit einer Länge von 20 bis 25 Minuten. In der Ära von langgestreckten Handlungssträngen ist diese Aufteilung eine zeitsparende Wohltat.
Weil jede Folge in sich abgeschlossen ist, kann man dem Geschehen ohne Probleme folgen. Somit entstehen fast keine Längen. Nicht jede Geschichte überzeugt vollständig. Das fällt im Angesicht der gebotenen kurzweiligen Unterhaltung kaum ins Gewicht.
Fazit
Trotz des ernsten Hintergrunds geben sich die «Derry Girls» nicht dem Trübsal hin. Mit viel Witz und Herz überzeugt die Serie auch in der zweiten Staffel. Freunde des galligen Humors der Engländer sollten ihre «Watchlist» auf Netflix ergänzen.