Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln
Das Wichtigste in Kürze
- Der Regisseur Tim Burton zählt zu den grössten Exzentrikern Hollywoods, landet aber immer wieder Volltreffer.
Seine Verfilmung von Lewis Carrolls Kinderbuchklassiker «Alice im Wunderland» war 2010 ein Riesenerfolg.
Das Fantasy-Spektakel mit Mia Wasikowska und Johnny Depp in den Hauptrollen galt damals als erfolgreichster 3D-Film aller Zeiten. Die Fortsetzung «Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln», die an diesem Samstag um 20.15 Uhr auf ProSieben läuft, konnte 2016 diesen Triumph an den Kinokassen dann nicht wiederholen.
Burton war diesmal nur als Produzent an Bord, Regie führt James Bobin («Die Muppets»), aber an den hinreissenden Zauber und spleenigen Charme des Vorgängers kann dieser halbherzige Nachklapp leider nicht anknüpfen. Drehbuchautorin Linda Woolverton («Der König der Löwen») war es nur in Ansätzen vergönnt, die Fantasy-Saga schlüssig weiterzuerzählen. Auf Wunder kann man als Zuschauer hier kaum hoffen.
Zu Beginn erleben wir Alice, wieder gespielt von Mia Wasikowska, die als Kapitänin auf hoher See das Schiff ihres gestorbenen Vaters durch Sturm und Wogen lenkt. Wir haben es also mit einer emanzipierten, tatkräftigen jungen Frau zu tun. Aber sobald Alice dann mittels des magischen Spiegels im Wunderland ankommt, ist sie eben wieder eher das kleine staunende Mädchen - geschrumpft auf Normalmass.
Sie trifft den verrückten Hutmacher (Johnny Depp), dessen strahlend orangefarbenen Locken vor Kummer weiss geworden sind. Der Arme vermisst seine Familie, Alice soll sie suchen. Also begibt sie sich zum finsteren Herrn der Zeit, gespielt von Sacha Baron Cohen («Borat»), um mit der «Chronosphäre», einer magischen Kugel, zurück in die Zeit zu reisen. Diese Wundermaschine mit ihren Hebeln und Zeigern ähnelt ein wenig dem Gefährt aus dem Science-Fiction-Klassiker «Die Zeitmaschine» von 1960.
So gibt sich der Film einen nostalgischen Anstrich, aber die Versatzstücke passen nicht recht zusammen. Es dominiert der bonbonbunte Kinderspass mit weissen Kaninchen, Teetafel, Grinsekatze und den eierrunden Brüdern Diedeldum und Diedeldei. Dazu passen dann mehr schlecht als recht die schaurigen Momente, für die Sacha Baron Cohen als finsterer Herr der Zeit verantwortlich ist. Ein tickendes Geschöpf der Nacht, halb Mensch, halb Uhr, der für jeden Lebenden eine eigene Uhr bereithält, die unweigerlich abläuft.
Natürlich siegen am Ende die Kräfte des Guten, die hasserfüllte Rote Königin (Helena Bonham Carter) wird bekehrt, und Alice kehrt nach vielen Zeitreisen in ihre eigene Welt zurück. Als Zuschauer wird man allerdings das Gefühl nicht los, nur eine gigantische Seifenblase mit viel heisser Luft gesehen zu haben. Wunderland ist anderswo.