Alphaville, die in den 1980er-Jahren mit Synthesizer-Sound drei Welthits landeten, bringen jetzt ihre Best-of-Alben heraus.
Alphaville-Sänger Marian Gold ist das letzte verbleibende Ur-Mitglied der Band.
Alphaville-Sänger Marian Gold ist das letzte verbleibende Urmitglied der Band. (Archivbild) - Rolf Vennenbernd/dpa

Drei Musikfans entdecken Anfang der 1980er-Jahre den Synthesizer. Sie landen drei Welthits. Zur Geschichte von Alphaville gehört auch Regie-Ikone Jean-Luc Godard. Das Trio veröffentlicht nun ihre Best-of-Alben.

Auf die Frage, wie viele Songs der Band Alphaville einem spontan einfallen, dürften die meisten antworten: Einer («Forever Young»), zwei (plus «Big in Japan») oder drei (plus «Sounds Like a Melody»). Doch neben den drei Welthits aus dem Jahr 1984 hat die Synthie-Pop-Band aus Deutschland in ihrer langen Karriere zahlreiche weitere Songs veröffentlicht. Die Lieblingslieder ihrer Fans präsentieren Alphaville nun auf ihren drei Best-of-Alben «Alphaville Forever! – Best Of 40 Years».

40 Jahre Debütalbum

«Wir haben uns jahrzehntelang geweigert, so ein Best-of-Album zu machen, weil wir das einfach scheisse fanden und es nichts Kreatives hat.» Dies sagt der 70-jährige Frontmann Marian Gold im Gespräch der Deutschen Presse-Agentur. «Aber jetzt sind 40 Jahre vergangen und deswegen hat mich das irgendwann angefangen zu interessieren.»

Das Besondere: Die Fans der Band konnten über ein spezielles Online-Tool ihre 40 Lieblingssongs auswählen, in die gewünschte Reihenfolge bringen und als Playlist abspeichern. Darunter die Charterfolge «I Die For You Today» (2010), «Dance With Me» (1986) oder «The Jet Set» (1985).

1982 gründeten Gold, Bernhard Lloyd und Frank Mertens im westfälischen Münster ein Synthie-Pop-Trio, das zunächst so hiess wie ihr späterer Welthit: «Forever Young». Ein Jahr später tauften sie sich jedoch Alphaville, in Anlehnung an einen Science-Fiction-Film des französischen Regisseurs Jean-Luc Godard.

Vom Amateur-Synthie-Sound zur Weltspitze

«Wir waren keine tollen Instrumentalisten, sondern eigentlich komplette Amateure und Dilettanten», erinnert sich Gold heute. «Aber es gab Maschinen wie Rhythmusmaschinen oder Synthesizer, mit denen auch Leute mit weniger Geschick Melodien ablaufen lassen konnten. Auf einmal waren wir in der Lage, selber Musik zu machen.»

Inspirationen fanden die Musiker im New Wave, etwa bei Ultravox, OMD oder Kraftwerk und David Bowie. Mit ihrem Synthie-lastigen Pop fingen Alphaville in den frühen Achtzigern ein Lebensgefühl ein und katapultierten sich 1984 gleich mit ihren ersten drei Singles an die musikalische Weltspitze. «Big in Japan», «Sounds Like A Melody» und «Forever Young» kamen innerhalb weniger Monate auf den Markt. Vor genau 40 Jahren folgte dann das Debütalbum mit sieben weiteren Songs, das zwei Millionen Mal verkauft wurde.

Ein echter Karriere-Traumstart, den einige aber auch kritisch beäugten. «Wir hatten hier in Deutschland nie einen wirklich guten Stand, was unsere Beliebtheit bei Kritikern angeht. Der Band wurde ständig der Vorwurf gemacht, uns sei alles in den Schoss gefallen», sagt Leadsänger Gold.

Suche nach Anerkennung in Deutschland

Der Fakt an sich stimme aber schon. Die drei stammten aus der Mittelklasse, mussten keine Instrumente lernen und nicht durch kleine Klubs tingeln. «Und dann wurde gleich die erste Single zum grossen Hit. Das ist phänomenal, aber ich kann verstehen, dass manche Leute uns das nicht gegönnt haben. Diese Problematik hängt uns in Deutschland bis heute an.»

Nach dem Debüt- und Welthits-Jahr 1984 steigt Keyboarder Mertens wegen des medialen Rummels aus, auf den Nachfolgealben experimentiert Alphaville mit verschiedenen Musikstilen und komplexeren Erzählweisen. Ohnehin sind die Texte, im Gegensatz zu anderen Bands der Achtziger, eher tiefgründig und komplex.

«Wir waren in diesem Sinne keine deutsche Band. Diese Gaga-Texte gibt es hauptsächlich in Deutschland. Ernstzunehmende Bands aus Amerika oder Grossbritannien haben sich auch mit ernsteren Themen auseinandergesetzt und versucht, eine Aussage zu treffen», erklärt Gold.

Zeitlose Synthie-Hits und Jubiläumstour mit 70

«Ich könnte mich als Sänger nicht auf die Bühne stellen und den Leuten irgendeinen Bullshit vorsingen. Das hätte mir keinen Spass gemacht. Darum haben sich unsere Lieder mit ernsthaften Themen auseinandergesetzt.»

Musikalisch zeigen die Best-of-Alben die Kreativität und Verspieltheit der deutschen Band, die durch ihren Synthie-Pop-Mix aus Melancholie, Fröhlichkeit und Düsternis weltweit bekannt wurde und später auch Einflüsse aus der Klassik, dem Blues und Jazz vereinte. Und die drei Hits für die Ewigkeit schufen, die auch junge Leute heute noch kennen – teils durch Trends im sozialen Medium Tiktok.

Ab November gehen Alphaville mit ihrer zeitlosen Musik aus acht Studioalben auf Jubiläumstour, mit einem Auftritt am 3. November in Zürich. Und der 70-jährige Gold verspricht: «Unsere Konzerte sind keine Rentnerveranstaltungen.»

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