Claudia Roth über ihre kulturpolitischen Projekte

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Deutschland,

Kein Antisemitismus auf der documenta, mehr Nachhaltigkeit für das umstrittene Museum der Moderne, mehr Weltoffenheit im Humboldt Forum - Kulturstaatsministerin Roth schlägt Pflöcke für ihre Arbeit ein.

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Kulturstaatsministerin Claudia Roth sorgt sich um die ukrainische Kultur. - Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Kulturstaatsministerin Claudia Roth hat fünf Monate nach ihrem Amtsantritt Eckpfeiler für wichtige kulturpolitische Projekte definiert.

Der Beginn der neuen Regierung und ihrer Arbeit sei durch den Krieg in der Ukraine und die Corona-Pandemie von einem permanenten Krisenzustand geprägt worden, sagte Roth in Berlin. Nun nannte sie auch für einige bisher nur gestreifte Themenkomplexe erste Markierungspunkte.

Kunstausstellung documenta

«Antisemitismus hat keinen Platz auf der documenta», sagte die Grünen-Politikerin. «Gleichzeitig ist Kunstfreiheit ein zentraler Punkt», betonte sie. «Deutschland mit seiner historischen Verantwortung ist ein ganz besonderer Ort, was den Umgang mit Antisemitismus angeht und was den Umgang mit der Kunstfreiheit angeht.» Zugleich wandte sich Roth gegen Kritik an der Auswahl der Künstlerinnen und Künstler. «Die Herkunft allein kann nicht bestimmend sein, was gezeigt wird und was nicht.»

Zuvor hatte der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, in einem Brief an Roth den Umgang der documenta mit Antisemitismus kritisiert. Dabei ging es unter anderem um die Zusammensetzung von Foren, die das Thema diskutieren sollen.

Dokumentationszentrum Zweiter Weltkrieg

Das Konzept für das geplante Dokumentationszentrum Zweiter Weltkrieg und deutsche Besatzungsherrschaft in Europa ist fertig. Das Kabinett soll sich laut Roth an diesem Mittwoch damit befassen. Das Projekt betrifft 27 Länder. Das Konzept entstand unter der Leitung von Raphael Gross, Präsident des Deutschen Historischen Museums.

Für die Realisierung muss allerdings noch ein geeigneter Platz in der Hauptstadt gefunden werden. Neben dem Dokumentationszentrum Zweiter Weltkrieg werden in Berlin derzeit Orte für drei weitere Gedenkstätten gesucht: für die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft, die polnischen Opfer von Krieg und Nazi-Terror sowie NS-Opfer unter den Zeugen Jehovas, einer der ersten von den Nationalsozialisten verfolgten Gemeinschaft.

Kolonialismus

Die Erinnerungskultur in Deutschland will die Bundesregierung nach Angaben von Roth weiter fassen und dabei auch Dekolonialisierung berücksichtigen. Bei den Gesprächen mit Nigeria über die als koloniales Raubgut geltenden Benin-Bronzen gibt es Fortschritte.

Etwa 1100 der kunstvollen Objekte aus dem Palast des damaligen Königreichs Benin, das heute zu Nigeria gehört, sind in rund 20 deutschen Museen zu finden. Die Kunstschätze stammen grösstenteils aus den britischen Plünderungen des Jahres 1897.

Mit Nigeria soll bis Juli ein Abkommen zu Eigentumsübertragungen unterzeichnet werden. «Dann können Gespräche geführt werden, was davon wie und anders bei uns präsentiert werden kann», sagte Roth. Es dürfe nicht nur um die Vergangenheit gehen, sondern es sollten Konzepte für Museumskooperationen in der Zukunft erarbeitet werden.

Nachhaltigkeit

Roth hat eine Abteilung Kultur und Nachhaltigkeit geschaffen. Dort soll sich ein sogenannter Green Culture Desk mit Wirtschaft und Institutionen koppeln. Eng werde dabei mit dem Umweltbundesamt zusammengearbeitet.

Ein Knackpunkt ist etwa das in Berlin geplante Museum der Moderne. An dem für 450 Millionen Euro geplanten Teil der Nationalgalerie ist neben dem Finanz- auch das Energiekonzept umstritten. Der vom Bund finanzierte Bau soll 2026 fertig sein. Er geht auf einen Entwurf der Schweizer Stararchitekten Herzog & de Meuron zurück, die auch die Elbphilharmonie in Hamburg oder die Allianz Arena in München gebaut haben.

Die Debatte um das Museum hat aus Sicht Roths bereits zu mehr Nachhaltigkeit geführt. Diese müsse nun noch verbessert werden.«Das wird keine Elite-Scheune, sondern wird zeigen, was Museum im 21. Jahrhundert bedeutet.» Bei Gesprächen mit der Stiftung Preussischer Kulturbesitz, Museum und Architekten habe es eine grosse Offenheit gegeben, inzwischen seien bereits Vorschläge eingebracht, wie ein nachhaltigeres Museum aussehen könne. Das Gebäude müsse alle Nachhaltigkeitskriterien erfüllen, betonte Roth.

Stiftung Preussischer Kulturbesitz

Die geplante Reform von Deutschlands wichtigster Kultureinrichtung ist umstritten. Roth will im Juni alle Beteiligten aus Museen und Einrichtungen an einen Tisch bringen. «Wir brauchen eine inhaltliche Klammer bei grosser Autonomie der einzelnen Häuser», sagte Roth.

Die Stiftung gilt als zu behäbig, ihre Museen international nicht auf der Höhe ihrer Möglichkeiten. Zur von Bund und Ländern getragenen Stiftung mit rund 2000 Mitarbeitern gehören etwa die Staatlichen Museen in Berlin. Einer Analyse des Wissenschaftsrates zufolge ergeben sich unklare Entscheidungsprozesse durch die Konstruktion. Der Stiftungsrat hatte zuletzt beschlossen, mit der geplanten Reform die Autonomie von Museen, Bibliotheken, Archiven und Forschungseinrichtungen zu stärken.

Humboldt Forum

Das Humboldt Forum in Berlin muss sich laut Roth zu einem Ort der Weltoffenheit entwickeln. «Das Humboldt Forum ist eine Riesenbaustelle», sagte die Kulturstaatsministerin. Die mangelnde Weltoffenheit führt sie auch zurück auf das umstrittene Kreuz auf der Kuppel des Baus, eine Inschrift, die eine Unterwerfung aller Menschen unter das Christentum fordert, sowie auf fehlende Transparenz bei umstrittenen Spenden.

Das 680 Millionen Euro teure Humboldt Forum gestalten die Stiftung Preussischer Kulturbesitz mit zwei ihrer Museen, das Land Berlin, die Humboldt-Universität und die Stiftung Humboldt Forum. Die Struktur ist aus Sicht Roths verbesserungswürdig. Es sei nicht klar, wer eigentlich der Verantwortliche ist. Kreuz und Inschrift müssten eingeordnet werden.

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