Es blüht die Kirsche - und die Instagram-Tauglichkeit

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Deutschland,

Viele Menschen suchen ihre Ausflugs- und Ferienziele heutzutage danach aus, wo sie die besten Bilder machen können. Für Orte, die jahrelang eher als Geheimtipp galten, ist das eine grosse Chance - und auch ein Risiko.

Auf der Heerstrasse in Bonn blühen die Kirschbäume. Foto (2018): Kevin Kurek Foto: Kevin Kurek
Auf der Heerstrasse in Bonn blühen die Kirschbäume. Foto (2018): Kevin Kurek Foto: Kevin Kurek - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Vor einiger Zeit stand eine Koreanerin im Geschäft von Victoria Harlos in Bonn, sie war etwa 20 Jahre alt und sie sagte: «Jeder in meiner Generation kennt diese Strasse.»

Das war insofern verwunderlich, weil die Strasse, in der Harlos ihr Geschäft betreibt, vor gar nicht langer Zeit selbst vielen Bonnern nicht so wirklich gut bekannt war. Es ist die Heerstrasse in der Bonner Altstadt, früher mal ein in die Jahre gekommenes Handwerkerviertel. Heute ist sie ein Sehnsuchtsort, auch in Asien. «Das kommt durch Instagram», sagt Harlos. «Durch die sozialen Medien gibt es keine Grenzen mehr.»

Der Grund, warum die Bonner Heerstrasse und einige Strassen drumherum so bekannt geworden sind, ist rosa und in diesen Tagen hier und da bereits zu sehen, wenn man den Kopf nach oben reckt: die Kirschblüte. Japanische Blütenkirschen gibt es zwar auch in anderen Städten, aber selten sind sie so romantisch bis kitschig arrangiert wie in der Bonner Altstadt. Auf dem Höhepunkt, der sehr vom Wetter abhängt, wähnt man sich unter einem rosa Himmel, der sich zwischen den dicht gedrängten Häusern aufspannt. Auf diesen Höhepunkt der Blüte bereitet sich das Viertel gerade wieder vor. Lange wird es nicht mehr dauern.

Das Farbspektakel lockt mittlerweile Touristen aus aller Welt an - vor allem jene mit Kamera und dauergezücktem Smartphone. Die Bonner Kirschblüte ist Zucker für die Augen und daher begehrtes Bildmotiv. Schon immer kamen viele Hobbyfotografen, in den vergangenen Jahren hat alles aber noch mal eine neue Dynamik bekommen. Mit den neuen sozialen Medien sind Fotos zu einer Art Trophäe geworden.

Die «Instagramability» - also grob gesagt die Fähigkeit eines Ortes, im Foto-Netzwerk Instagram gut auszusehen - gilt im Tourismus mittlerweile als harte Währung. Vor allem junge Leute stehen darauf. Eine Studie des Ferienhaus-Versicherers Schofields Insurance ergab 2017, dass 40 Prozent der 18- bis 33-Jährigen ihre Reiseziele nach deren «Instagramability» aussuchen. Auf dem Globus gibt es einige Flecken Erde, die so zu regelrechten Wallfahrtsorten geworden sind, etwa der Felsvorsprung Trolltunga in Norwegen.

Allerdings muss man gar nicht so weit schauen, um ähnliche Phänomene zu entdecken. Beispielsweise den Eifelort Monschau mit seinen Fachwerkhäusern. Früher kamen viele Rentner zum Kuchenessen, heute findet man unter dem Hashtag #monschau auf Instagram mehr als 50 000 Einträge. «Bekannte Instagramer waren dort und ihre Fans reisen ihnen hinterher», erklärt Julie Sengelhoff von Tourismus NRW. Ein weiteres Beispiel: das Städtchen Freudenberg im Siegerland, das im Winter wie ein Märchendorf erscheint. Immer häufiger werden Bilder seiner Fachwerkhäuschen nun in die Instagram-Timelines gespült.

Kontrolle über die Wanderbewegungen der Social-Media-Touristen hat man allerdings kaum. Das gilt auch im Negativen, denn natürlich besteht immer die Gefahr, schlichtweg überrannt zu werden.

Auch die Bonner Kirschblüte hat in der Richtung Erfahrungen gemacht. Im vergangenen Jahr tauchten plötzlich Plakate auf, auf denen Unbekannte ankündigten, 7000 Kupfernägel in die Bäume zu schlagen, sollte der «Fotowahnsinn» nicht gestoppt werden. Die Bonner Polizei konnte die Urheber zwar bislang nicht ermitteln, schaut nun aber «mit anderen Augen» auf das Ereignis, wie ein Sprecher sagt.

Für Victoria Harlos blüht die Kirsche mittlerweile quasi ganzjährig. In ihrem Geschäft kann man Leinwände, Postkarten und vieles mehr kaufen, auf denen sie zu sehen ist. Zudem betreibt sie einen Blog mit einem Kirschblüten-Liveticker. In Japan war sie im Übrigen noch nie. «Die Bilder, die ich aus Japan gesehen habe, sind nett», sagt sie. «Aber nicht so atemberaubend wie das hier.»

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