Rolling Stones Album: Mit neuem Schwung und alten Stärken
Nach 18 Jahren veröffentlichen die Rolling Stones wieder ein Album mit neuen Songs. Auf «Hackney Diamonds» zeigen sich die Rockikonen in Bestform.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Rolling Stones kehren mit einem neuem Album zurück.
- Ganze 18 Jahre nach ihrem letzten Studioalbum.
- Diesmal jedoch ohne den verstorbenen Schlagzeuger Charlie Watts.
Nein, nach der Musik einer Rentnerband klingt «Hackney Diamonds» wahrlich nicht. Ganz im Gegenteil. Auf ihrem neuen Album legen die drei verbliebenen Rolling Stones auf: Mick Jagger (80), Keith Richards (79) und Ronnie Wood (76).
Sie bringen eine Energie an den Tag, die vielen halb so alten Musikern fehlt.
Es fehlte der Druck
«Lass die Alten weiter glauben, dass sie jung sind.», singt Jagger in einer Strophe der hervorragenden Blues-Ballade «Sweet Sound Of Heaven». Es klingt wie das inoffizielle Motto dieser legendären Rockband.
Ganze 18 Jahre sind seit «A Bigger Bang», dem letzten Rolling Stones Album mit neuen Songs, vergangen. Seitdem tourten die Stones um den Globus, veröffentlichten das Covers-Album «Blue & Lonesome» und ein paar Singles. «Wir haben viel aufgenommen, aber es fehlte der Druck.», sagt Jagger bestens gelaunt im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in London.
«Es gab weder eine Deadline, noch hat der Produzent es vorangetrieben.» Irgendwann verlor der Sänger, der sich trotz tiefer Falten eine jugendliche Aura bewahrt hat, die Geduld.
Arbeiten wie früher
«Ich hab zu Keith gesagt: Lass es uns anders machen, weil das nicht in die richtige Richtung zu laufen scheint.», erzählt Jagger, der seit den 1970er Jahren hinter den Kulissen de facto der Boss ist.
«Lasst uns eine Deadline festlegen. Lasst uns ins Studio gehen, (...) und dann so arbeiten, wie wir das früher getan haben(...)»
Wenige Monate später war das Rolling Stones Album «Hackney Diamonds» im Kasten und der Frontmann zufrieden. «Wir waren nur eine Woche zu spät dran, das war also nicht schlecht.»
Erstes Rolling Stones Album ohne Charlie Watts
Nach dem Tod von Schlagzeuger Charlie Watts ist «Hackney Diamonds» das erste Album mit dessen Nachfolger Steve Jordan. Watts hatte ihn noch selbst empfohlen, als es ihm gesundheitlich schon nicht mehr so gut ging. Menschlich wiegt der Verlust von Watts schwer. Musikalisch ist der Wechsel am Schlagzeug aber zugleich eine Chance.
«Es ist ein ganz anderes Gefühl, mit einem anderen Schlagzeuger in der Band zu spielen. Er verändert die Dynamik massgeblich.», bestätigt Jagger. «Er trommelt viel härter als Charlie, lauter, deutlich lauter.»
Das fiel schon bei der Tournee zum 60. Bandjubiläum auf – und bei der ersten Single «Angry» mit ihrem kernigen Gitarrenriff. So viel Dampf auf dem Kessel hatten die Rolling Stones zuletzt auf ihrem genialen 1986er-Album «Dirty Work».
Auch Charlie Watts spielt mit
Charlie Watts ist auf «Hackney Diamonds» ebenfalls zu hören. Zwei Tracks wurden vor seinem Tod aufgenommen. Neben Watts spielt ausserdem der ehemalige Stones-Bassist Billy Wyman mit, der von 1962 bis 1993 zur Band gehörte. Obendrein klimpert Elton John am Klavier – ein kleiner Gefallen unter alten Musikerfreunden.
Nicht der einzige, denn bei «Sweet Sound Of Heaven» sitzt Stevie Wonder an den Tasten. Die soulige Blues-Ballade ist ein Highlight des Albums. Doch wenn Lady Gaga zu singen beginnt, emanzipiert sich die neue Single vom alten Stones-Klassiker aus dem Jahr 1969. Im Finale liefern sich der 80-jährige Jagger und die 37-jährige Lady Gaga ein unterhaltsames Stimmen-Duell.
Weiteres Album wäre keine Überraschung
Sollte dies das letzte Rolling Stones Album sein, wäre es ein würdiges Finale. «Hackney Diamonds» ist vielseitig, mitreissend, zeitlos und wahrscheinlich das beste Studioalbum der Rolling Stones seit 30 Jahren. Allerdings hat das Trio nach eigener Aussage so viele Songs aufgenommen, dass ein weiteres Album keine Überraschung wäre.
Ans Aufhören denken die Rolling Stones jedenfalls nicht, solange ihre Gesundheit mitspielt. Mick Jagger, der nach eigener Aussage jeden Tag im Fitnesstudio trainiert und regelmässig tanzt, plant schon weiter. «Wir hoffen auf Tournee zu gehen», verrät der 80-Jährige. «Und ich hoffe, dass wir einige der neuen Songs spielen werden.»