The Blessed Madonna zeigt Freude und Schmerz auf Debütalbum
Als DJ bespielt The Blessed Madonna bekannte Clubs von Chicago bis Ibiza. Nun gibt es das erste eigene Album.
Auf den Dancefloors dieser Welt ist The Blessed Madonna eine feste Grösse. Nicht umsonst erhielt sie 2016 den Titel als DJ des Jahres vom tonangebenden Magazin «Mixmag». Mit Popsängerin Dua Lipa machte sie 2020 deren zweites Album clubtauglich, in der Remix-Version «Club Future Nostalgia». Nun veröffentlicht Marea Stamper, wie The Blessed Madonna mit bürgerlichem Namen heisst, das erste eigene Album «Godspeed».
Darauf beweist sie, dass sie mit elektronischer Musik nicht nur zum Tanzen, sondern auch zum Nachdenken bewegen kann. «Vielleicht wollte sich ein Teil von mir vorstellen, was wäre, wenn es bei Dance-Musik nicht nur darum ginge, auf Ibiza high zu sein», erklärt Stamper, wohnhaft in London und gebürtig aus den USA, im Interview der Deutschen Presse-Agentur. «Ich fühlte mich hungrig nach Risiko und Schmerz und Freude.»
Mit treibenden Discohouse-Beats und hellen Klavierakkorden, aber auch unterschiedlichsten Einflüssen durch Sängerinnen und Sänger aus dem Gospel-, RnB- oder auch Folkpop-Bereich strahlen die Songs auf «Godspeed» viel Freude aus und laden zunächst dazu ein, sich auf der Tanzfläche gehen zu lassen.
In «Edge of Saturday Night» beispielsweise singt die Popikone Kylie Minogue davon, wie die Party an einem Montagmorgen einfach weitergeht und dieser so wieder zur Samstagnacht wird. Den Song präsentierten die beiden im Sommer gemeinsam in einem Club auf Ibiza. Ansteckend gute Laune versprüht auch «Serotonin Moonbeams» mit Klängen, die einem fröhlichen Pfeifen ähneln. Dazu leiht Sängerin Uffie dem bereits veröffentlichten Song ihre zuckersüsse Stimme.
Gleichzeitig Verbindungselement und Bremsschwelle
Für The Blessed Madonna geht es auf «Godspeed» aber vor allem um bittere Themen – den Lauf der Zeit und Verlust. Der titelgebende Ausdruck wird verwendet, um jemandem alles Gute auf einem neuen Weg zu wünschen – oder sich auch zu verabschieden. Als roter Faden zieht sich das Ticken einer Uhr durch das Album, das mal mehr, mal weniger stark zu hören ist. Ob die Uhr vorwärts oder rückwärts tickt, müsse man selbst entscheiden, erläutert Stamper. Es gehe um das Bewusstsein dafür, dass Zeit verstreicht. «Wir alle versuchen, die Zeit zu schlagen.»
Stampers Vater starb während des Entstehungsprozesses des Albums. Das Lied «Somebody’s Daughter» entstand nur kurze Zeit später. Es ist einer der wenigen technoiden Tracks auf dem Werk – rau und hämmernd. Am Ende ist eine Aufnahme von der Stimme des Vaters zu hören, der davon spricht, wie stolz er auf sein Kind ist.
«Ich nehme die ganze Zeit heimlich Leute auf», verrät Stamper. Auch die Mutter und den Stiefvater von Stamper hört man mit Aussagen wie «Do something pretty while you can» auf dem Album, in den sogenannten Interludes. 7 von den insgesamt 24 Titeln sind als solche Einschübe ausgestaltet. Sie fungieren wie Klebstoff zwischen den einzelnen Schichten des Albums, sind gleichzeitig Verbindungselement und Bremsschwelle, die beim Hören innehalten lassen.
Und auch die eigene Stimme flicht The Blessed Madonna ein. Viele kennen sie von dem erfolgreichen House-Track «Marea (We’ve lost dancing)» von Grammy-Gewinner Fred Again. Er sampelte darauf Ausschnitte aus einem Gespräch zwischen den beiden.
Auf sozialen Medien sieht man The Blessed Madonna oft mit anderen Künstlerinnen und Künstlern. Viele Fotos zeigen, wie sie andere umarmt, sie strahlt Herzlichkeit aus. Um das Thema dreht es sich bei «Secretariat». Das Lied ist benannt nach einem erfolgreichen US-amerikanischen Rennpferd. Nach seinem Tod wurde laut Stamper bei einer Untersuchung festgestellt, dass er ein extrem grosses Herz hatte.
Manchmal habe sie das Gefühl, selbst zu viel Herz zu haben, sagt Stamper dazu, und ergänzt: «Ich glaube, es ist sehr wichtig, zu lernen, mit etwas mehr Herz zu leben.» Sie wollte, dass jemand durch die Musik etwas über sie erfährt. Das ist ihr gelungen. Auf «Godspeed» kombiniert sie Schmerz und Freude zu tanzbaren Songs und erzählt dabei die eigene Geschichte.