Abstimmungen: Wirtschaft und Bauern wollen Volk zurückgewinnen
Wirtschaftsverbände und Bauern spannen im Hinblick auf die kommenden Abstimmungen zusammen. Es geht um die politische Macht im Land – und auch um viel Geld.
Das Wichtigste in Kürze
- Am 25. September entscheidet das Volk über AHV, Tierhaltung und die Verrechnungssteuer.
- Economiesuisse, Arbeitgeber, der Gewerbeverband und der Bauernverband spannen zusammen.
Heute Mittag traten die Präsidenten von Economiesuisse, Arbeitgeberverband, Gewerbeverband und Bauernverband gemeinsam vor die Medien. So viel wirtschaftspolitische Macht in einem Raum macht klar: Es muss wichtig sein.
Tatsächlich lancierten die vier Männer nicht bloss eine Kampagne zu den kommenden Abstimmungen, sondern gleich deren drei. Sowohl die AHV-Reform, die Abschaffung der Verrechnungssteuer und auch die Massentierhaltungsinitiative seien zentrale Vorlagen für Wirtschaft und Landwirtschaft.
Das erstaunt insofern, weil schwammig ist, wieso sich Bauern an vorderster Front gegen die Verrechnungssteuer auf Obligationen stark machen. Gleichzeitig interessiert sich der Arbeitgeberverband neuerdings für Details rund um die Tierhaltung.
Verbände finanzieren Kampagnen der Parteien
Klar ist: Bei der Monster-Offensive der Schweizer Wirtschaft geht es um viel Geld. Hinter dem gemeinsamen Auftritt steht ein Deal zwischen Bauern und der Wirtschaft. Sie unterstützen sich gegenseitig und sorgen dafür, dass die bürgerlichen Parteien Abstimmungskampf in ihrem Sinn machen.
Das erscheint den Verbänden offenbar nötig. Tatsächlich verlor «die Wirtschaft» jüngst wichtige Abstimmungen, zuletzt etwa jene über die Abschaffung der Stempelsteuer. Das soll nicht mehr passieren, deshalb greifen sie tief in die Taschen.
Gemäss nicht dementierten Berichten soll der Bauernverband SVP, FDP und Mitte je 80'000 Franken zustellen für den Einsatz gegen die Massentierhaltungsinitiative. 100'000 Franken kassieren sie für ihren Kampf gegen die Verrechnungssteuer, gar 150'000 Franken sollen seitens der Arbeitgeber an die Parteien für die AHV-Kampagne fliessen.
Chefs verheimlichen Details zu Monster-Kampagnen
Zusätzlich dürften die mächtigen Verbände auch selbst ordentlich Geld investieren im Hinblick auf den grossen Abstimmungssonntag. Um wie viel es geht, bleibt indes auch nach der heutigen Medienkonferenz unklar.
Den Berichten zufolge wären es über 300'000 Franken pro Partei, also weit über eine Million Franken, die Economiesuisse und Bauernverband investieren. Auf Anfrage sagt Economiesuisse-Chef Christoph Mäder im Interview: «Wir kommentieren die Zahlen nicht».
Es sei aber sicher so, dass die Zusammenarbeit für die bürgerlichen Parteien schwieriger sei als für die Verbände. Sie seien ja auch Konkurrenten im Wahlkampf. Gemeinsam wolle man aber eine bessere Einheit hinbekommen.
Mitte-Nationalrat Markus Ritter, Präsident des Bauernverbands, räumt dagegen ein, dass man auch auf Verbandsebene durchaus Differenzen habe. Ein Beispiel sei der Freihandel: «Hier haben wir natürlich grundsätzlich unterschiedliche Ansichten. Aber da ist es dann wichtig, dass man die unterschiedlichen Anliegen einbringen und in eine, gemeinsame Verhandlungsposition zusammenführen kann.»
Dass gegenwärtig noch keine Plakate zur Verrechnungssteuer oder der AHV-Vorlage bei Bauernhöfen zu sehen sind, habe einen simplen Grund. Mehr als sechs Wochen vor einer Abstimmung gebe es keine Bewilligungen dafür: «Ich musste meinen Bauern sagen: Ihr müsst warten, sonst gibt es Probleme.»
Deshalb seien heute lediglich Fahnen gegen die Massentierhaltungsinitiative zu sehen – diese seien erlaubt. Ab nächster Woche würden die Bauern aber auch für die AHV und die Verrechnungssteuer plakatieren. Sicher ist: Ab 2023 gelten im Hinblick auf Transparenz in der Parteifinanzierung neue Regeln.