AHV: Ehepaare erhalten mehr Geld – weil sie länger leben
Die Mitte will mit einer Initiative die Heiratsstrafe in der AHV kippen. Je nachdem, wie man die Zahlen anschaut, gibt es diese Diskriminierung aber gar nicht.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Mitte will die sogenannte Plafonierung der AHV-Renten für Ehepaare aufheben.
- Diese sorgt dafür, dass Verheiratete weniger Geld erhalten als Unverheiratete.
- Wenn man andere Faktoren miteinbezieht, ist diese Diskriminierung jedoch nicht vorhanden.
Sind Ehepaare in der Schweiz finanziell benachteiligt? Ja, sagt die Mitte – und dies sogar auf mehreren Ebenen.
Einerseits ist dies bei den Steuern, wo Ehepaare mehr zahlen als unverheiratete Paare, der Fall. Dort setzt die Mitte mit ihrer Initiative «für faire Steuern» an. Die Ehe soll gegenüber anderen Lebensformen nicht mehr benachteiligt werden, so die Forderung.
Andererseits gibt es diese sogenannte «Heiratsstrafe» auch bei der Altersvorsorge. Ehepaare erhalten nämlich weniger AHV als unverheiratete Paare – oder?
Verheiratete leben länger – und beziehen länger AHV
In der Theorie ist das korrekt. Denn zwei verheiratete Personen erhalten zusammen höchstens 150 Prozent der maximalen Einzelrente. Das ist ein Nachteil gegenüber den 200 Prozent, die für unverheiratete Paare möglich sind.
In der Praxis sieht es jedoch etwas anders aus, wie die «NZZ» berichtet. Denn wenn man die Lebenserwartung berücksichtigt, bekommen Ehepaare je nachdem sogar mehr Geld.
Die Zeitung beruft sich auf eine neue Analyse des Bundes. Demnach sterben ledige Männer statistisch gesehen sechs Jahre früher als verheiratete. Bei den Frauen sind es vier Jahre.
Wenn man die Lebenserwartung beim Eintritt ins Pensionsalter anschaut, dann fällt der Unterschied kleiner aus. Aber er existiert immer noch. Bei den Männern sind es 3,8 Jahre – bei den Frauen 2,9.
Experte spricht sogar von «Ehebonus»
Andreas Zeller, Vorsorgeexperte und ehemaliger Chef einer AHV-Ausgleichskasse, sagt gegenüber der «NZZ»: «Berücksichtigt man alle Zahlungsströme, so sind die Eheleute sogar bevorzugt. In der AHV besteht somit keine Heiratsstrafe, sondern im Gegenteil ein Ehebonus.»

Ein Grund dafür ist die erwähnte Lebenserwartung. Laut Berechnungen von Zeller finanzieren die ledigen und geschiedenen Personen die verheirateten mit 1,5 Milliarden Franken jährlich. Dies, wenn man die längere Rentendauer der Eheleute berücksichtigt.
Dazu kommt unter anderem die Witwen- oder Witwerrente, die ein Ehepartner im Todesfall erhält. Von der profitieren ebenfalls die verheirateten Paare. Dort kommen weitere zwei Milliarden Franken zusammen. Weiter erhalten hinterbliebene Personen einen Verwitwetenzuschlag aus der AHV – Kostenpunkt 1,5 Milliarden.
Mitte-Initiativen im Parlament
Egal, wie man die Zahlen dreht und wendet. Klar ist: Das Thema wird die Schweizer Politik weiterhin beschäftigen.
Letztlich dürfte das Volk das letzte Wort haben. Sowohl bei den Steuern als auch bei der AHV wird irgendwann an der Urne über die Abschaffung der «Heiratsstrafe» entschieden. Beide Begehren sind derzeit im Parlament – der Bundesrat lehnt sie ab.