Alain Berset und das Schweigen der Sozialdemokraten
Nach dem Irrflug von Alain Berset werden Rücktrittsforderungen laut. Seine Gegner klopfen Sprüche, seine SP schweigt aber weiterhin eisern.
Das Wichtigste in Kürze
- Nach seinem Irrflug sieht sich Alain Berset mit Rücktrittsforderungen konfrontiert.
- Von seiner SP gibt es weiterhin keine Stellungnahme zum bizzarren Vorfall.
Über Bundesrat Alain Berset wurden zuletzt wiederholt «Privatsachen» publik, die ihn arg in Bedrängnis bringen. Zuerst versuchte seine Geliebte ihn zu erpressen. Danach folgte die Kündigung seines Kommunikationschefs, über die reichlich Spekulationen kursieren. Und nun wurde Alain Berset von französischen Kampfjets abgefangen, nachdem er mit einem gemieteten Kleinflugzeug in eine Sperrzone geflogen war.
Beim Erpressungsskandal wurde Berset von beiden Geschäftsprüfungskommissionen des Parlaments entlastet. Auch für seinen Ex-Mitarbeiter gilt die Unschuldsvermutung. Und bei seinem Cessna-Ausflug in Frankreich war er als Privatperson unterwegs – keine Staatsaffäre also.
Alain Berset: Seine SP schweigt
Auch dass Berset eine ehemalige Geliebte an Heiligabend 2012 im Flieger herumchauffierte, wie die «Weltwoche» heute aufdeckte, ist privat. Und doch wird es nach der Häufung an Eskapaden langsam eng für den SP-Bundesrat.
«Ein solches Hobby ihres prominentesten Vertreters macht die Klimapolitik der SP komplett unglaubwürdig», sagt SVP-Nationalrat Christian Imark gegenüber Nau.ch. Mit dieser Meinung ist er nicht allein, wie ein Blick in die sozialen Medien zeigt.
Seine Partei schweigt derweil eisern. Sowohl die Anfrage an Co-Präsidentin Mattea Meyer sowie Fraktionschef und Klimapapst Roger Nordmann blieben unbeantwortet.
Selbst die offizielle Medienstelle beantwortet entsprechende Anfragen nicht einmal. Auch in den sozialen Medien herrscht seither Funkstille – zumindest in dieser Thematik. Stattdessen versucht die SP auf Twitter den Fokus auf Karin Keller-Sutter zu lenken.
Karin Keller-Sutter hat die #Überwachung einer kantonalen Sektion der @Jusoschweiz genehmigt. Ein inakzeptabler Eingriff in die politische #Freiheit, der stark an den Fichen-Skandal erinnert. Diese unverhältnismässige Entscheidung muss vollständig aufgeklärt werden. (1/3)
— SP Schweiz (@spschweiz) July 14, 2022
Rücktrittsforderungen werden lauter
Derweil kursieren in Deutschschweizer Medien Kommentare, die Alain Berset einen Rücktritt nahelegen, so etwa beim «Tamedia»-Verlag. Auch beim «Blick» scheint der Geduldsfaden gerissen: Berset werde für unser Land allmählich zur Belastung, urteilt die Zeitung. Wenig überraschend fragt Roger Köppels «Weltwoche» am lautesten, wann eigentlich genug sei.
Subtiler geht es die NZZ an. In der Schweiz werde von Politikern erwartet, dass sie selbst merken, wann Schluss sein muss. Sonst würden es früher oder später die Wähler an der Urne oder im Parlament richten. Falls Berset die Signale nicht höre, seine Partei höre sie bestimmt.
Ob die SP die Signale hört und wie sie diese interpretiert, ist noch nicht bekannt. Offensichtlich ist aber, dass ihr Schweigen mit jedem Tag ohrenbetäubender wird.