Alpenschützer wollen gegen Diesel-LKWs vorgehen
Gemäss Alpeninitiative passieren noch immer zu viele LKWs die Alpen. Nun erwägt der Verein einen Frontalangriff auf CO2-Schleudern. Die Lastwagenbranche warnt.
Das Wichtigste in Kürze
- 941'000 Lastwagenfahrten gab es 2018 durch die Alpen.
- Gemäss Alpeninitiative hätten die Alpentransite auf 650'000 sinken müssen.
- Grund für den Verein, eine weitere Volksinitiative zu lancieren.
Es war ein riesen Erfolg für die Alpenschützer. 1994 stimmten die Schweizer der Volksinitiative «zum Schutze des Alpengebietes vor dem Transitverkehr» – kurz Alpeninitiative – zu.
Seither heisst es in der Bundesverfassung: «Der alpenquerende Gütertransitverkehr von Grenze zu Grenze erfolgt auf der Schiene» so der Wortlaut im Artikel 84 der Bundesverfassung. Und in Artikel 196: «Die Verlagerung des Gütertransitverkehrs auf die Schiene muss zehn Jahre nach der Annahme [...] abgeschlossen sein.»
Doch die Realität sieht 14 Jahre nach Annahme der Initiative anders aus: Die Zahl der Lastwagenfahrten durch die Alpen lagt 2018 noch immer bei 941'000. Die Zahl hätte auf 650'000 sinken müssen.
Alpeninitiative erwägt weitere Initiative
Grund für die Alpenschützer erneut eine Volksinitiative zu planen. Der Verein erwägt eine Initiative mit dem Ziel, den Güterverkehr CO2-frei zu machen. «Geht es im Bundesrat und Parlament jetzt nicht rasch genug vorwärts, werden wir das Heft selber in die Hand nehmen.» Dies erklärt der Präsident der Alpeninitiative Jon Pult gegenüber dem «Tages Anzeiger».
Der SP-Politiker droht mit einem Zulassungsverbot für fossil betriebene Lastwagen ab 2030 und einem Fahrverbot auf alpenquerenden Routen ab 2035. Zudem soll ab 2020 die Schwerverkehrsabgabe (LSVA) auch an den CO2-Ausstoss von Lastwagen geknüpft werden.
Das weitere Vorgehen werde Ende Monat im Vorstand diskutiert, heisst es weiter.
Lastwägeler warnen vor Versorgungsengpässen
Kritik am Massnahmenpaket der Alpeninitiative gibt es vom Schweizer Nutzfahrzeugverband Astag. Vizedirektor André Kirchhofer warnt: «Ein Fahrverbot würde die Versorgung der Bevölkerung und Wirtschaft faktisch verunmöglichen.»
Auch ein absolutes Zulassungsverbot lehnt die Astag gemäss dem Blatt ab. Mittel- bis Langfristig seien alternative Antriebe für gewisse Einsätze eine wichtige Alternative. Doch blieben Diesel-LKW «bis auf weiteres unentbehrlich».
Und zur Idee einer CO2-Abgabe meint Kirchhofer, man habe die umweltpolitischen Anliegen erfüllt. Bereits heute würden neun von zehn Transportkilometern mit neusten Euronormen 5 und 6 erfolgen. «Es besteht somit kein Anlass, die Spielregeln zu ändern.»
Positive Reaktionen aus dem Uvek
Die Vorschläge gingen «in eine interessante Richtung» heisst es beim zuständigen Departement Uvek. Ohnehin will das Departement der SP-Magistratin Simonetta Sommaruga die Verlagerung von der Strasse auf die Schiene verstärken. Ausserdem plant das Uvek die Schwerverkehrsabgabe für einen Teil der Lastwagen auf 2021 zu erhöhen.
Probleme dürfte es jedoch mit der EU geben. Markus Kern vom Institut für öffentliches Recht an der Universität Bern erklärt: Zulassungsverbote stünden im Widerspruch zum Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen zwischen der Schweiz und der EU. Die Schweiz sei verpflichtet, Lastwagen, die in der EU zugelassen sind, auch auf Schweizer Strassen zuzulassen.