Amherd-Nachfolge: Mitte findet keine Kandidatinnen – SP greift an

Alexander König
Alexander König

Bern,

Die Zeit eilt: Bis Montag müssen die Tickets der Mitte stehen. Neben Markus Ritter will bisher niemand antreten. Plant nun die SP einen Bruch der Zauberformel?

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Tiana Moser (GLP, l.) und Markus Ritter (CVP). - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die FDP hat mit Markus Ritter einen einzigen Kandidaten aufgestellt.
  • Die Mitte-Frauen fordern mindestens eine Frau unter den Tickets.
  • Doch keine will offenbar antreten – nun wird gemunkelt, dass die SP einen Angriff plant.

Bis Montag muss die Mitte ihre Kandidatinnen und Kandidaten für die Nachfolge von Bundesrätin Viola Amherd präsentieren.

Doch bisher ist wenig geschehen, einzig Markus Ritter steht als Kandidat.

Nun spielt die SP mit dem Gedanken, mit Tiana Angelina Moser eine grünliberale Frau vorzuschlagen.

Plant SP Bruch der Zauberformel?

Denn die sogenannte Zauberformel ist rechtlich nicht bindend und auch nicht verpflichtend.

Nun wird laut der «Aargauer Zeitung» gemunkelt, dass die SP den Versuch wagen könnte, sie zu brechen.

Gehört Markus Ritter (Mitte) in den Bundesrat?

Die Argumentation: Wenn die Mitte nur einen Kandidaten nominiert, könnte die SP ihrerseits eine Kandidatin aus einem anderen Lager ins Rennen schicken.

Aber von Anfang an.

Einziger Kandidat für Bundesrat: Markus Ritter

Mit dem Präsidenten des Schweizer Bauernverbands, Markus Ritter, hat die Mitte bislang nur einen einzigen offiziellen Kandidaten aufgestellt.

Einen Kandidaten, dessen Englisch gerade mal reicht, «um ein Bier zu bestellen». Das sagt er selbst.

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Markus Ritters Englisch ist nach eigenen Angaben eher dürftig. - SRF

Dafür könne er gut Französisch.

Nau.ch-Bundeshausredaktor Matthias Bärlocher ironisch: Auf Französisch könne er dann nicht nur ein Bier bestellen, «sondern auch einen Kampfjet».

Tatsächlich äusserte Ritter bereits zu wissen, was er im Verteidigungsministerium (VBS) anpacken wolle.

Kritik an Ritter wegen Landwirtschaft

Die Kritik an Ritter entzündet sich allerdings nicht nur an seinen Englischkenntnissen.

Vielmehr wird befürchtet, dass eine weitere Vertretung der Landwirtschaft zu einer einseitigen Zusammensetzung des Bundesrats führen könnte.

Die Bevölkerung sei dann nicht mehr angemessen repräsentiert.

Nationalrat Balthasar Glättli (Grüne) sagte gegenüber «TeleZüri»: «So bekommt man das Gefühl, dass damit die Bevölkerungszusammensetzung von 1850 und nicht von 2025 repräsentiert wird.»

Balthasar Glättli, Parteipräsident der Grünen, zieht die Konsequenzen aus der Wahlniederlage: Er wird im kommenden Frühling sein Amt zur Verfügung stellen.
Balthasar Glättli, Parteipräsident der Grünen, sähe die Landwirtschaft mit Markus Ritter (Mitte) überrepräsentiert. - sda - KEYSTONE/PETER SCHNEIDER

Doch sogar aus den eigenen Reihen gibt es Kritik. Markus Ritter als Bundesrat?

«Für mich keine Option, wir haben genug landwirtschaftliche Vertreter im Bundesrat», so SVP-Nationalrat Thomas Hurter zu «TeleZüri».

Hinzu kommt, dass Ritter – wie Karin Keller-Sutter – aus dem Kanton St. Gallen stammt.

Zudem wird ihm vorgeworfen, beim Thema Ökologisierung der Landwirtschaft auf der Bremse zu stehen.

Kein Platz für eine Frau?

Nationalratspräsidentin Barbara Dürr bescheinigt Ritter laut der «Thurgauer Zeitung» zwar, er sei ein «Frauenförderer».

Dennoch bemängelt etwa der grüne Kantonsrat Daniel Bosshard: «Es kann nicht sein, dass mehr Bauernvertreter im Bundesrat sitzen als Frauen.»

Daniel Bosshard
Auch der grüne Kantonsrat Daniel Bosshard gibt Ritter eine Abfuhr. - keystone

Die Mitte-Frauen sehen das ähnlich und fordern eine weibliche Kandidatur. Dumm nur: Keine will. Die Liste an Absagen für die Bundesratswahlen ist lang.

Zuerst liebäugelt die Mitte mit Isabelle Chassot. Sie war von 2013 bis 2021 Vorsteherin des Bundesamts für Kultur (BAK) und ist seit 201 Ständerätin.

chassot
Isabelle Chassot (Mitte) lehnt ab. - sda - KEYSTONE/ANTHONY ANEX

Auch Ständerätin Heidi Z’graggen und mehrere Regierungsrätinnen lehnen ab.

Laut der «Aargauer Zeitung» versucht man zudem, die Zürcher Nationalrätin Nicole Barandun zu einer Kandidatur zu bewegen.

Barandun ist allerdings erst seit 2023 im Nationalrat.

Die Zeit drängt. Doch auch Elisabeth Schneider-Schneiter zögert. Schon nach dem Rücktritt von Doris Leuthard 2018 wollte sie in den Bundesrat, wurde jedoch nicht nominiert.

Tiana Angelina Moser als Kandidatein: SP mit Plan B?

In den Reihen der Mitte findet sich also bisher keine Frau.

Nun spielt die SP offenbar mit dem Gedanken, eine Kandidatin aus den Reihen der Grünliberalen vorzuschlagen.

Laut der «Aargauer Zeitung» ist der Name der Zürcher Ständerätin Tiana Angelina Moser (GLP) gefallen.

Tiana Angelina Moser
Tiana Angelina Moser will in den Ständeratssitz. - keystone

Einige Parlamentarier der SP-Fraktion seien der Meinung: Sollte die Mitte nur Ritter präsentieren, müsse Moser als Gegenkandidatin geprüft werden.

Hier wurde die Zauberformel schon einmal gebrochen

Die Zauberformel wurde 1959 etabliert: zwei Sitze für FDP, Konservativ-Christlichsozialen Volkspartei (heute CVP) und SP sowie ein Sitz für die BGP (heute SVP). Doch sie ist nicht unantastbar:

2003 erhält die SVP, in den 90er Jahren zur wählerstärksten Partei geworden, einen zweiten Sitz auf Kosten der CVP.

Das Parlament wählt Christoph Blocher und durchbricht damit erstmals seit 1959 die Zauberformel.

Christoph Blocher
Blocher über Biden & Auswandern wegen Juso-Initiative - keystone

Zum zweiten Bruch kommt es 2007. Zwar schlägt die SVP Blocher zur Wiederwahl vor. Doch gewählt wird Eveline Widmer-Schlumpf (damals SVP).

Es folgt die Spaltung der SVP und Gründung der BDP.

Nach dem Rücktritt von Widmer-Schlumpf erhält die SVP 2015 ihren zweiten Sitz zurück.

Bis heute hat die CVP (heute «Die Mitte») ihren zweiten Sitz nicht wiedererlangt. Während die SVP weiter zwei Sitze hält und die Grünen auch trotz Wahlerfolg in den letzten Jahren keinen.

Kommentare

_b

"Angriff ist die beste Verteidigung": Die SP fuerchtet, Ihren Sitz dereinst an die Gruenen zu verlieren. Im Moment sind Baume und Jans noch im Sattel, gerade bei ersterer ist es aber absehbar, dass sie abtritt. mit der moserin wuerden sie zudem evtl. beat walti als nachfolger fuer cassis verhindern.

User #3315 (nicht angemeldet)

Dann bitte sofort Baume Schneider anwählen, wenn die SP die Zauberformel aufgibt.

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