Antisemitismus an Corona-Demonstrationen soll bestraft werden
Antisemitische Verschwörungstheorien und Holocaust-Verharmlosungen gehören bei Corona-Demonstrationen dazu. Der Bundesrat soll nun genauer hinschauen.
Das Wichtigste in Kürze
- Corona-Skeptiker vergleichen die aktuelle Lage oft mit Holocaust und Faschismus.
- Mitte-Nationalrätin Marianne Binder zeigt sich über den wachsenden Antisemitismus besorgt.
- Der Bund soll die Lage analysieren und wenn nötig Sanktionen ergreifen, fordert sie.
Während der Pandemie sind schon viele Holocaust-Vergleiche und Verharmlosungen gezogen worden. So viele, dass die Worte und Symbole fast schon an Bedeutung verloren haben.
«Es ist schlicht unerträglich», sagt Mitte-Nationalrätin Marianne Binder. «Die Gleichgültigkeit gegenüber antisemitischen und rassistischen Aktionen und Aussagen ist gewachsen.» Was die Aargauerin aber vor allem betroffen mache, sei die «Geschichtslosigkeit, die wir beobachten».
Das soll sich mit ihrem am Donnerstag eingereichten Postulat ändern. Der Bundesrat soll einen Bericht rund um «Erkenntnisse über antisemitische Vorfälle an Kundgebungen [...] von Corona-Massnahmengegnern» erstellen, steht darin.
So könnte der Bund früh «radikale Entwicklungen» erkennen und eventuelle Vorfälle sanktionieren. Binder schwebt auch vor, an Schulen den «Holocaust wieder richtig einzuordnen». Unterstützt wird ihre Anfrage an den Bundesrat von Vertretenden aller Fraktionen.
Antisemitismus «schwappt von den Tiefen des Internets hinauf»
Ein Davidstern mit der Aufschrift «Nicht geimpft», ein Hitler-Gruss an einer Demonstration, den rücksichtslosen Gebrauch des Begriffs «Faschismus»: Solche Vorfälle hätten sich während der Pandemie gehäuft, steht zudem im Postulat der Mitte-Politikerin.
Diese Aussage basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die Eidgenössische Kommission für Rassismus (EKR) hat ihre aktuellste Publikation dem Thema «Fake News und Verschwörungstheorien» gewidmet. Verschwörungstheorien und Rassismus gehen Hand in Hand, schreibt die EKR, denn beide funktionieren nur mittels Stereotypisierungen und Vorurteilen. Und die ältesten, hartnäckigsten Verschwörungstheorien haben einen grossen Hang zum Antisemitismus.
Noch grösser ist das Problem laut Forschung und Nationalrätin Binder wegen Twitter, Facebook und Instagram. «Die sozialen Medien sind teilweise ein Tummelplatz irgendwelcher enthemmter Anonymer für unterirdische Aussagen und Vergleiche», enerviert sich Binder. Diese schwappten dann «von den Tiefen des Internets hinauf» und seien schliesslich an Demonstrationen sichtbar.
«Man vergleicht sich als Nichtgeimpfter nicht mit verfolgten Juden im Zweiten Weltkrieg. Punkt!», so Binder. «In Berlin wurde dies gerade als Straftat sanktioniert.»