Antisemitismus an Corona-Demonstrationen soll bestraft werden

Elisa Jeanneret
Elisa Jeanneret

Bern,

Antisemitische Verschwörungstheorien und Holocaust-Verharmlosungen gehören bei Corona-Demonstrationen dazu. Der Bundesrat soll nun genauer hinschauen.

Coronavirus Demonstration Binder Antisemitismus
Alain Berset als Adolf Hitler mit dem Schriftzug «Impfen macht frei»: Solche Verharmlosungen des Holocausts von Corona-Skeptikern will Nationalrätin Marianne Binder (Mitte/AG) sanktioniert sehen. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Corona-Skeptiker vergleichen die aktuelle Lage oft mit Holocaust und Faschismus.
  • Mitte-Nationalrätin Marianne Binder zeigt sich über den wachsenden Antisemitismus besorgt.
  • Der Bund soll die Lage analysieren und wenn nötig Sanktionen ergreifen, fordert sie.

Während der Pandemie sind schon viele Holocaust-Vergleiche und Verharmlosungen gezogen worden. So viele, dass die Worte und Symbole fast schon an Bedeutung verloren haben.

«Es ist schlicht unerträglich», sagt Mitte-Nationalrätin Marianne Binder. «Die Gleichgültigkeit gegenüber antisemitischen und rassistischen Aktionen und Aussagen ist gewachsen.» Was die Aargauerin aber vor allem betroffen mache, sei die «Geschichtslosigkeit, die wir beobachten».

Das soll sich mit ihrem am Donnerstag eingereichten Postulat ändern. Der Bundesrat soll einen Bericht rund um «Erkenntnisse über antisemitische Vorfälle an Kundgebungen [...] von Corona-Massnahmengegnern» erstellen, steht darin.

Marianne Binder Mitte Nationalrat
Nationalrätin Marianne Binder (Mitte/AG). - Keystone

So könnte der Bund früh «radikale Entwicklungen» erkennen und eventuelle Vorfälle sanktionieren. Binder schwebt auch vor, an Schulen den «Holocaust wieder richtig einzuordnen». Unterstützt wird ihre Anfrage an den Bundesrat von Vertretenden aller Fraktionen.

Antisemitismus «schwappt von den Tiefen des Internets hinauf»

Ein Davidstern mit der Aufschrift «Nicht geimpft», ein Hitler-Gruss an einer Demonstration, den rücksichtslosen Gebrauch des Begriffs «Faschismus»: Solche Vorfälle hätten sich während der Pandemie gehäuft, steht zudem im Postulat der Mitte-Politikerin.

Bereiten Ihnen die zunehmenden antisemitischen Vorfälle Sorgen?

Diese Aussage basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die Eidgenössische Kommission für Rassismus (EKR) hat ihre aktuellste Publikation dem Thema «Fake News und Verschwörungstheorien» gewidmet. Verschwörungstheorien und Rassismus gehen Hand in Hand, schreibt die EKR, denn beide funktionieren nur mittels Stereotypisierungen und Vorurteilen. Und die ältesten, hartnäckigsten Verschwörungstheorien haben einen grossen Hang zum Antisemitismus.

Kommission Rassismus Brunschwig Graf
Martine Brunschwig Graf, Präsidentin der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR). - keystone

Noch grösser ist das Problem laut Forschung und Nationalrätin Binder wegen Twitter, Facebook und Instagram. «Die sozialen Medien sind teilweise ein Tummelplatz irgendwelcher enthemmter Anonymer für unterirdische Aussagen und Vergleiche», enerviert sich Binder. Diese schwappten dann «von den Tiefen des Internets hinauf» und seien schliesslich an Demonstrationen sichtbar.

Hitler Merkel Coronavirus Demonstration
Berlin, November 2020: Ein Corona-Skeptiker vergleicht das «Bevölkerungsschutzgesetz» mit einem Gesetz von Hitler. - Keystone

«Man vergleicht sich als Nichtgeimpfter nicht mit verfolgten Juden im Zweiten Weltkrieg. Punkt!», so Binder. «In Berlin wurde dies gerade als Straftat sanktioniert.»

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