Anzahl Intensivbetten in der Schweiz seit Jahren konstant
Nau.ch vorliegende Daten zeigen: Es wurden seit Jahren weder Intensivbetten ab- noch zugebaut. Die Schweiz lag seit jeher im Mittelfeld – anders als Österreich.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Anzahl Intensivbetten in der Schweiz ist seit Jahren konstant.
- Das gilt auch während der Pandemie, zeigen Nau.ch vorliegende Daten.
- Österreich hat doppelt so viele Intensivbetten bei praktisch gleich grosser Bevölkerung.
Nachdem das BAG begonnen hatte, vielerlei Zahlen rund um die Pandemiebewältigung zu publizieren, waren die Fragen vorprogrammiert. Zum Beispiel: Warum gab es im Frühling 2020 fast doppelt so viele Intensivbetten wie aktuell?
Ein Abbau bei diesem lebenswichtigen Faktor würde in einer Pandemie ja aller Vernunft widersprechen. Insbesondere wieder jetzt, wo die Taskforce vor drohenden Zuständen wie in Österreich warnt.
Bereits Mitte Oktober lieferte der von der Armee betriebene Koordinierte Sanitätsdienst (KSD) dann Detailzahlen für 2021. Diese zeigten erstmals: Zumindest im laufenden Jahr wurde bei den zertifizierten Intensivbetten nichts abgebaut. Die Schwankungen in der Statistik resultieren von nicht-zertifizierten, sogenannten «ad-hoc» Betten. Diese stammen in der Regel aus anderen Abteilungen als der Intensivstation und werden in der Regel dort auch gebraucht.
Anzahl Intensivbetten schwankt minimal
Die berechtigte Nachfrage von nach wie vor skeptischen Nau.ch-Leserinnen und -Lesern folgte auf dem Fuss: Was ist denn aber mit 2020? Diese Zahlen konnte der KSD bis jetzt nicht liefern, aber dafür gibt es solche der Schweizerischen Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI).
Diese sind zwar nicht tagesaktuell nachgeführt, aber liegen jetzt für die letzten vier Jahre vor. Dass sie exakt sind, darf man vermuten, denn die SGI zertifiziert die Intensivstationen.
So zeigt sich, dass gegenüber «früher» und auch gegenüber 2020 die Anzahl zertifizierter Intensivbetten nicht abgebaut wurde. Im Gegenteil, sie ist sogar um zwei Dutzend Betten angestiegen, das sind aber nur ein paar Prozentpunkte. Aus einer internationalen Studie liegt eine noch ältere Angabe von 2012 vor, auch diese bewegt sich im ähnlichen Rahmen: Bei 866 Betten (heute 873).
Österreich hat doppelt so viele Betten
Dass mehr Betten nur bedingt eine Lösung sind, zeigt genau auch der von der Taskforce angesprochene Nachbar Österreich. Trotz doppelt so vieler Betten bei etwa gleich grosser Bevölkerung sind Intensivstationen dort jetzt überlastet. Auch Österreich hat in der Pandemie nicht etwa mehr Intensivbetten in Betrieb nehmen können. Schon 2012 war die Situation dieselbe: Die Schweiz im Mittelfeld, Österreich schwingt obenaus, mit ähnlich vielen Betten wie heute.
Obwohl die Pandemie so einfach etwas später zum Notstand auf der IPS führt: War die Schweiz schlechter auf Ausnahmesituationen vorbereitet? Eine natürlich nicht abschliessend zu beantwortende Frage, aber die obenerwähnte Studie gibt einige Einblicke. 2012 lag der Fokus schliesslich nicht auf der Pandemiebewältigung.
Schweiz «nur» Durchschnitt
Am Geld alleine könne es nicht liegen, fanden die Studienautoren anhand des Bruttoinlandprodukts (BIP) in US-Dollar. So kommt Österreich auf rund 200 BIP-Millionen pro Intensivbett, die doppelt so reiche Schweiz auf rund 600 BIP-Millionen. Da würde also noch einiges drin liegen, eidgenössischerseits.
Die Autoren geben aber auch zu bedenken, dass das Gesundheitssystem eine grosse Rolle spielen dürfte. Welche Art Patient liegt wie lange in einem Bett, aber auch «wenn eine Ressource da ist, wird sie auch genutzt». Dazu wurden in der Studie die Intensivbetten pro 100'000 Personen den Gesundheitsausgaben in Prozent des BIP gegenübergestellt.
Da zeigt sich: Doppelt so viele Betten könnten ein Hinweis darauf sein, warum die Gesundheitsausgaben in Österreich viel höher sind. Nicht in der Pandemie, sondern in den Jahren 2012 bis 2019. Die Schweiz dagegen liegt bei beiden Faktoren ziemlich genau im europäischen Durchschnitt.