Coronavirus: «Gleiche Lage wie in Österreich droht Mitte Dezember»
Das Wichtigste in Kürze
- Die Zahl der Corona-Infektionen und Hospitalisationen steigt weiter an.
- Bereits Mitte Dezember droht uns die gleiche Situation in den Spitälern wie in Österreich.
- BAG und Task Force informieren live aus Bern über die neusten Entwicklungen.
Die epidemiologische Lage in der Schweiz bleibt weiterhin angespannt. Eine Verdoppelung der Neuinfektionen mit dem Coronavirus findet derzeit alle zwei Wochen statt. Die höchste Inzidenz weist die Innerschweiz auf, die niedrigste das Tessin und die Romandie. Auch die Zahl der Hospitalisationen verdoppelt sich im gleichen Tempo.
Am Dienstagmorgen gab die Zulassungsbehörde Swissmedic die Auffrischungsimpfung für alle ab 16 Jahren frei. Ausserdem teilte der Bund mit, 8000 Packungen des antiviralen Arzneimittels Molnupiravir gegen das Coronavirus reserviert zu haben.
Am wöchentlichen Point de Presse analysierten BAG, Taskforce und die Genfer Kantonsärztin die aktuelle Lage. Hier finden Sie die wichtigsten Informationen:
- «Die Lage ist als sehr ungünstig einzuordnen, mit einer Tendenz zur Verschlechterung», so das aktuelle Fazit von BAG-Chef Mathys. Sowohl die Zahl der Infektionen wie der Spitaleinweisungen verdopple sich derzeit alle zwei Wochen. Das BAG stufe die Lage als kritisch ein. Es brauche nun eine Reduzierung der Kontakte und das Einhalten der Schutzmassnahmen wie Maskentragen und Abstand halten.
- Gemäss Taskforce-Präsidentin Tanja Stadler zeige sich die Verdoppelung der Zahlen auch im Abwasser. Zum Schutz der Spitäler sei eine sofortige Bremswirkung erforderlich, sei es durch Eigenverantwortung oder auferlegten Schutzmassnahmen. Im aktuellen Tempo werde sich die Schweiz bereits Mitte Dezember in der gleichen Lage befinden, wie aktuell Österreich.
- Die Wahrscheinlichkeit, dass an 3G-Veranstaltungen mit dem Coronavirus infizierte Menschen anwesend sind, ist derzeit sehr hoch. Wer aber nur getestet sei, sei gegen einen schweren Verlauf der Krankheit nicht oder weniger geschützt. Es sei deshalb wichtig, wenig Kontakte in Innenräumen zu haben und auch bei Zertifikatspflicht eine Maske zu tragen.
Hier finden Sie das Protokoll zur Medienkonferenz
15.00: Die Schutzwirkung der Impfung gegen einen sehr schweren Verlauf bei den Ältesten abgenommen, auf rund 80 Prozent, so Stadler. Bei den Jüngeren gebe es erste Daten, dass er potenziell leicht abnehmen, liege immer noch bei über 90 Prozent.
Die zweite Schutzwirkung, also dagegen, dass man sich ansteckt, habe aber über alle Altersgruppen von 95 Prozent auf ungefähr 50 Prozent nach sechs Monaten abgenommen.
Beide Schutzwirkungen können durch den Booster wieder auf 95 Prozent angehoben werden.
14.55: Tardin ruft in Erinnerung, dass Vergleiche zwischen den Kantonen und auch zwischen den Altersklassen nur eine bedingte Aussagekraft haben. Die Massnahemen und Teststrategien seien unterschiedlich, die Zahlen können man deshalb nicht einander gegenüberstellen. Kinder würden etwa in vielen Kantonen in den Schulen regelmässig getestet, Erwachsene hingegen nicht.
14.52: Die Umsetzung der Massnahmen in den Schulen sei Sache der Kantone. Man eruiere derzeit, welche Massnahmen umgesetzt werden können. Es sei aber davon auszugehen, dass es grosse Unterschiede werden gebe, so Mathys.
14.51: Der Bund hat sich Covid-Medikamente gesichert. Diese sollen ambulant verabreicht werden und so zur Vermeidung von Hospitalisierung beitragen können.
14.49: Wenn alles so weiter geht wie jetzt, würden Mitte Dezember 300 IPS-Plätze belegt sein, 400 im Januar, so Stadler. Wenn wir aber Kontakte reduzieren, dann könnten wir aber die Dynamik brechen.
14.45: Bisher wurden 2316 Zertifikate aufgrund von Antikörpertests ausgestellt, so Mathys.
14.38: «Wenn die Spitäler voll sind, leiden darunter alle», betont Stadler.
14.36: 3G-Regeln können die Zahl der Infizierten bei Veranstaltungen reduzieren. Bei den hohen Inzidenzen derzeit, sei die Wahrscheinlichkeit trotzdem sehr hoch, auf Infizierte zu treffen. «Die Geimpften und Genesenen sind zwar besser geschützt, die Getesteten aber nicht.» Deshalb sei das Tragen von Schutzmasken derzeit auch bei Zertifikatspflicht sinnvoll.
14.35: Welche Massnahmen kommen unmittelbar infrage? «Es wird nichts Neues kommen, was wir nicht gesehen haben in den letzten Monaten», so Mathys.
14.33: Im Moment sei keine Kampagne für die Booster-Impfung für über 65-Jährige geplant, so Mathys.
14:31: Frage zu den Skigebieten. Keine Masken beim Anstehen oder auf Sesselbahnen, keine Kapazitätsbeschränkungen: Ist das sinnvoll?
Die Innenräume sind der Hauptschauplatz, so Stadler. «Darauf fokussieren wir.»
14:30: Der Weg sei weiterhin klar: Kontakte reduzieren und Kontakte sicherer machen, so Mathys. «Trotz Zertifikat werden wir wohl unser Verhalten wieder anpassen müssen.»
14:28: 90'000 Impfdosen pro Tag sei eine grosse Herausforderung, so Mathys. «Die Kantone sind unterschiedlich weit.»
14.26: Was sollte der Bundesrat aus epidemiologischer Sicht unternehmen? Stadler: Der Anstieg muss gebremst werden. Das geschieht durch Reduzierung der Kontakte, dies kann in Eigenverantwortung oder man kann politisch Massnahmen ergreifen.
«Es ist sofort eine Bremswirkung erforderlich.»
14.25: Die Fragerunde beginnt. Rund 200'000 Menschen haben bereits eine Booster-Impfung erhalten, sagt Mathys.
Bis Ende November werde das BAG seine Empfehlungen auch für die Booster-Impfung aller über 16-Jährigen anpassen.
14:20: Nun spricht Aglaé Tardin, Genfer Kantonsärztin. Das ganze Land befinde sich nun eindeutig in der fünften Welle. In Genf würden sich die Fälle innert sechs Tagen verdoppeln. Die Kontaktverfolgung von infizierten Personen sei bei den Kantonen bereits am Anschlag. Falls die Corona-Zahlen weiterhin so schnell anstiegen, müssten bald auch in Spitälern Wahleingriffe verschoben werden.
Tardin ruft alle Menschen über 50 Jahre dazu auf, eine Auffrischungsimpfung machen zu lassen. Solidarität und Wohlwollen seien während einer Pandemie sehr wichtig. Zudem müssten die Hygienemassnahmen ins Gedächtnis gerufen werden.
14.11: Taskforce-Präsidentin Tanja Stadler übernimmt. Die Verdoppelung der Zahlen zeige sich auch in den Abwasser-Daten. Daher sei er nicht auf eine Zunahme der Tests zurückzuführen.
In Österreich sei die Inzidenz dreimal so hoch wie in der Schweiz, das Land im Lockdown. Die Entwicklung sei in unseren Ländern identisch, Österreich sei nur bei höheren Zahlen gestartet. Die Schweiz könne sich also Mitte Dezember in der gleichen Lage befinden, wie Österreich heute.
Bei dieser Entwicklung drohe das Spitalwesen bald zu überlasten. Wenn sich alle Ungeimpften noch impfen lassen würden, könnten über 10'000 Spitaleinweisungen vermieden werden.Der Anstieg der Fallzahlen muss aus epidemiologischer Sicht sofort gebremst werden, «wenn wir die Spitäler schützen wollen».
Durch die Booster-Impfung liessen sich noch mal die gleiche Zahl an Spitaleinweisungen verhindern.
Bei mehr als einem Drittel der Geimpften liege die zweite Dosis über ein halbes Jahr zurück. Um diese früh Geimpften, darunter auch Gesundheitspersonal, zu schützen, müssten ab sofort täglich 90'000 Menschen den Booster erhalten. Dies entspreche der Impfkapazität von Juni.
14.00: Patrick Mathys zeigt zu Beginn die aktuellen Corona-Zahlen. «Die Lage ist als sehr ungünstig einzuordnen, mit einer Tendenz zur Verschlechterung.» Die Zahlen würden sich alle zwei Wochen verdoppeln.
Die Inzidenzen hätten in allen Alterskategorien zugenommen. Am höchsten sei sie weiterhin bei den Kindern und Jugendlichen zwischen 10 und 19 Jahren.
Der Zuwachs sei nun vergleichbar mit den Infektionen. Auch die Spitaleinweisungen würden sich in rund zwei Wochen verdoppeln. Die Zahlen konzentrieren sich vor allem auf die Zentral- und Ostschweiz. Es bestehe ein deutlicher Zusammenhang zwischen den Inzidenzen und der Impfrate der Kantone.
Die Lage sei aus Sicht des BAG als kritisch einzustufen, warnt Mathys. Die Gesamtauslastung der Intensivbetten liege zwar noch bei 70 Prozent. Der Anteil von Covid-Patienten nehme aber stetig zu. In der kommenden Woche könnten bereits wieder über 200 Schwererkrankte auf Intensivstationen liegen.
Der Impfstoff von Pfizer sei für die Auffrischung freigegeben worden. Das Gesuch dazu von Moderna sei bei Swissmedic in Bearbeitung.
Mathys ruft alle dazu auf, einen Beitrag zur Bewältigung der Corona-Krise beizutragen. «Es sind die kleinen Dinge, die wir tun können. Lassen Sie sich impfen. Reduzieren Sie, wenn möglich, die Kontakte und tragen Sie bei Kontakten eine Maske.»
Folgende Fachleute nahmen teil:
- Patrick Mathys, Leiter Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit, Bundesamt für Gesundheit BAG
- Tanja Stadler, Präsidentin der National COVID-19 Science Task Force
- Aglaé Tardin, Genfer Kantonsärztin und Vorstandsmitglied der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte der Schweiz VKS