Arbeitsplätze schützen: Gewerkschaften machen Druck auf Bundesrat
Der Bundesrat muss KMU und Selbständige entschädigen für die Ausfälle wegen den Corona-Massnahmen, warnen Gewerkschaften. Sie sind unzufrieden.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat erlässt Verbote, vergisst aber Firmen dafür zu entschädigen, so Kritiker.
- Die Gewerkschaften machen nun Druck: Es braucht mehr Massnahmen.
- Morgen Freitag will der Bundesrat sein Abfederungspacket verfeinern.
Unter den einschneidenden Corona-Massnahmen leiden Kleinbetriebe oder Einzelunternehmen besonders: Gastronomen, selbständige Detailhändler, persönliche Dienstleister wie Coiffeursalons oder Fitnessstudios, Anbieter im Eventbereich. Bis zu 400'000 Personen.
«Dort sind auch viele Arbeitnehmende mit Teilzeitpensen oder im Stundenlohn beschäftigt, das macht die Situation noch schwieriger», ergänzt Arno Kerst, Präsident der Gewerkschaft Syna.
«Dazu kommen aber noch deren Zulieferer.» Er nennt Betriebe aus dem Baunebengewerbe wie Kundenmaler oder Lüftungstechniker sowie Planungs- und Beratungsfirmen - allen fallen jetzt die Aufträge weg.
10 Milliarden genügen nicht
«Es ist klar: Die Anträge auf Kurzarbeit explodieren aktuell», so Serge Gnos, Mediensprecher der Gewerkschaft Unia. «Die Frage ist, wie es danach weiter geht. Und dafür ist es absolut entscheidend, was der Bundesrat jetzt beschliesst, um die Ausfälle aufzufangen.»
Klar ist: Die versprochenen 10 Milliarden Franken reichen hinten und vorne nicht. Arno Kerst stimmt zu: «Es braucht mehr Mittel, auch von den Kantonen. Andere Staaten gehen diesbezüglich viel weiter. Zudem sind auch die Banken aufgefordert, gegenüber ihren Gläubigern nötigenfalls kulant zu sein.»
Der Bund müsse die Möglichkeit zur Kurzarbeit dringend ausbauen, fordert Kerst. «Insbesondere soll diese auch für befristete Arbeitsverhältnisse oder für Arbeit auf Abruf geltend gemacht werden können. Beim Bewilligungsverfahren müssen Kleinbetriebe aktiv unterstützt werden, denn viele sind sich den Umgang mit administrativen Prozessen nicht gewohnt.»
Firmen stecken im Dilemma
Serge Gnos macht auf ein weiteres Problem aufmerksam: «Viele Firmen in der Industrie sind in einem Dilemma: Halten sie sich an die Hygieneempfehlungen des BAG, dann müssen sie ihre Mitarbeiter nach Hause schicken. Das bedeutet aber, dass sie nicht produzieren können und sie gehen das Risiko ein, dass sie Konkurs gehen.»
Diese Firmen bräuchten ein klares Zeichen vom Bundesrat, dass ihre Ausfälle entschädigt werden. «Ich vermisse eine klare Führung. Der Bundesrat hat zwar im epidemiologischen Bereich Massnahmen beschlossen, hat dafür Anlässe verboten, Bars und Restaurants müssen schliessen, Arbeitnehmende sollen von zuhause arbeiten.»
Doch für viele Firmen sei unklar, wie und ob ihnen die dadurch entstehenden Ausfälle entschädigt werden. «Das Wirtschaftsdepartement ist diesbezüglich bisher sehr vage geblieben», kritisiert der Unia-Vertreter.
Travailsuisse appelliert an den Bundesrat
Ins selbe Horn stösst Gabriel Fischer, Leiter Wirtschaftspolitik bei Travailsuisse. «Die Frage, wie die bis jetzt von Unterstützung ausgeschlossenen Arbeitnehmenden und Unternehmen eingeschlossen werden können, muss vom Bundesrat prioritär behandelt werden.»
Ob und wie viele Konkurse und Arbeitslose es geben wir hänge etwa davon ab, wie lange die aktuellen Einschränkungen fortbestehen, wie schwerwiegend die Einschnitte in die Wirtschaft sein werden oder wie schnell sich diese nach der Krise wieder erholen kann.
Allerdings: Die Bewilligung für Kurzarbeit müsse jetzt schnell erfolgen, so Arno Kerst von der Syna. Sonst stünden viele Arbeitnehmende schon Ende März vor existenziellen Problemen.
Doch das sei nicht genug: Für Selbständige und Kleinstfirmen, bei denen die Kurzarbeit nicht wirkt, brauche es weitere Unterstützung. «Zum Beispiel in Form von Darlehen, Bürgschaften oder Direktunterstützung, die unkompliziert und schnell ausbezahlt werden.»
Dies vor allem mit dem Ziel, dass die Löhne bezahlt werden können, so der Syna-Präsident. «Es darf nicht sein, dass nur Grossunternehmen von der Kurzarbeit profitieren, während andere durchs Netz fallen.»