Coronavirus: Wie viel Geld braucht jetzt die Schweizer Wirtschaft?

Michael Bolzli
Michael Bolzli

Zürich,

Der Bundesrat stellt 10 Milliarden Franken zur Verfügung, um die Auswirkungen des Coronavirus abzufedern. ETH-Forscher verlangen 100 Milliarden.

Bundesrat Coronavirus
Der Bundesrat ist im Krisen-Modus. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Forscher verlangen einen Fonds von 100 Milliarden Franken, um die Wirtschaft zu stützen.
  • Bis 400'000 Schweizer könnten von Kurzarbeit betroffen sein.

Das Coronavirus stürzt die Schweizer Wirtschaft in eine Krise. Noch sind die Folgen schwer einzuschätzen. Das Konjunkturforschungsinstitut KOF der ETH Zürich erwartet, dass die Wirtschaft dieses Jahr im schlimmsten Fall um über zwei Prozent schrumpfen wird. Die Forscher halten aktuell allerdings ein kleines BIP-Wachstum von 0,3 Prozent für realistischer.

Wegen des Notstands bleiben viele Läden zu. «Wir lassen Euch nicht im Stich», erklärte Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga und stellte ein Massnahmenpaket vor. Rund 10 Milliarden werden zur Verfügung gestellt, um die Wirtschaft zu stützen. Acht Milliarden dürften alleine für Kurzarbeit anfallen.

Rudolf Minsch Economiesuisse Coronavirus
Rudolf Minsch ist Chefökonom von Economiesuisse. - Nau.ch

Doch reicht das? «Ich gehe nicht davon aus, dass die 10 Milliarden ausreichen werden», sagt Rudolf Minsch, Chefökonom des Wirtschaftsdachverbands Economiesuisse. Die Einschnitte in der Wirtschaft seien zu gross.

Schweiz könnte sich mehr leisten

Er hält fest, dass die Schweiz aktuell zwar rund 100 Milliarden Franken Schulden hat. Allerdings seien die Staatsfinanzen solide und die Schulden in den vergangenen Jahren reduziert worden. «Einige Milliarden können der Bund und die Kantone durchaus einsetzen, damit notleidende Unternehmen über Wasser gehalten werden können.»

Minsch rechnet, dass in den nächsten Wochen zwischen fünf und zehn Prozent der im Inland Beschäftigten Kurzarbeit machen müssen. Das entspricht zwischen 200'000 und 400'000 Personen.

Muss jeder zehnte Arbeitnehmer Kurzarbeit machen, entstehen monatlich Kosten von 1,8 Milliarden Franken, schätzte jüngst die «NZZ». Die acht Milliarden, welche der Bundesrat eingerechnet hat, dürften somit für rund fünf Monate ausreichen.

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KOF-Direktor Jan-Egbert Sturm fordert ein 100-Milliarden-Paket. - Keystone

Deutlich weiter als die Massnahmen des Bundesrats gehen Forscher des KOF. Direktor Jan-Egbert Sturm und Makroökonomie-Professor Hans Gersbach fordern heute in einer Medienmitteilung einen Fonds mit 100 Milliarden Franken, um die Wirtschaft zu stützen.

Liquidität für Firmen

Anders als der Plan der Landesregierung, die aktuell primär mit Kurzarbeit die Wirtschaft in Schwung halten will, geht der Vorschlag der ETH-Ökonomen deutlich weiter. Die Forscher schlagen eine Wertschöpfungskompensation vor, um die Liquidität der Firmen zu sichern.

Denn: Kurzarbeit sichert zwar die Löhne der Arbeitnehmer, doch Firmen haben andere Kosten – etwa Miete und Leasing-Verträge – welche weiterhin anfallen. Die KOF-Ökonomen schlagen vor, dass das Geld zu einem «guten Teil» zurückbezahlt werden soll – zu günstigen Konditionen und mit langen Laufzeiten.

Kapital für die Massnahme hätte der Staat, glauben die Wirtschafts-Professoren. «Der Fonds würde die Bonität der Schweiz nicht gefährden, sofern das Land nach der Pandemie wirtschaftlich wieder auf das Ausgangsniveau der Wertschöpfung zurückkommt.»

Thomas Gottstein
Credit-Suisse-Chef Thomas Gottstein. - Keystone

Von einem Fonds für die Wirtschaft spricht man aktuell auch in Bankenkreisen. Am Wochenende sickerte durch, dass der neue Credit-Suisse-Chef Thomas Gottstein ein Kreditprogramm für KMU auf die Beine stellen will. Auch UBS, Raiffeisen und ZKB sollen an Bord sein. Details sind noch unklar.

Ziel des Fonds sei es, Firmen zu unterstützten, welche wegen des Coronavirus in finanzielle Engpässe rutschen. Das frische Kapital soll gegen Zins zur Verfügung gestellt werden.

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