Bund will erleichterte Visa für Erdbebenopfer einstellen
Erdbebenopfer aus Syrien und der Türkei können erleichtert in die Schweiz gelangen. Nach 298 Personen soll aber schon bald wieder Schluss sein.
Das Wichtigste in Kürze
- Am 6. Februar bebte in Syrien und der Türkei die Erde. Über 57'000 Menschen starben.
- Betroffene mit Verwandten in der Schweiz können derzeit leichter an Visa gelangen.
- 298 Personen sind seither eingereist. Die Massnahme soll aber schon bald wieder enden.
Am 6. Februar wurden Nordsyrien und die Türkei von einem heftigen Erdbeben getroffen. Die Todeszahlen steigen noch immer in die Höhe – mittlerweile sind es mehr als 57'000 Tote. Über zwei Millionen Menschen wurden alleine in der Türkei obdachlos.
Die Schweiz wollte helfen, versprach Menschen die unkomplizierte Aufnahme. 298 Personen, 59 aus Syrien, 239 aus der Türkei, haben es seither in die Schweiz geschafft. Das zeigen Zahlen des Staatssekretariats für Migration (SEM), die der «NZZ am Sonntag» vorliegen.
Doch mit dem beschleunigten Verfahren dürfte bald wieder Schluss sein. Mitte Mai soll es laut Informationen der Zeitung so weit sein. Das SEM hat die zuständige Nationalratskommission bereits über seine bevorstehenden Schritte informiert.
Arslan: «Lage nach wie vor prekär»
«Die humanitäre Lage im Gebiet ist nach wie vor prekär», sagt Sibel Arslan der «NZZ am Sonntag». Die Grünen-Nationalrätin, die selbst türkische Wurzeln hat, hatte sich von Beginn an für unbürokratische Hilfe eingesetzt. «Es gibt Seuchen, nicht genügend Trinkwasser und noch fast immer keine Unterkünfte, weil viele Häuser zerstört sind.» Ihr wäre eine Verlängerung der vereinfachten Visa-Verfahren bis in den Sommer lieber gewesen.
Auch für Mitte-Nationalrätin Marianne Binder kommt der Stopp der Massnahme verfrüht: «Für mich müsste man diese beschleunigten Visa noch nicht einstellen.» Sie verweist darauf, dass der Steuerzahler nicht für die in die Schweiz geholten Personen bezahlen muss. Für die Kosten kämen vollumfänglich die in der Schweiz lebenden Familien der Erdbebenopfer auf.
FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt sieht das anders. «Das Ziel war, rasch zu helfen», stellt er gegenüber der Zeitung klar. Das Erdbeben sei «schon eine Weile her», ergo ergebe es Sinn, mit dem beschleunigten Verfahren wieder aufzuhören. Er betont, dass «gar nicht viele Menschen» in die Schweiz gekommen seien.
Die Zahlen des SEMs zeigen, dass besonders ältere Personen eingereist sind. 162 der 298 Personen sind über 60 Jahre alt. «Das zeigt für mich, dass vor allem vulnerable Personen eingereist sind», sagt SP-Nationalrätin Céline Widmer. Zudem erhielten 39 Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren ein Visum.