Bund will Süssigkeiten-Werbung für Kinder einschränken – viel Kritik
In der Schweiz soll die Werbung für bestimmte Lebensmittel eingeschränkt werden, fordert der Bund. Die Pläne sorgen bereits jetzt für viel Skepsis.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Herbst will das BLV neue Pläne im Umgang mit der Lebensmittel-Werbung präsentieren.
- Der Bund spricht von einem «unerlässlichen» Vorhaben – die Branche äussert Kritik.
- Ein Psychologe hält die Massnahmen nur teilweise für sinnvoll.
Der Bund wird voraussichtlich im Herbst Gesetzespläne zur restriktiveren Werbung von ungesunden Lebensmitteln präsentieren. Der Fokus liegt dabei auf an Kinder gerichtete Werbung, wie die «Neue Zürcher Zeitung» berichtet.
Das zuständige Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) habe das Gesetzesprojekt bestätigt. Die neuen Regeln sollen für sämtliche Medien gelten.
Betroffen wären Süssigkeiten, Süssgetränke und auch salzige Snacks. Das schrieb die Zeitung anhand eines Entwurfs zum revidierten Lebensmittelgesetz, der in der Branche kursiere. Sogar Schokolade zu besonderen Anlässen, seien es Osterhasen oder Samichläuse, könnten darunter fallen.
Gegenüber der «NZZ» sagt das BLV, die Regulierung sei «unerlässlich». Knapp 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen sei übergewichtig oder fettleibig. Damit einher geht ein höheres Risiko für bestimmte Krankheiten im Erwachsenenalter. Beispielsweise Diabetes oder Herz-Kreislauf-Probleme.
Der Clou: Kinder seien für Werbung besonders empfänglich. Deshalb prüfe man auch eine entsprechende Einschränkung.
Branche: Behörden erhalten «viel Spielraum» für Verbote
Die Pläne sorgen demnach bei Lebensmittelherstellern bereits für Nervosität und Unmut. Roger Wehrli, Geschäftsführer von Chocosuisse und Biscosuisse, sagt gegenüber der Zeitung: «Wir befürchten, dass der Vorstoss sehr weitreichend sein wird.»
Und weiter: «Unsere Sorge ist, dass jegliche Werbung verboten wird, die potenziell Kinder erreichen kann.»
Der Manager eines grossen Nahrungsmittelherstellers, der nicht namentlich genannt wird, ist ebenfalls unzufrieden: «Die Bundesbehörden würden mit diesem Gesetzesartikel viel Spielraum erhalten, um Werbeverbote festzulegen.»
Fragen wirft auch die Definition ungesunder Lebensmittel auf. Eine Möglichkeit wäre, sich auf die Kriterien der Weltgesundheitsorganisation WHO zu berufen. Aus der Sicht des Managers keine gute Idee: Denn diese würden sehr weit gehen und sich häufig ändern. Das Schweizer Parlament würde damit sozusagen ein Stück Macht an die WHO abgeben und könnte nicht mehr selbst bestimmen.
Der zitierte Manager ist kein Einzelfall. Auch sonst gebe es laut der «NZZ» viel Kritik aus der Lebensmittelbranche.
Psychologe: Neue Regeln würden nur teilweise etwas bringen
Kinderpsychologe Hans-Peter Schmidlin zeigt sich gegenüber «SRF» ebenfalls skeptisch. Ob der Schritt, die Werbung in allen Medien einzuschränken, etwas bringt, ist laut ihm fraglich. Stattdessen sollten die Eltern mehr Verantwortung unternehmen.
«Es kommt darauf an, was die Kinder generell im Alltag für Gewohnheiten haben», sagt Schmidlin. Werbung für neue Produkte komme eher an, wenn die Kinder ohnehin schon oft Süssigkeiten konsumieren würden. Einschränkungen bei der TV-Werbung zu bestimmten Tageszeiten, wenn viele Kinder vor dem Bildschirm sind, findet Schmidlin aber gut.