Bundesrat legt europapolitische Pläne auf den Tisch
Der Bundesrat wird heute Donnerstag seinen Fahrplan für die Europapolitik vorlegen. Die EU wartet seit Monaten darauf.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat wird heute seine Europapläne präsentieren.
- Laut Aussenminister Cassis gebe es viele Möglichkeiten, die Beziehung zu vertiefen.
Nach monatelangen internen Diskussionen wird der Bundesrat am heutigen Donnerstag skizzieren, wie er in den Beziehungen mit der EU weitermachen will. Am Mittwochvormittag hatte der Bundesrat eine Klausur zum Thema Europapolitik durchgeführt.
Bundespräsident und Aussenminister Ignazio Cassis wird um elf Uhr zusammen mit Justizministerin Karin Keller-Sutter und Wirtschaftsminister Guy Parmelin vor den Medien in Bern die neuesten Entscheide der Landesregierung im EU-Dossier präsentieren.
Cassis hatte Anfang dieses Monats in einem Interview mit der «Sonntagszeitung» gesagt, dass die Schweiz bei der Planung der künftigen Beziehungen mit der EU aus der rein «technisch-institutionellen Fragestellung» herauskommen müsse. Stattdessen müsse der Inhalt im Fokus stehen.
EU wartet seit Mai auf Vorschlag der Schweiz
In den vergangenen Monaten hatte der Bundesrat mehrere Aussprachen über das weitere Vorgehen in den Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU geführt. Er habe den Auftrag «für die Vorbereitung dieser sogenannten Agenda der Schweiz» erteilt, sagte Cassis Mitte Januar vor den Medien.
Seit dem Abbruch der Verhandlungen über das institutionelle Rahmenabkommen Ende Mai 2021 wartet die EU auf einen Vorschlag der Schweiz. Denn Bern hatte den Verhandlungstisch verlassen.
Während eines Treffens in Brüssel Mitte November vergangenen Jahres waren Aussenminister Cassis und der Vizepräsident der EU-Kommission, Maros Sefcovic, übereingekommen, sich Ende Januar am World Economic Forum (WEF) in Davos erneut zu treffen. Wegen Corona wurde der Anlass jedoch abgesagt. Ein neues Datum gibt es seither noch nicht.
Cassis: Viele Möglichkeiten, Beziehung zu vertiefen
Was der Bundesrat am Donnerstag genau präsentieren wird, ist nicht bekannt. In den vergangenen Wochen hatten verschiedene Regierungsmitglieder durchblicken lassen, dass ein Rahmen für ein mögliches Paket oder eine Gesprächsagenda mit der EU abgesteckt werde und verschiedene mögliche Elemente analysiert würden.
Die Schweiz dürfe sich nicht nur auf Abkommen zur Beteiligung am Binnenmarkt beschränken, sagte Dossierführer Cassis. Es gebe viele Möglichkeiten, die Beziehung zur EU zu vertiefen, etwa in der Gesundheit, der Forschung, bei den Medien oder der Kultur. Es brauche jetzt «ein bisschen Ruhe und etwas Kreativität».
Cassis betonte auch, dass beide Seiten ein Interesse an geregelten Beziehungen hätten. In der Schweiz lebten 1,4 Millionen EU-Bürger. Die Schweiz sei der viertwichtigste Handelspartner der EU. «Instabile Beziehungen sind auf die Dauer weder für uns noch für die EU eine Lösung», konstatierte Cassis.
Bundesrat will aus Scheitern des Rahmenabkommens lernen
Dennoch übte die EU in den vergangenen Monaten mit politischen Verknüpfungen Druck auf die Schweiz aus. Beim wichtigen EU-Forschungsprogramm Horizon Europe gilt die Schweiz nur noch als Drittstaat. Diskriminierungen gibt es auch in der Medizinaltechnik. Das Stromabkommen mit der EU liegt bereits seit Jahren auf Eis.
Das Rahmenabkommen war insbesondere an innenpolitischen Widerständen gescheitert. Zu uneinig waren sich die Parteien in vielen strittigen Punkten. Daraus will der Bundesrat lernen – er hört sich unter anderem die Ideen und Vorschläge aus der Zivilgesellschaft an.
An verschiedenen Runden Tischen wurden die Vorstellungen diskutiert, etwa die Idee einer Europa-Volksinitiative der Operation Libero und der Grünen. Damit soll der Bundesrat gezwungen werden, in wichtigen Dossiers mit der EU eine Lösung zu finden - einschliesslich einer technischen Lösung der institutionellen Fragen.
Die Differenzen seien aber nach wie vor gross, sagte Cassis. «Wenn es nicht so wäre, hätten wir das Problem wohl schon längstens gelöst», hielt der Bundespräsident fest. Einig sind sich die allermeisten nur darin, dass der bilaterale Weg mit der EU weitergeführt werden müsse.