Bundesrat muss sich zu Waffenexporten und Rahmenabkommen erklären
Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweiz diskutiert gleich über zwei Themen: Waffenexporte und das EU-Rahmenabkommen.
- Der Bundesrat muss sich dem Nationalrat erklären.
Der Nationalrat und der Bundesrat sind sich gleich in zwei der aktuellen Debatten uneinig: die über Waffenexporte und die über das EU-Rahmenabkommen. Das Nationalratsbüro erklärte Interpellationen zu beiden Themen für dringlich, wie die Parlamentsdienste heute Donnerstag auf Twitter mitteilten. Über Waffenexporte spricht der Nationalrat am 26. September, über das EU-Rahmenabkommen am 27. September.
Zu den Waffenexporten wird der Rat einen Entscheid fällen. Traktandiert sind nämlich nicht nur Interpellationen, sondern auch eine Motion der BDP. Diese will dem Bundesrat die Kompetenz entziehen, in eigener Regie über die Kriterien für Waffenexporte zu entscheiden. Die Bewilligungskriterien sollen aus der Kriegsmaterialverordnung gestrichen und in das Kriegsmaterialgesetz aufgenommen werden. Damit wäre das Parlament zuständig.
Bestimmungen gelockert
Die Motion war schon vor dem jüngsten, umstrittenen Entscheid des Bundesrats eingereicht worden. Mit diesem dürften aber die Chancen für den Vorstoss gestiegen sein. Der Bundesrat hat im Juni beschlossen, die Bestimmung in der Verordnung zu lockern. Neu sollen Exporte in Bürgerkriegsländer bewilligt werden können, wenn kein Grund zur Annahme besteht, dass das Kriegsmaterial in diesem Konflikt eingesetzt wird.
Kritiker befürchten, dass dies zum Beispiel Waffenexporte in die Türkei ermöglichen würde. 2008 hatte der Bundesrat die Regeln verschärft - mit Blick auf eine Volksinitiative der GSoA für ein Verbot von Waffenexporten. Seither wurden sie mehrfach aufgeweicht. Wegen des Entscheids vom Juni wurde bereits eine Volksinitiative lanciert.
Kontrolle verloren
Dem Nationalrat liegen neben der Motion sieben Interpellationen vor. Die SP-Fraktion will unter anderem wissen, ob der Bundesrat angesichts der breiten Opposition seinen Entscheid rückgängig machen werde. Ihr Vorstoss trägt den Titel «Friedensförderung und Stärkung der Menschenrechte durch Kriegsmaterialexporte in Bürgerkriege?»
Die CVP-Fraktion fragt, ob der Bundesrat noch die Kontrolle habe. Sie will wissen, wie er sicherstellen will, dass die Rüstungsgüter nicht in internen Konflikten eingesetzt werden. «Sollte die Schweiz als neutrales Land und Sitzstaat von vielen internationalen humanitären Organisationen in Konflikten nicht vermehrt die Vermittlerrolle suchen, anstatt den Konfliktparteien Waffen zu liefern?», schreibt die CVP.
Frieden statt Krieg exportieren
Die Interpellation der Grünen trägt den Titel «Die Schweiz soll Frieden exportieren, nicht Krieg», jene der Grünliberalen «Keine Waffenexporte in Bürgerkriegsländer». Weniger kritisch formuliert die FDP-Fraktion ihre Fragen. Sie will unter anderem wissen, welche Art von Exporten die geplante Neuerung ermögliche, die heute nicht möglich seien.
Auf die Seite des Bundesrates schlägt sich die SVP. Ihre Interpellation fokussiert auf die «vernachlässigte sicherheitspolitische Bedeutung der Schweizer Rüstungsindustrie». Unter anderem fragt die SVP-Fraktion, ob es zutreffe, dass Exporte in Länder mit internen bewaffneten Konflikten weiterhin eine strengen Auflagen unterworfene Ausnahme bleiben werde.
Neben dem Bundesratsentscheid vom Juni wird in den Interpellationen auch der Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle thematisiert, gemäss dem schon die geltenden Bestimmungen grosszügig ausgelegt und teilweise umgangen werden.
Abbruch der Verhandlungen
Zu den Verhandlungen über ein Rahmenabkommen mit der EU liegen fünf Interpellationen vor. Die SVP fordert in Frageform einen Abbruch der Verhandlungen. Die BDP will wissen, welche Bedeutung und Dringlichkeit der Bundesrat dem Rahmenabkommen beimisst und ob er die Überzeugung teile, dass der bilaterale Weg nach wie vor der «Königsweg» sei. Die FDP-Fraktion verlangt Auskunft über den Zeitplan und den Marktzugang.
Die GLP überschreibt ihren Vorstoss mit der Forderung «Mehr Europa wagen». Sie fragt, inwiefern ein Rahmenabkommen eine Voraussetzung für die Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen sei und ob eine Verzögerung ohne Schaden für den Wirtschafts- und Forschungsplatz möglich sei. Die Grünen erinnern daran, dass die flankierenden Massnahmen gemäss dem Verhandlungsmandat nicht verhandelbar seien.
Der Bundesrat muss seine schriftliche Antwort zu den für dringlich erklärten Interpellationen noch vor den Ratsdebatten vorlegen.