Bundesrat will «Konversionstherapien» (noch) nicht verbieten
Eine Motion im Nationalrat verlangt ein landesweites Verbot von «Konversionstherapien» an LGBTQ-Personen. Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Vorlage.
Das Wichtigste in Kürze
- Am Montag berät der Nationalrat über ein landesweites Verbot von «Konversionstherapien».
- Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion – aus verschiedenen Gründen.
- Derzeit sei bereits eine Überprüfung der Verbreitung von Konversionstherapien hängig.
- Ausserdem verweist die Landesregierung auf den bereits bestehenden rechtlichen Rahmen.
Am Montag wird der Nationalrat über ein Geschäft beraten, das ein landesweites Verbot von «Konversionsmassnahmen an LGBTQ-Personen» gesetzlich verankern möchte. Die Motion stammt aus der Kommission für Rechtsfragen und verfolgt eine ähnliche Stossrichtung, wie vergangene Geschäfte zur gleichen Thematik.
Demnach soll das «Anbieten, Vermitteln und Bewerben» entsprechender Massnahmen bei Minderjährigen und jungen Erwachsenen verboten werden. Die Motion zielt auf Praktiken ab, die eine «Umpolung» oder Unterdrückung der sexuellen Orientierung, der Geschlechtsidentität oder des Geschlechtsausdrucks verfolgen.
«Professionell begleitete und ergebnisoffene» Auseinandersetzungen mit der sexuellen Orientierung oder der Geschlechtsidentität wären im Gesetz als Ausnahmen vorgesehen. Gleiches gilt für «medizinisch indizierte Massnahmen zur Geschlechtsangleichung» und die Therapie von strafrechtlich relevanten Sexualpräferenzen wie Exhibitionismus oder Pädosexualität.
Der Bundesrat ist gegen die Vorlage
Der Bundesrat teilt die Ansicht, dass «Konversionstherapien» aus menschlicher, fachlicher und rechtlicher Sicht abzulehnen seien. Gleichzeitig verweist die Landesregierung auf den bereits bestehenden rechtlichen Rahmen und auf die Frage der Gesetzgebungskompetenz.
Prinzipiell ist es nämlich nicht verboten, eine Nichtkrankheit zu behandeln. Dennoch könnten abhängig von den konkreten Umständen einzelne Teilhandlungen einer «Konversionstherapie» strafbar sein.
Überdies verweist der Bundesrat auf die gegenwärtig ausstehende Überprüfung der Verbreitung von «Konversionstherapien» in der Schweiz. Noch gebe es keine Studien, die aufzeigen würden, wie häufig problematische Fälle hierzulande auftreten. Ausserdem sei unklar, wie das geltende Recht auf solche Fälle reagieren würde.
Deshalb vertritt er die Ansicht, dass die Ergebnisse dieses Berichts abgewartet werden sollten, bevor Änderungen des Bundesrechts vorgenommen werden. Aus diesen Gründen beantragt die Landesregierung eine Ablehnung der Motion.
Was sind «Konversionstherapien»?
Bis heute glauben viele Menschen in der Schweiz, dass sexuelle Neigungen verändert werden könnten – oft mithilfe von «ganz oben». Die vermeintlichen Seelsorger stammen mehrheitlich aus streng religiösen Kreisen und versprechen «Heilung».
Solche Massnahmen können bei Betroffenen zu erheblichem Leidensdruck führen: Die Konsequenzen reichen von psychischen Schäden bis hin zu Suizidalität – «geheilt» wird niemand.
Aus diesem Grund sind «Konversionstherapien» ausserhalb erzreligiöser Kreise grösstenteils geächtet. Ärztliche und psychotherapeutische Berufsverbände verurteilen derartige Praktiken und untersagen sie ihren Mitgliedern. Nur noch eine Minderheit vertritt die Ansicht, dass Homosexualität und Transidentität «Krankheiten» seien und mit entsprechender Behandlung «therapiert» werden müssten.
Die Schweiz als Zufluchtsort für «Homo-Heiler»?
Ähnliche Gesetze wurden in verschiedenen Ländern Europas bereits verabschiedet. In der Eidgenossenschaft fehlt eine diesbezügliche nationale Regelung allerdings bis heute.
Trotzdem ist der Stein auch in der Schweiz längst ins Rollen geraten: Mehrere Kantone haben die Grundlagen für ein entsprechendes Verbot bereits geschaffen. Andere fordern vom Bund ein Verbot auf nationaler Ebene. Der Weg zu einer national einheitlichen gesetzlichen Regelung scheint aber noch lang und unsicher.