Christoph Blocher zum Rücktritt von Toni Brunner
Das Volk schickt die Selbstbestimmungs-Initiative deutlich bachab. Für SVP-Stratege Christoph Blocher war der Rücktritt Toni Brunners aber viel schlimmer.
Das Wichtigste in Kürze
- Christoph Blocher spricht nach der verlorenen SBI-Abstimmung auf Tele Blocher.
- Am schlimmsten sei für ihn der Rücktritt seines Ziehsohnes Toni Brunner gewesen.
- Er verstehe den Entscheid jedoch, denn in Bundesbern wolle jeder den anderen «ficke».
«Der Rücktritt von Toni Brunner schmerzt mich mehr als die Abstimmungsniederlage», bedauert Christoph Blocher den Abgang seines Ziehsohnes aus der Politik. Der Rücktritt sei definitiv. Und auch für ihn überraschend gewesen. «Ich habe ihn noch am Freitag gesehen und habe nicht gewusst, dass er gleich am Samstag zurücktritt.» Blocher habe ihn noch ermuntert in Bern zu bleiben: Auch wenn er dort nichts mache – aber dort sein soll er, als «Pfahl im Fleisch». Doch alles sei vergebens gewesen.
Brunner hatte genug vom Haifischbecken in Bern
Der Schritt sie jedoch nicht unangekündigt gekommen. «Wir haben in den letzten Monaten noch versucht, dass er wenigstens im Nationalrat noch weitermacht. Aber er konnte innerlich nicht mehr.» Er habe es einfach nicht mehr ausgehalten. Und das sei auch nachvollziehbar, nach 24 Jahren in der Politik. «In dem Bürokratie-Theater, dem Haifischbecken, wo jeder versucht den anderen zu ficken.*» Karrierepolitiker würden nur Sitzungsgelder beziehen.
Blocher hat auch bereits eine Idee, wie dies zu ändern sei: «Wir brauchen eine Parlamentsreform damit es wieder ein rechtes Milizparlament ist.» Dafür müsse ein Drittel der Zeit reichen – «das kann man gut machen» – und jeder Parlamentarier solle dafür fix einen Drittel eines mittleren Jahreslohnes erhalten. Dann würden auch keine unnötigen Sitzungen mehr gemacht, nur um Geld zu verdienen.
Auf keinen Fall Bundesrat
Brunner habe sich nicht gedrückt vor diesem Betrieb, schliesslich sei er mit gut 40 Jahren bereits der amtsälteste. Nur Bundesrat hätte Brunner auf keinen Fall werden wollen, erzählt Blocher: «Er sagte immer gesagt: ‹Seid ihr eigentlich verrückt? Ich mich von einem Weibel am Abend ins Bett bringen lassen›, hat er gespottet.» Er sei ja ein Lustiger gewesen: Die einzige Rede, die Brunner je geschrieben habe, sei jene, zur Nicht-Annahme der Wahl, falls er doch einmal zum Bundesrat gewählt werden sollte.
«Und jeden Seich mache ich dir dann schon nicht nach», habe Toni Brunner seinem Ziehvater deshalb stets erwidert, wenn es um eine Bundesratskandidatur ging. Am 14. Dezember wird der Viehbauer das Haifischbecken Bundesbern verlassen – nach 24 Jahren.
*«Ficke»: Was meinte Blocher wirklich?
Der «Blick» interpretiert Blochers Dialekt-Aussage «… i dem Haifischbecki, oder, wo jede versucht der ander z’ficke, wos eso vill Garriere-Politiker het ...» als «wo jeder versucht, den anderen zu ficken!». Es darf aber bezweifelt werden, dass Blocher diese neue Bedeutung des Wortes gemeint hat. Christoph Landolt vom Schweizerischen Idiotikon, dem Wörterbuch für schweizerdeutsche Sprache, erklärt: «‹ficken› (als: eine Kleinigkeit entwenden) kommt nur in der Konstruktion «etwas ficken», nicht aber «jemanden ficken» vor.»
Unter dem Wort «figgen» jedoch findet sich im Idiotikon die Bedeutung von 1883: «(moralisch) angehen, berühren, anfechten» und weiter «verdriessen, ärgern, kränken». Landolt vermutet gegenüber Nau: «Vielleicht brauchte Blocher diese letztgenannte Bedeutung?» Eine jüngere Bedeutung dazu sei zudem «jemanden fertig machen». Was genau Blocher wirklich meinte, könne Blocher jedoch nur selbst sagen.