Coronavirus: Bundesrat lockert Massnahmen in drei Etappen
Der Bundesrat erklärt die schrittweise Lockerung der Massnahmen gegen das Coronavirus. Priorität habe weiterhin die Gesundheit.
Das Wichtigste in Kürze
- Die letzte Woche angekündigten Entscheide des Bundesrats sind gefallen.
- Der Bundesrat lockert die Corona-Massnahmen in drei Etappen.
- Die Kurve der Ansteckungen mit Coronavirus ist in der Schweiz abgeflacht.
Der Bundesrat hat heute beschlossen, die Corona-Massnahmen schrittweise zu lockern. Die Hygieneempfehlungen sowie die Empfehlung, zuhause zu bleiben, haben jedoch weiterhin Gültigkeit. Nur wenn die Verbreitungsgeschwindigkeit des Coronavirus tief gehalten wird, seien weitere Öffnungen möglich.
• Am 27. April sollen Spitäler wieder alle Eingriffe vornehmen können, ambulante Praxen sowie Coiffeur-, Massage-, Tattoo- und Kosmetikstudios und weiter Baumärkte, Gartencenter, Blumenläden und Gärtnereien dürfen wieder öffnen.
• Ab 11. Mai dürfen die obligatorischen Schulen und die Läden wieder öffnen. Kinder sind kein Treiber der Epidemie.
• Am 8. Juni können auch Mittel-, Berufs- und Hochschulen sowie Museen, Zoos und Bibliotheken ihre Tore wieder öffnen.
• Der Bundesrat will trotz den schrittweisen Öffnungen keine Maskenpflicht. Er ist bemüht, dass solche allerdings bei Bedarf gekauft werden können.
• Wann Restaurants und Bars wieder öffnen ist unklar. Der Bundesrat überlässt es der Gastrobranche, entsprechende Konzepte zu entwickeln.
• Selbstständigerwerbende, die indirekt von den Massnahmen betroffen sind, erhalten neu auch eine Erwerbsersatzentschädigung.
• Versammlungen ab fünf Personen bleiben weiterhin verboten, also auch Grillfeste. Auch für Festivals sieht der Bundesrat bisher schwarz.
• Die Grenzen bleiben weiterhin geschlossen.
• Da Prognosen schwierig sind, behält sich der Bundesrat jederzeit Änderungen vor. Er will auf jeden Fall einen Rückfall verhindern.
Die Medienkonferenz des Bundesrates vom 16. April
16.52: Momentan sei der Markt für Schutzmasken sehr angespannt, sagt Alain Berset. Es gebe keine Maskenpflicht für die Bevölkerung, der Bund verteile auch keine Gratis-Masken. Es sei an den Institutionen selbst, die Masken zu kaufen. Man sei aber bemüht, dass Masken für die schrittweise Öffnung verfügbar seien.
16.45: Das Ziel sei eine strikte Eindämmungsstrategie. Dafür müssen auch Menschen mit Symptomen getestet werden, die bisher zuhause blieben, weil sie keine Pflege benötigten, erklärt Berset. Es gehe um «Contact Tracing»: Erkrankte Personen sollen isoliert und mögliche Kontaktpersonen ausfindig gemacht werden.
Zu den Lockerungen gehören Schutzkonzepte. Sie können je nach Branche eine Empfehlung oder Pflicht zum Maskentragen beinhalten.
— Bundesrat • Conseil fédéral • Consiglio federale (@BR_Sprecher) April 16, 2020
Wenn die Kinder praktisch immun sind gegen das Coronavirus, warum öffnet man dann nicht gleich die Schulen? Der Grund sei, dass mit den Schulen viel mehr Bewegung entstehe. Nicht nur wegen den Kinder, sondern auch wegen den Eltern.
Sommaruga ergänzt, dass nichts gewonnen sei, wenn Eltern ihre Kinder aus Angst nicht in die Schule schicken würden. Zudem müsse die öffentlichen Transportwege wieder hochgefahren werden.
16.42: Die Empfehlung, zuhause zu bleiben, gilt weiterhin. Weil sich die Menschen an diese Empfehlungen halten, seien die Massnahmen so erfolgreich.
Der Bundesrat hat die geplanten Lockerungen nach mehreren Risikofaktoren beurteilt (ua Zahl der Personenkontakte, betroffene gefährdete Personen, mögliche Schutzmassnahmen, wirtschaftlicher Nutzen) und in drei Etappen eingeteilt:
— Bundesrat • Conseil fédéral • Consiglio federale (@BR_Sprecher) April 16, 2020
16.33: Viele Fragen zu den serologischen Tests und Immunität seien noch unklar. Man sei heute nicht einmal sicher, ob jemand, der die Krankheit gehabt habe, danach vor der Krankheit geschützt sei, sagt Daniel Koch. Daher müsse man die Situation weiterhin beobachten und könne keine verlässlichen Prognosen machen.
Das Seco wird indes die Konjunkturprognosen anpassen. 30-50 Prozent der Verluste in der Wirtschaft gehen auf die Einbrüche im Ausland zurück.
Demnächst soll auch besprochen werden, ab wann in welchem Sport wieder trainiert werden kann. Dies kündigt Gesundheitsminister Berset an.
16.19: Der Bundesrat habe sich heute auch gefragt, ob es lustig sei, auf zwei Meter Abstand mit jemandem ein Bier zu trinken. Essen mit einer Schutzmaske sei auch etwas schwierig, so Sommaruga. Ein Schutzkonzept sei daher eine wichtige Voraussetzung, man müsse hier gut überlegen, wie eine künftige Öffnung möglich sein werde.
Ein Grillplausch oder ein Quartiertreffen sei indes weder erlaubt noch erwünscht, so Alain Berset. Ansammlungen von mehr als fünf Personen dürfen nach wie vor nicht stattfinden.
#BREntscheid Selbstständigerwerbende, die indirekt von den behördlichen Massnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie betroffen sind, erhalten neu auch eine Erwerbsersatzentschädigung. (BK) #CoronainfoCH @EDI_DFI
— Bundesrat • Conseil fédéral • Consiglio federale (@BR_Sprecher) April 16, 2020
16.08: Ob die Badis in diesem Sommer aufgehen können, sei momentan nicht abzuschätzen, präzisiert Bundespräsidentin Sommaruga.
Bei den personenbezogenen Dienstleistungen wie Coiffeure werde eine Maskenpflicht wohl nötig sein, ergänzt Bundesrat Berset. In den nächsten Tagen werde dies jedoch präzisiert.
Endlich gute Neuigkeiten. Aber #backtonormal ist das noch lange nicht. Die alltäglichen Schutzgebote bleiben wichtig: Abstand halten, Hände waschen. Und besonders gefährdete Personen sollen weiterhin zu Hause bleiben.
— Bundesrat • Conseil fédéral • Consiglio federale (@BR_Sprecher) April 16, 2020
15.58: Mit 100 neuen Fällen pro Tag könne man gemäss Experten wieder eine Normalisierung angehen, so Berset. Dafür müsse aber auch weiterhin sehr viel getestet werden. Zudem brauche es serologische Tests, um zu wissen wie viele Menschen das Virus haben.
Das Versammlungsverbot für Gruppen von mehr als fünf Personen werde sicher nicht in den ersten beiden Etappen gelockert.
Berset ist nicht optimistisch, was die Durchführung von Grossanlässen wie Openairs in den nächsten Monaten anbelangt.
15.54: Gemäss Daniel Koch vom BAG stellen Kinder keine Virus-Vektoren dar, sie übertragen das Virus offenbar nicht. Das sei eine Good News, so Koch.
15.50: Bei den Einrichtungen, die als erstes öffnen können, bestehe berechenbares Risiko. Beim Coiffeur seien etwa nur zwei Personen im Kontakt, die man rekonstruieren könne, so Berset. Es komme dafür auch nicht zu viel Verkehrsaufkommen.
Wenn die Fallzahlen gesunken sind, sollen Infektionsketten wieder rückverfolgt werden. Dafür werden eine erweiterte Teststrategie und eine App entwickelt, die über Kontakte mit infizierten Personen informiert.
— Bundesrat • Conseil fédéral • Consiglio federale (@BR_Sprecher) April 16, 2020
15.47: Die Restaurant-Branche solle Vorschläge machen, wie eine schrittweise Öffnung möglich wäre, sagt Simonetta Sommaruga auf Nachfrage. Der Bundesrat habe dazu noch keine Entscheide gefällt.
Zudem sei subsidiäre Hilfe für Fluggesellschaften möglich, sofern klar sei, dass kein Geld ins Ausland abfliesse.
15.36: Wirtschaftsminister Guy Parmelin hat das Wort. Er erklärt die speziellen Regelungen zu den Lehrabschlussprüfungen.
Der Bundesrat gibt grünes Licht für die von den Verbundspartnern (Bund, Kantone, Organisationen der Arbeitswelt) der Berufsbildung bereits gutgeheissene Lösung für die Lehrabschlussprüfungen. Schweizweit schliessen im Sommer 2020 rund 75’000 Jugendliche ihre berufliche Grundbildung ab.
Die schulischen Prüfungen werden ausnahmsweise mit den Erfahrungsnoten ersetzt, auf schulische Abschlussprüfungen wird dieses Jahr verzichtet. Für die praktische Arbeit wird pro Beruf eine schweizweit durchführbare Variante gewählt.
So sollen die Lehrlinge trotz den Auswirkungen des Corona-Virus ein auf dem Arbeitsmarkt anerkanntes eidgenössisches Fähigkeitszeugnis bzw. Berufsattest erhalten können.
#BREntscheid Die 75 000 Lehrabgängerinnen und Lehrabgänger können ihren Berufsabschluss trotz der Corona-Pandemie machen. Die Verbundpartner der Berufsbildung haben zusammen die Prüfungsmodalitäten festgelegt. (BK) @DefrWbf #CoronainfoCH
— Bundesrat • Conseil fédéral • Consiglio federale (@BR_Sprecher) April 16, 2020
Der Bundesrat lanciert zudem ein nationales Forschungsprogramm zum Coronavirus. Mit einem Budget von 20 Millionen Franken sollen über zwei Jahre Übertragbarkeit, Wirkung sowie Behandlung (sprich: Diagnose- und Therapiemassnahmen) des Virus erforscht werden. Dies mit dem Ziel, die Krankheit besser bekämpfen zu können.
Durch gezielte Bündelung der bestehenden Kompetenzen soll die Forschung beschleunigt werden. So sollen möglichst rasch Lösungen zur Bekämpfung der Corona-Krise in der Schweiz vorgelegt werden können. Gleichzeitig soll mit dem Forschungsprogramm auch die Abstimmung auf internationaler Ebene gelingen – etwa mit der WHO oder der EU.
Das Forschungsprogramm beinhaltet vier Forschungsschwerpunkte: Biologie und Immunologie zum besseren Verständnis der Erkrankung. Epidemiologie für neue Strategien bezüglich Prävention. Klinische Charakterisierungen. Sowie die Entwicklung neuer Impfstoffe und Diagnoseverfahren.
Der Bundesrat weitet die Hilfe für Selbständige aus. Neu erhalten auch jene eine Entschädigung, welche indirekt durch die Massnahmen des Bundesrats betroffen sind. Beispielsweise Taxifahrer, welche aktuell deutlich weniger Kunden haben.
Vorausaussetzung: Das Einkommen ist über 10'000 Franken, aber nicht höher als 90'000 Franken. Die zusätzlichen Kosten werden auf 1,3 Milliarden Franken geschätzt.
15.24: Gesundheitsminister Alain Berset hat das Wort. In der Schweiz sind 1017 Personen am Coronavirus gestorben, 26'732 sind infiziert. Die Zunahme der Fallzahlen ist weiter rückläufig.
Ein Stau bei den Behandlungen in den Spitälern soll mit der Öffnung verhindert werden. Zudem lockere der Bundesrat die Vorschrift bezüglich Beerdigungen, erklärt Berset: neu sollen nicht nur der engste Familienkreis zugelassen sein.
Ab 11. Mai brauche es unbedingt ein Monitoring, der Bundesrat wolle keinen Blindflug. Man müsse genau analysieren können, was die Folgen der Lockerungen sind. Ende Mai werde es dazu einen Entscheid geben, so Berset.
15.15: Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga freut sich, dass die Spitäler nicht überlastet sind. Deshalb könne der Bundesrat nun die Massnahmen lockern.
Der Bundesrat will die Corona-Massnahme schrittweise lockern. Konkret: in drei Etappen. Damit will er Planungssicherheit schaffen.
Dabei soll unbedingt verhindert werden, dass es zu einem Rückschlag komme, erklärt Sommaruga. Die Bevölkerung müsse sich daher weiterhin an die Massnahmen halten.
Die erste Etappe: Ab dem 27. April können Spitäler wieder sämtliche (auch nicht-dringliche) Eingriffe vornehmen und ambulante medizinische Praxen können wieder öffnen. Dazu gehören unter anderem Praxen für Zahnmedizin, Physiotherapie und medizinische Massage. Zudem können Coiffeur-, Massage- und Kosmetik- oder Tattoo-studios ihren Betrieb wieder aufnehmen. Auch Baumärkte, Gartencenter, Blumenläden und Gärtnereien dürfen wieder öffnen. Sortimentsbeschränkungen in den Läden werden aufgehoben.
Zudem können auch unbediente öffentliche Einrichtungen wie Waschanlagen wieder öffnen. Schliesslich wird die Limitierung auf den engen Familienkreis bei Beerdigungen wieder aufgehoben.
Dabei gehe jedoch stets der Schutz von Mitarbeitern sowie Patienten bzw. Kunden vor. Denn nur wenn es die Lage zulässt, soll am 11. Mai, also zwei Wochen später, die obligatorischen Schulen und die Läden wieder öffnen.
Am 8. Juni schliesslich, wiederum vier Wochen später, sollen dann Mittel-, Berufs- und Hochschulen sowie Museen, Zoos und Bibliotheken wieder öffnen können.
Für die Reihenfolge der Lockerungen hat der Bundesrat mehrere Risikofaktoren berücksichtigt. Dazu gehören die Zunahme enger Personenkontakte, die Zunahme von Personenströmen, die Zahl der betroffenen vulnerablen Personen oder die Möglichkeit Schutzmassnahmen zu ergreifen. Zudem hat der Bundesrat den wirtschaftlichen Nutzen der einzelnen Lockerungen bewertet.
Die Lockerungen werden durch Schutzkonzepte begleitet. Diese können je nach Branche eine Empfehlung oder Pflicht zum Maskentragen beinhalten.
Die Ausgangslage am 16. April
Seit genau einem Monat gilt wegen dem Coronavirus in der Schweiz die «ausserordentliche Lage». Damit hat der Bundesrat weitreichende Kompetenzen, mit denen er die meisten Läden und alle Schulen, Restaurants und Veranstaltungsorte geschlossen hat.
Heute um 15.15 Uhr nun soll damit zumindest teilweise Schluss sein. Der Bundesrat tritt nach seiner wöchentlichen Sitzung vor die Medien und erläutert seine Entscheide. Denn die Massnahmen gegen das Coronavirus zeigen eine Wirkung, eine Lockerung des Lockdowns drängt sich auf.
Vor die Medien tritt Bundespräsidentin und Vorsteherin des Umwelt-, Verkehrs-, Energie- und Kommunikations-Departements UVEK, Bundesrätin Simonetta Sommaruga. Zudem Gesundheits- und Innenminister Alain Berset. Sowie Wirtschafts- und Bildungsminister Guy Parmelin.
Unbeliebte Massnahmen gegen Coronavirus
Diesbezügliche Forderungen kommen in den letzten Tagen von allen Seiten. Parteien und Verbände haben ihre Ideen präsentiert, wie es wirtschaftlich und gesellschaftlich weiter gehen soll trotz Coronavirus.
Ob er will oder nicht, der Bundesrat muss Rücksicht nehmen auf die Stimmung in der Bevölkerung. Denn er weiss: Pandemie-Massnahmen wirken nur dann, wenn sie breit akzeptiert sind.
Die Herausforderung wird sein, die unterschiedlichen Vorstellungen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Auch Abgrenzungsprobleme dürften zu reden geben: Warum darf dieses Geschäft aufmachen, jenes aber nicht – wenn die Sortimente doch fast, aber nicht genau gleich sind?
Schrittweise Öffnung mit Vorbehalten durchgesickert
Als wahrscheinlich gilt, dass der Bundesrat Betriebe wie Coiffeursalons und Physio-Praxen wieder normal arbeiten lässt. Dazu solche Geschäfte, wo derzeit die Nachfrage gross und die Saison aktuell ist: Gärtnereien oder Baumärkte.
Durchgesickert ist, dass Gesundheitsminister Alain Berset drei Etappen beanträgt: 27. April, 11. Mai und 8. Juni. Nach Coiffeurs und Gartencentern im Mai dann die Schulen und erst im Juni die Bars und Restaurants.
Bei allen Lockerungen dürften gleichzeitig auch Verschärfungen ausgesprochen werden, zum Beispiel eine generelle Maskenpflicht. Auch nicht ausgeschlossen wäre, dass Lockerungen je nach Verlauf der Pandemie auch wieder rückgängig gemacht werden könnten.