Coronavirus: Politik macht Druck für schnellere 3. Impfung
Der Bund übt Zurückhaltung bei der Empfehlung einer dritten Impfdosis. Politiker fordern, dass vorwärts gemacht werde – dort, wo nötig.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bund zögert mit Booster-Impfungen insbesondere für Senioren.
- Parlamentarier verschiedenster Parteien wollen dagegen vorwärts machen.
- Bevorzugt wird, dass eine Antikörpermessung über die Impf-Auffrischung entscheidet.
Der ehemalige «Impf-Weltmeister» Israel hat schon früh mit dem Verimpfen einer dritten Dosis für ältere Personen begonnen. Aber auch in Deutschland können sich Senioren und Immungeschwächte erneut piksen lassen, entgegen der geltenden Empfehlung der Impfkommission. In den USA ging Präsident Joe Biden höchstselbst mit gutem Beispiel voran: Schliesslich gehört er mit 78 Jahren zur Risikogruppe.
BAG wartet bei Booster-Impfung ab
Anders in der Schweiz: Auch unsere Impfkommission empfiehlt sogenannte Booster-Impfungen nur im Ausnahmefall wie bei Immungeschwächten. Die Zulassung als Auffrischimpfung ist bei den beiden mRNA-Impfstoffen noch bei Swissmedic hängig. Anders als ihre deutschen Pendants halten sich BAG und Impfkommission auch daran. Mit den mRNA-Impfstoffen sei man gut geschützt, eine dritte Dosis nicht nötig, man beobachte die Lage.
Bereits im Sommer haben einzelne Politiker aber auf steigende Fallzahlen in Altersheimen verwiesen, wenige Kantone reagierten. Gerade die Senioren haben sich oft schon früh im Jahr impfen lassen und je nachdem ist der Schutz nun schwächer. «Es ist äusserst wichtig, dass wir vorwärts machen», sagt deshalb SVP-Nationalrätin Verena Herzog. «Und zwar überall, bei den Booster-Impfungen, aber auch bei alternativen Impfstoffen, proteinbasiert oder vektorbasiert.»
Offene Fragen bei Impfstoff-Zulassung
Herzog könnte sich auch Auffrischimpfungen mit dem jetzt verfügbaren Impfstoff von Johnson & Johnson vorstellen. Oder dem proteinbasierten von Novavax: «Es gibt bereits Studien, die besagen, dass dies die Wirksamkeit erhöht. Selbstverständlich muss man dort dringend weiterforschen.» Novavax hat aber in der Schweiz keine Zulassung beantragt, Pfizer und Moderna werden als Booster erst geprüft.
Das werfe bei ihr Fragezeichen auf, findet Herzog: «Warum hat Novavax kein Interesse für eine Zulassung in der Schweiz?» Sie habe dies auch vom Bundesrat wissen wollen, die Antworten seien verschleiernd ausgefallen.
Booster nur nach Antikörpermessung?
Andere Parlamentarier sprechen sich ebenfalls für baldige Booster-Impfungen aus, aber nur da, wo nötig. So fände es die Grünen-Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber wichtig, zuerst die Immunantwort nach der zweiten Impfung anzuschauen. «Sprich: Was konnten wir an eigenen Antikörpern entwickeln. Und dann ist es dann vielleicht nötig oder eben nicht.»
Ob mit oder sogar ohne Impfung hätten viele Leute genügend Antikörper entwickelt. Wer zu wenig Antikörper entwickelt habe, müssen dann vielleicht ein drittes Mal geimpft werden – im eigenen Interesse, betont Prelicz-Huber. «Bei den anderen genügt dann ja die zweite Impfung.»
GLP-Nationalrat Martin Bäumle würde mit Antikörpermessungen vor allem bei den Vorbelasteten beginnen. «Wenn man merkt, dass die Antikörper zurückgehen: Gezielt die Leute boostern, die sich anstecken und in Probleme reinlaufen könnten.» Organisatorisch sei dies keine grosse Sache, glauben Bäumle und Prelicz-Huber.
«Impfstoffe halten das, was sie versprechen»
Erst Testen, dann Impfen und jetzt mit Antikörpermessung die Impfung verifizieren: Stiftet das nicht Verunsicherung? Nein, findet Bäumle: «Man hat von Anfang an gesagt, dass man nicht weiss, wie lange diese Impfstoffe wirken werden.» Die ursprüngliche Hoffnung von einem halben, vielleicht einem ganzen Jahr scheine sich zu bestätigen.
Vor allem bei jüngeren Leuten, die stark immunisierten, sehe es gar nach mehr als einem Jahr aus. «Von dem her halten die Impfstoffe das, was sie versprechen. Dass gerade bei älteren Personen ein Booster nötig sein könnte, davon ist man dagegen immer ausgegangen.»
Prelicz-Huber will jeden Menschen individuell anschauen und scheut den Aufwand von Tausenden Antikörper-Tests nicht. «Auch eine dritte Impfung kostet. Nicht zuletzt haben die Chemie-Firmen schon angekündigt, dass eine dritte Impfung dann eigenartigerweise teurer werde.» So gesehen komme es finanziell wohl aufs Gleiche raus und sei erst noch im Sinne der Volksgesundheit.