Coronavirus: SVP-Antrag für Sessionsabbruch abgelehnt
Zweimal Nein zum Ordnungsantrag von SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi: Büro und Plenum des Nationalrats wollen keinen Sessionsabbruch wegen dem Coronavirus.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Frühlingssession des Nationalrats wird heute Nachmittag fortgesetzt.
- SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi hatte verlangt, sie wegen dem Coronavirus abzubrechen.
- Im Ratsaal sei man zu nahe beieinander, so seine Begründung.
Zwei Dutzend Fragen haben Gesundheitsminister Alain Berset und Wirtschaftsminister Guy Parmelin zum Coronavirus zu beantworten. Er ist das Hauptthema in der montäglichen Fragestunde im Nationalrat.
Coronavirus schlimmer als Grippe
Gleich ein halbes Dutzend Fragen zu Coronavirus beantwortet Berset zunächst gemeinsam. Er betont, dass man mit Kantonen, ausländischen Behörden und so weiter in beständigem Kontakt sei. «Die Zahl der Fälle wird weiter ansteigen», aber es gebe viele unbekannte Faktoren. Der Virus sei nicht wie der Grippe-Virus, auch wenn es Gemeinsamkeiten gebe. So sei der Krankheitsverlauf viel schwerer.
Oberste Priorität habe die Gesundheit der Bevölkerung, wiederholt der Gesundheitsminister einmal mehr. Deshalb habe man Massnahmen, Laborkapazitäten und Kampagne laufend angepasst. «Eine einschneidende Massnahme ist sicherlich das Verbot von Grossveranstatlungen». Dies sei aber eine wirksame Massnahme, verteidigt Berset die Strategie des Bundes.
Masken aus Bundesbeständen
«Gefährdet sind Personen ab 65 Jahren und Personen mit Grunderkrankungen», betont Berset – zum Beispiel solche mit Krebs. Deshalb seien auch die Empfehlungen an die Arbeitgeber entsprechend gestaltet. Für die Session bedeute dies das Gleiche wie für andere Arbeitsplätze, so Berset als Antwort auf eine entsprechende Teilfrage.
Das medizinische Personal werde laufend informiert und die Bestände an Schutzmaterial würden demnächst aufgestockt. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz sei im Kontakt mit entsprechenden Institutionen.
Weiter wiederholt Bundesrat Berset die bereits kommunizierten Entscheide bezüglich der Grenzgänger. Ein Grossteil seiner Antwort besteht aus der Wiederholung von Erläuterungen, wie sie bereits vergangene Woche gemacht wurden.
«Die Fälle sind nicht via Grenzgänger gekommen»
Nach dieser langen Antwort gibt es Nachfragen unter anderem zu den Masken und den Grenzgängern. Berset betont, dass die Masken für medizinisches Personal andere Qualitätsstandards erfüllen müssen und deshalb nicht mit denen für den Privatgebrauch verglichen werden können.
Auch die offene Grenze im Tessin verteidigt er erneut. Er betont, dass die in der Schweiz aufgetretenen Fälle von Coronavirus nicht mit Grenzgängern gekommen seien. Sondern es seien Einheimische, bei denen sich nach Rückkehr aus Risikogebieten das Coronavirus nachgewiesen werden konnte.
Bundesrat Parmelin ist besorgt
Wirtschaftsminister Guy Parmelin musste verschiedene Fragen insbesondere zur Kurzarbeit beantworten. Der Bundesrat sei sich der Folgen für die Wirtschaft durch das Coronavirus bewusst. Die Konjunkturprognosen seien eingetrübt und man befinde sich in einem ökonomisch beunruhigenden Umfeld.
Gerade deshalb sei es wichtig, die Widerstandskraft der Schweizer Wirtschaft zu erhalten. Die Kurzarbeit sei dazu das zentrale Instrument.
Das Parlament habe in den letzten Jahren bereits Vereinfachungen vorgenommen. Der Bundesrat sei bereit, weitere Vereinfachungen ins Auge zu fassen, so die Reduktion der Meldefrist von zehn auf drei Tage. Andere Massnahmen seien denkbar, so zum Beispiel die maximale Dauer der Kurzarbeit von 12 auf 18 Monate zu erhöhen.
Session kann weiterhin stattfinden
Es sei im Nationalratssaal kaum möglich, die Empfehlungen des Bundes zum Coronavirus einzuhalten, reklamiert SVP-Nationalrat und Fraktionspräsident Thomas Aeschi. Er beantragte deshalb, die Session mindestens eine Woche lang zu unterbrechen. Dieser Ordnungsantrag wurde nun gleich zwei Mal abgelehnt und die zweite Sessionswoche deshalb plangemäss um halb drei Uhr eingeläutet.
Wenig Verständnis für Thomas Aeschi
Bereits letzte Woche hatte SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher kritisiert, dass die Session überhaupt stattfinde. Sie wollte nur mit einer Atemschutzmaske daran teilnehmen, was zu einer Kontroverse führte. Aeschis konkreter Antrag stiess nun parteiübergreifend auf wenig Verständnis. Es gälten für das Parlament keine Sonderrechte, sondern die gleichen wie bei anderen Arbeitsplätzen.
Den Antrag zu entscheiden hatte das Büro des Nationalrats. Dieses ist zusammengesetzt aus Ratspräsidentin Isabelle Moret und den beiden Vizepräsidenten, den vier als Stimmenzähler amtenden Nationalräten sowie allen Fraktionspräsidenten. Zuvor hatte bereits die Verwaltungsdelegation entschieden, die Session fortzusetzen.
Auch innerhalb der SVP dürften nicht alle mit Aeschi einverstanden sein. Nationalrat Andreas Glarner ist nicht der einzige, der Kollegen auch dann noch umarmte, als bereits von Händeschütteln abgeraten wurde.
Coronavirus als Hauptthema in Fragestunde
Thomas Aeschi hat indes bereits angekündigt, im Falle eines Neins eine Eskalationsstufe weiter zu gehen. Er stellte den Ordnungsantrag auch im Nationalrats selbst, scheiterte aber mit 155 Nein zu 13 Ja, bei 8 Enthaltungen.. Lies: Die SVP-Fraktion liess ihren Präsidenten ziemlich im Stich.
Auch auf anderer Ebene war Aeschi in Sachen Coronavirus bereits aktiv. In der heutigen Fragestunde will er wissen, ob es im Bundeshaus Zutrittsberechtigte habe, die vor Kurzem in Risikoländern waren.
Ähnliche Sorgen beschäftigen auch SVP-Nationalrat Erich Hess, der eine absichtliche Verletzung von Vorgaben vermutet. Insgesamt 24 Fragen aus allen politischen Lagern soll der Bundesrat zum Thema Coronavirus beantworten. Diese drehen sich unter anderem um Gesundheitskosten und vor allem um die wirtschaftlichen Folgen und deren Abfederung.