Coronavirus: Was taugen die Selbsttests wirklich?
Keine Woche im Einsatz, schon sorgen die Selbsttests auf das Coronavirus für grosse Fragezeichen. Gesundheitspolitikerinnen fordern eine Präzisierung.
Das Wichtigste in Kürze
- Seit dem 7. April sind in Schweizer Apotheken Gratis-Selbsttests erhältlich.
- Die Tests weisen bei asymptomatischen Personen jedoch eine hohe Fehlerquote auf.
- Gesundheitspolitikerinnen fordern klare Deklaration.
Halskratzen, Kopfweh und Fieber – oder einfach das schlechte Gewissen vor dem Familien-Znacht? Spielt keine Rolle: Lassen Sie sich auf das Coronavirus testen, so die Devise des Bundes. Die Frage ist nur: Mit welchem Test?
Seit letzter Woche können sich Schweizerinnen und Schweizer erstmals gratis Selbsttests in der Apotheke holen. Mit diesen können sich Einzelpersonen präventiv, etwa vor dem Familien-Znacht, auf das Coronavirus testen. Doch eben jener Test wirft wichtige Fragen auf: So schreibt Hersteller Roche auf dem Beipackzettel, der Test diene zum Nachweis von Personen mit Covid-Verdacht, also Symptomen.
Bei asymptomatischen Personen weist der Test lediglich eine Sensitivität von 49 bis 70 Prozent auf, hält Roche gegenüber Nau.ch fest. Das BAG schreibt auf der Webseite, die Zuverlässigkeit der Selbsttests bei Symptomlosen sei «noch unklar». Bei Symptomen solle man den Selbsttest nicht verwenden.
Das Chaos ruft die Politik auf den Plan.
Verena Herzog (SVP): «Fehlerrate viel zu hoch!»
Die oberste Schweizer Gesundheitspolitikerin Ruth Humbel (Mitte) betont, das BAG müsse dieselben Aussagen wie auf der Packungsbeilage machen. Trotzdem sollen die Selbsttests auf das Coronavirus weitergeführt und evaluiert werden.
«Beispielsweise müssen positive Selbsttests erfasst und durch einen PCR-Test validiert werden. Dann sieht man ein gewisses Nutzenverhältnis.» So schreibt es auch das BAG vor: Bei positivem Schnelltest soll ein PCR-Test das Resultat überprüfen.
Humbel ist trotzdem skeptisch. Erst bei besseren Erkenntnissen soll entschieden werden, «ob die Schnelltests weitergeführt werden oder nicht».
Wenig begeistert zeigt sich Verena Herzog (SVP), ebenfalls Mitglied der Gesundheitskommission des Nationalrats. Sie beurteilt den Einsatz der Selbsttests als «fraglich». Die Fehlerrate bei Selbsttests für symptomlose Personen sei gemäss «neusten Studien viel zu hoch!».
Damit spricht Herzog externe Studien an, in welchen eine Testsensitivität von maximal 70 Prozent bei symptomatischen Personen aufgewiesen wurde.
BAG rechtfertigt Einsatz der Selbsttests auf das Coronavirus
Den Vorwurf der widersprüchlichen Anwendungs-Information lässt das BAG nicht auf sich sitzen. «Alle Schnelltests und Selbsttests werden an symptomatischen Personen validiert», führt ein Sprecher aus. Weil sich einerseits nur in dieser Gruppe genügend Studienteilnehmer finden lassen würden. Andererseits «das Spektrum/Breite der erwarteten Viruslast unter StudienteilnehmerInnen am besten kontrolliert ist».
Dem BAG sei bewusst, dass die Sensitivität der nasalen Selbsttests bei asymptomatischen Personen tiefer sei. «Trotzdem ist die Anwendung von validierten Selbsttests als ergänzendes Element der Teststrategie zielführend». Und ersetze keine Hygiene- und Verhaltensregeln.
«Selbsttests können dazu dienen, einen Teil der Begegnungen von Personen, die mutmasslich hochansteckend sind, zu verhindern.» Ist die Viruslast einer Person hoch – das ist auch bei asymptomatischen Personen möglich – ist der Test deutlich sensibler.
Weiter rechtfertigt das BAG, dass die Schweiz – im Vergleich zu anderen Ländern – unabhängige klinische Studien verlangt. Diese Validierungsstudien müssen mindestens 80 Prozent Sensitivität aufweisen – bei symptomatischen Personen.
Dass das BAG indes die Packungsbeilage nun anders beschriftet, scheint unwahrscheinlich. Die Angaben seien Sache des Herstellers, insofern sie keine Fehler beinhalten.