Daniel Jositsch ist der Mann mit der unerwünschten Kandidatur
Heute präsnetiert die SP ihr Bundesratsticket. Auch Daniel Jositsch will dort drauf. Im Volk ist er beliebt, in der eigenen Partei weniger.
Das Wichtigste in Kürze
- Daniel Jositsch will in den Bundesrat.
- Bei einer Volkswahl würde der beliebte Zürcher den Sitz wohl gewinnen.
- In der SP eckt er mit sozialliberalen Positionen und einer früheren Kandidatur an.
Schon im letzten Jahr wollte Daniel Jositsch Bundesrat werden. Damit zog er den Ärger seiner Fraktion auf sich, die eine Frau als Nachfolgerin von Simonetta Sommaruga vorzog. Sein Interesse an dem Amt hat der Zürcher aber nicht verloren, die erneute Kandidatur gab er als Erster bekannt.
Der 58-jährige Strafrechtsprofessor ist beim Wahlvolk äusserst beliebt – seit 2015 wurde Jositsch dreimal im ersten Wahlgang als Zürcher Ständerat gewählt. In diesem Jahr konnte er gar noch mehr Stimmen holen als 2019. Seit acht Jahren vertritt er den grössten Kanton in der kleinen Kammer.
Bei einer Volkswahl für den Bundesrat würde der Zürcher wohl gewählt, wie Umfragen zeigen. Auch auf der bürgerlichen Seite des Parlaments kann Jositsch punkten. Mit seinem früheren Zürcher Ständeratskollegen Ruedi Noser (FDP) verstand er sich bestens.
Bei der eigenen Partei eckt er hingegen nicht nur mit seinen sozialliberalen Positionen öfter an. Mit der unerwünschten Bundesratskandidatur 2022 verspielte er Sympathien bei der SP-Bundeshausfraktion. Inzwischen bereut Jositsch gewisse Aussagen, etwa dass ein reines Frauen-Ticket «diskriminierend» gewesen sei.
Jositsch bereits 2007 stark von der SP kritisiert
Auch, dass er, nachdem er bei der Bundesratswahl 58 Stimmen erhalten hatte, nicht ans Rednerpult trat und erklärte, die Wahl nicht anzunehmen, wird ihm vorgehalten. Es ist klar, dass er in erster Linie seine Genossinnen und Genossen überzeugen muss, um eine Chance zu haben.
Viel Aufmerksamkeit erhielt Jositsch zu Beginn seiner Karriere im Bundeshaus, als er 2007 zusammen mit seiner damaligen Parteikollegin Chantal Galladé einen 12-Punkte-Plan zur Bekämpfung der Jugendgewalt präsentierte. Dies brachte ihm jedoch viel Kritik von links ein.
In den letzten Jahren engagierte sich Jositsch allerdings auch für klar linke Anliegen, etwa die Konzernverantwortungs-Initiative oder das Frontex-Referendum.
Jositsch ist Schweiz-kolumbianischer Doppelbürger
Sein erstes politisches Amt trat Jositsch im Jahr 2000 als Mitglied der Schulpflege Stäfa ZH an. 2007 wurde er in den Kantonsrat und bereits im Herbst desselben Jahres in den Nationalrat gewählt.
Von 1991 bis 1995 war Jositsch Geschäftsführer der Schweizerisch-Kolumbianischen Handelskammer in Bogotá. Er verfügt auch über die kolumbianische Staatsbürgerschaft und das kolumbianische Anwaltspatent.
Der Zürcher präsidiert seit 2011 den Kaufmännischen Verband der Schweiz. In der Armee ist er, eher ungewöhnlich für einen Sozialdemokraten, im Rang eines Oberstleutnants.
Jositsch wuchs in Zürich und im Limmattal auf. Nach der Matura studierte er an der Universität St. Gallen (HSG) Rechtswissenschaft. Seit 2004 ist er Professor für Straf- und Strafprozessrecht an der Universität Zürich. Zuerst als ausserordentlicher Professor, seit 2012 ist er ordentlicher Professor. Er ist geschieden und hat einen Sohn.