Darum geht es bei der Kriegsgeschäfte-Initiative
«Kein Schweizer Geld für die Kriege dieser Welt!» Mit diesem Slogan wollen Friedensaktivisten an der Urne gewinnen. Die Bürgerlichen befürchten Schlimmstes.
Das Wichtigste in Kürze
- Am 29. November stimmt die Schweiz über zwei Vorlagen ab.
- Eine davon ist die Kriegsgeschäfte-Initiative der GSoA und der Jungen Grünen.
- Banken und Pensionskassen sollen nicht mehr mit Kriegsmaterial Geld verdienen.
Im Abstimmungskampf dominiert bisher die Konzern-Initiative. Wenig überraschend: Zahlreiche NGOs, Kirchen, Verbände und Parteien stecken viel Geld in ihre Kampagnen. Dabei geht vergessen, dass am 29. November die Kriegsgeschäfte-Initiative ebenfalls zur Abstimmung kommt.
Sie bekommt zwar weniger Aufmerksamkeit, behandelt aber ein seit Jahren kontroverses Thema in der Schweiz: die Rüstungsindustrie. Es geht dabei jedoch nicht um den Export von Schweizer Waffen. Die Initiative fokussiert auf schweizerische Finanzinstitute, die in Rüstungsunternehmen investieren.
Darum geht es
Finanzinstitute, also unter anderem Banken und Pensionskassen, investieren direkt oder indirekt in Unternehmen, die mit Kriegsmaterial Geld verdienen. Zum Beispiel in Boeing: Der Mischkonzern hat einen Rüstungszweig, welcher 29 Prozent des gesamten Umsatzes ausmacht.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hatte Ende 2019 fast 550 Millionen US-Dollar direkt in Boeing angelegt. Zudem ist Boeing mit einem Anteil von 0,48 Prozent im MSCI World Index abgebildet. Wenn Pensionskassen oder andere Finanzinstitute in diesem Index Geld anlegen, investieren sie indirekt auch in Boeing.
Nicht nur Boeing profitiert von Schweizer Geld: Auch Lockheed Martin, der weltweit grösste Kriegsmaterialproduzent, bekommt Anlagen von der SNB und Pensionskassen. Oder Raytheon, ein weiteres US-amerikanisches Unternehmen.
Besonders heikel: Boeing und Lockheed Martin sind auch im Atomwaffensektor tätig. Es ist für Finanzinstitute nach schweizerischem Gesetz eigentlich illegal, in Atomwaffen zu investieren. Doch das Gesetz kann leicht umgangen werden.
Für eine «friedlichere Welt»
Deswegen starteten die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) und die Jungen Grünen die Kriegsgeschäfte-Initiative. Diese soll verhindern, dass mit Schweizer Geld Kriegsmaterial finanziert wird.
Damit soll laut dem Initiativkomitee ein Beitrag zu einer friedlicheren Welt geleistet werden: «Die Schweiz setzt sich als neutrales Land mit humanitärer Tradition für Menschenrechte, Frieden und diplomatische Lösungen ein.» Mit einem Ja wären diese Werte mit den Investitionen des Schweizer Finanzplatzes vereinbar, finden die Befürworter.
Die Initiative will konkret verhindern, dass die SNB und staatliche sowie berufliche Vorsorgeeinrichtungen und Stiftungen Geld in Kriegsmaterialproduzenten investieren. Zu den Vorsorgeeinrichtungen zählen Pensionskassen und die AHV. Als Kriegsmaterialproduzenten definieren die Initiantinnen und Initianten Unternehmen, welche mindestens fünf Prozent ihres Umsatzes mit Kriegsmaterial gewinnen.
Die Kritik des Gegenlagers
Die Gegner kontern mit dem Argument, dass die Initiative dem Wirtschaftsstandort Schweiz schade. Vor allem würde der Verwaltungsaufwand für Finanzinstitute «immens», daraus würden sich zusätzliche Mehrkosten ableiten. AHV und Pensionskassen würden zusätzlich belastet werden.
Auch sei die Rüstungsindustrie ein wichtiger Teil des schweizerischen Arbeitsmarkts. Durch das Finanzierungsverbot würden KMU, die Arbeitsplätze schaffen, geschwächt. Auch wird der Eingriff in die Aktivitäten der SNB scharf kritisiert.
«Die Initiative führt politische Kriterien für die Anlage der Gelder der Nationalbank ein und gefährdet so ihre verfassungsmässige Unabhängigkeit», so das Nein-Komitee um Co-Präsidentin Maja Riniker (FDP/AG).
Der Bundesrat und das Parlament empfehlen ohne Gegenvorschlag die Ablehnung der Kriegsgeschäfte-Initiative. Bisher haben alle grossen Parteien ausser SP, Grüne und EVP die Nein-Parole gefasst.